OGH 1Ob38/21a

OGH1Ob38/21a23.3.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** W*****, vertreten durch die Greiml & Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft, Graz, gegen die beklagte Partei M***** E*****, vertreten durch die Neger/Ulm Rechtsanwälte GmbH, Graz, wegen 6.720 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 3. Juni 2020, GZ 6 R 115/20f‑20, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 20. März 2020, GZ 11 C 55/19t‑16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00038.21A.0323.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Erstgerichts, mit dem das Zahlungsbegehren von 6.720 EUR sA abgewiesen worden war, nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Urteil wurde der Rechtsvertreterin des Klägers am 23. 6. 2020 zugestellt.

[2] Der Kläger brachte am 20. 7. 2020 einen Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO verbunden mit der ordentlichen Revision beim Berufungsgericht ein. Mit Beschluss vom 11. 8. 2020 änderte das Berufungsgericht den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahin ab, dass diese nun doch zulässig sei, und verfügte anschließend die Beischaffung des erstinstanzlichen Akts, der am 1. 9. 2020 beim Berufungsgericht einlangte. Der Antrag des Klägers nach § 508 Abs 1 ZPO (verbunden mit der ordentlichen Revision) langte erst im Dezember 2020, im Zuge der Rückmittlung des Akts zur Erstellung des Vorlageberichts beim Erstgericht ein.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Revision ist verspätet.

[4] Der Antrag an das Berufungsgericht, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde, (§ 508 Abs 1 ZPO) ist verbunden mit der ordentlichen Revision nach § 508 Abs 2 ZPO binnen vier Wochen beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen. Die Tage des Postlaufs werden zwar nach § 89 Abs 1 GOG in prozessuale Fristen nicht eingerechnet; dies gilt jedoch nur dann, wenn der Schriftsatz an das richtige Gericht adressiert ist. Die unrichtige Adressierung einer fristgebundenen Eingabe schließt die Anwendung des § 89 GOG aus (RIS‑Justiz RS0041753 [T1, T2]). Wurde das Rechtsmittel beim unzuständigen Gericht eingebracht und erst von diesem dem zuständigen Gericht übersendet, ist die Zeit dieser Übersendung „in die Rechtsmittelfrist einzurechnen“ (RS0041584). Das Rechtsmittel ist also nur dann rechtzeitig, wenn es spätestens am letzten Tag der Frist beim zuständigen Gericht (hier also beim Erstgericht) einlangt (RS0041584 [T13]; RS0041608).

[5] Letzter Tag der Frist des § 508 Abs 2 ZPO war unter Berücksichtigung der Fristenhemmung nach § 222 Abs 1 ZPO der 24. 8. 2020. Da der Schriftsatz des Klägers beim unzuständigen Berufungsgericht eingebracht wurde und erst im Dezember 2020 beim Erstgericht einlangte, erweist sich die Revision als verspätet. Sie ist daher zurückzuweisen.

[6] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung nicht auf die Verspätung der Revision hingewiesen (vgl 2 Ob 291/04i; 10 Ob 56/18k).

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