OGH 2Nc11/21x

OGH2Nc11/21x17.3.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger und die Hofrätin Dr. Solé, als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen A***** K*****, geboren am *****, aufgrund der vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien verfügten Vorlage des Aktes AZ 5 P 8/13t zur Entscheidung gemäß § 111 JN den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020NC00011.21X.0317.000

 

Spruch:

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 26. Jänner 2021, GZ 5 P 8/13t ‑ 37, verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Bad Ischl wird nicht genehmigt.

 

Begründung:

[1] Die Eltern üben nach der Scheidung ihrer Ehe die Obsorge über den Minderjährigen gemeinsam aus. Der überwiegende Aufenthalt wurde bei der Mutter festgelegt, die in Wien wohnt. Am 22. 12. 2020 beantragte sie ua die „Herausgabe“ des Sohnes mit der Begründung, der Vater habe ihn ohne sie zu informieren mit zu sich nach Bad Ischl genommen und verweigere ihr seither den persönlichen Kontakt zum Kind.

[2] Daraufhin übertrug das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Sache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Bad Ischl, das die Übernahme verweigerte.

[3] Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien legte den Akt nach Zustellung seines – unbekämpft gebliebenen –Beschlusses an die Parteien, dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird.

[5] 2. Lehnt dieses Gericht die Übernahme ab, was auch ohne formellen Beschluss geschehen kann und wozu es genügt, dass es seine Weigerung dem übertragenden Gericht kundtut, so ist der Übertragungsbeschluss den Parteien zuzustellen und seine Rechtskraft abzuwarten. Danach ist der Akt dem gemeinsam übergeordneten Gericht zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vorzulegen (RS0128772).

[6] 3. Ausschlaggebendes Kriterium einer Zuständigkeitsübertragung nach § 111 JN ist stets das Kindeswohl (RS0047074). Dabei ist in der Regel das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenen und Gericht von wesentlicher Bedeutung, sodass im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder (gewöhnlichen) Aufenthalt hat (8 Nc 2/08y mwN; 10 Nc 18/13y; 9 Nc 10/14s ua).

[7] 4. Im vorliegenden Fall steht aufgrund des offenen Antrags der Mutter noch keineswegs fest, dass sich der Lebensmittelpunkt des Sohnes in Zukunft im Sprengel des Gerichts, an das die Zuständigkeit übertragen wurde, befinden wird. Da somit die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsübertragung nach § 111 JN nicht vorliegen, ist sie nicht zu genehmigen.

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