European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E131367
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.961,82 EUR (darin enthalten 326,97 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Beklagte ist Inhaberin der Unionsmarke Nr 012315719 (Wort‑Bild‑Marke) „Pauscha Austria – since 1875“:
[2] Die Anmeldung erfolgte am 15. 11. 2013, die Registrierung am 19. 3. 2014. Die Unionsmarke ist für die Waren‑/Dienstleistungsklassen 20 (Waren aus Holz, Fässer, Tonnen nicht aus Metall, Fässer [kleine] nicht aus Metall, insbesondere Kleinfässer, Lagerfässer und Garstände in runder und ovaler Form), 37 (Bauwesen, Reparaturwesen, Instandhaltung, Reparaturen und Restaurierung, insbesondere von Holzfässern und Weinfässern) und 40 (Materialbearbeitung, insbesondere Holzbearbeitung zur Herstellung von Holzfässern) registriert. Die Beklagte verwendet die Unionsmarke zur Kennzeichnung ihres Unternehmens sowie ihrer Holzfässer.
[3] Im Jahr 1875 gründete J* Pauscha die Fassbinderei Pauscha im Gebiet des heutigen Slowenien. Ab 1929 leitete J* Pauscha junior den Betrieb, musste 1945 aber flüchten. Er und sein Sohn B* Pauscha führten ihr Handwerk in Weitensfeld fort, bis die Familie 1951 nach Wolfsberg im Lavanttal übersiedelte. 1959 übernahm B* Pauscha das Unternehmen, 1990 dessen Sohn K* Pauscha. Im Jahr 1998 brachte K* Pauscha das Unternehmen in die neu gegründete Fassbinderei K* Pauscha GmbH (später FKP Holzverarbeitungs GmbH) ein. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 1. 4. 2010 der Konkurs eröffnet. Aus diesem Anlass wurde das Unternehmen von der Familie Pauscha gemeinsam mit der S* AG erworben und in der Folge die Pauscha Fassbinderei GmbH gegründet.
[4] Im Mai 2011 schied K* Pauscha aus dieser GmbH aus und gründete die Klägerin; K* Pauscha ist nach wie vor ihr Gesellschafter und Geschäftsführer.
[5] Ab diesem Zeitpunkt wurde die Pauscha Fassbinderei GmbH (zunächst von der S*) ohne operative Beteiligung der Familie Pauscha weitergeführt. Am 13. 1. 2014 wurde über das Vermögen dieser GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; das Unternehmen wurde geschlossen und die Gesellschaft aufgelöst. Die Unionsmarke und die Domain „www.pauscha.at “ sowie die Maschinen wurden zunächst von der M* GmbH erworben. Im April 2014 veräußerte die M* GmbH diese Vermögenswerte an die G* SpA. Im April 2014 gründete die genannte italienische Gesellschaft die Beklagte, die in Wolfsberg einen neuen Produktionsstandort aufbaute. Außer der Unionsmarke, der Domain und den Maschinen wurden drei Mitarbeiter der früheren Pauscha Fassbinderei GmbH übernommen.
[6] Die Beklagte stellt ihre Holzfässer nach der Tradition der italienischen Familie G* her. Ihre Holzfässer unterscheiden sich in der Herstellungsart, in ihrem Aussehen sowie in der Daubenstärke von den Pauscha‑Holzfässern; die Fässer der Beklagten sind dicker. Die Art und Tradition der Produktion von Weinfässern ist für die Käufer der Fässer, insbesondere auch für Winzer, von großer Relevanz, weil sich die Bauweise auf den Geschmack des darin eingelagerten Weins auswirkt.
[7] Auf ihrer Website führt die Beklagte unter anderem aus: „Unser traditioneller Handwerksbetrieb, Pauscha Austria, stellt seit 1875 Barriques und Fässer für die Verfeinerung von Weinen und Destillaten her. Das Unternehmen Pauscha Austria - since 1875 führt die langjährige Tradition der Fassbinderei fort.“
[8] Die Klägerin begehrte, die in Rede stehende Unionsmarke der Beklagten für nichtig, in eventu mit Wirkung ab 7. 4. 2014 für verfallen zu erklären. Die Beklagte nehme durch die Verwendung der Unionsmarke auf die Unternehmenstradition der Familie Pauscha seit 1875 Bezug. Mit K* Pauscha sei die Familientradition Pauscha im Jahr 2011 aus dem Unternehmen der Beklagten ausgeschieden, weshalb die Verwendung der Unionsmarke durch die Beklagte irreführend sei. Zudem erhob die Klägerin ein – im Revisionsverfahren nicht mehr gegenständliches, auf § 2 UWG gestütztes – Unterlassungs-, Beseitigungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehren und beantragte dazu auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die vom Erstgericht, bestätigt durch das Rekursgericht, erlassen wurde.
[9] Die Beklagte entgegnete, Rechtsnachfolgerin der Pauscha Fassbinderei GmbH zu sein, in die der ursprüngliche Familienbetrieb Pauscha eingebracht worden sei. Die Unionsmarke sei daher zu Recht angemeldet und eingetragen worden. Davon abgesehen sei eine Verwendung der Unionsmarke auch in einer nicht irreführenden Weise möglich, etwa durch einen Verweis auf die Fassbinderfamilie G* oder durch Weglassen des Zusatzes „since 1875“.
[10] Das Erstgericht wies das Hauptbegehren auf Nichtigerklärung der Unionsmarke ab und gab dem Eventualbegehren, die Marke mit Wirkung ab 7. 4. 2014 für verfallen zu erklären, statt. Zudem gab es auch dem UWG‑Begehren auf Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung statt. Durch die Kennzeichnung der Holzfässer der Beklagten werde auch bei Winzern der Eindruck einer ununterbrochenen Unternehmensfortführung und Handwerkstradition der Familie Pauscha erweckt. Eine Irreführungseignung iSd Art 58 Abs 1 lit c UMV sei daher gegeben. Tatsächlich stelle die Beklagte an einem neuen Produktionsstandort Fässer nach eigener Machart her, ohne auf das Know‑How des Betriebs der Familie Pauscha zurückgreifen zu können.
[11] Das Berufungsgericht bestätigte – über Berufung der Beklagten, die sich ausschließlich gegen die stattgebende markenrechtliche Entscheidung über den Verfall der Unionsmarke richtete – diese Entscheidung. Das Erstgericht habe den Verfallsgrund des Art 58 Abs 1 lit c UMV zu Recht bejaht, weil die Beklagte weder Gesamtrechtsnachfolgerin des Betriebs der Familie Pauscha sei noch die Herstellungsart und die Be- und Verarbeitung der Holzfässer von diesem Familienbetrieb übernommen habe. Aufgrund des Hinweises in der Unionsmarke auf die 145 Jahre währende Erfahrung der Familie Pauscha verbinde das Publikum damit die besondere Qualität eines nach traditioneller österreichischer Machart gefertigten Produkts. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage nach dem Bestehen einer Irreführungseignung den Einzelfall betreffe.
[12] Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die auf eine Abweisung auch des auf den Verfall der Unionsmarke gerichteten Klagebegehrens abzielt.
[13] Mit ihrer – vom Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu dieser den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
[14] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig, weil zum Verfall einer Unionsmarke nach Art 58 Abs 1 lit c UMV noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.
[15] 1. Vorweg ist festzuhalten, dass es sich beim vorliegenden Verfahren um das Widerklage‑Verfahren zu AZ 68 Cg 30/19x des Handelsgerichts Wien handelt. Mit der Klage zu AZ 68 Cg 30/19x will die hier Beklagte (Inhaberin der Unionsmarke) der Klägerin untersagen, es im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union zu unterlassen, die in Rede stehende Unionsmarke oder ein damit verwechselbar ähnliches Zeichen zu verwenden. Das Verfahren über die Klage zu AZ 68 Cg 30/19x ist unterbrochen.
[16] Gegenstand des hier vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung über den Verfall der Unionsmarke der Beklagten nach Art 58 Abs 1 lit c UMV.
[17] 2.1 Art 58 UMV lautet:
„Verfallsgründe
(1) Die Unionsmarke wird auf Antrag beim Amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt,
a) ...;
b) ...;
c) wenn die Marke in Folge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen irrezuführen.
(2) Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Unionsmarke eingetragen ist, so wird sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt.“
[18] Nach dieser Bestimmung muss sich die Irreführungseignung (insbesondere) auf die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen beziehen. Das weitere Tatbestandsmerkmal „infolge ihrer Benutzung“ stellt klar, dass die Irreführungseignung allein auf die Benutzung der Unionsmarke zurückzuführen sein darf. Für den Verfall kommt es somit darauf an, dass die Unionsmarke allein durch ihre Benutzung zu einer relevanten Irreführung des Publikums führen kann.
[19] 2.2 Der Europäische Gerichtshof hat sich mit der wortgleichen Bestimmung zum Verfall einer Marke (Art 12 Abs 2 lit b der Marken‑RL 89/104/EWG ) in der Entscheidung zu C‑259/04 , Elizabeth Emanuel, bereits befasst. Aus dieser Entscheidung, die eine Namens‑Marke (Name der Designerin) betraf, die gemeinsam mit dem Geschäftsbetrieb (zur Herstellung der gekennzeichneten Designer‑Waren) und dem Goodwill auf die beklagte Gesellschaft übertragen worden war, lassen sich im gegebenen Zusammenhang folgende Grundsätze ableiten:
[20] Der Verfall einer Marke setzt eine tatsächliche oder potentielle Irreführung des Publikums voraus, die sich auf die Merkmale und die Eigenschaften des gekennzeichneten Produkts beziehen müssen (Rn 47 und 48 iVm Rn 53). Bei der fraglichen Namens‑Marke genügt die unrichtige Vorstellung des Publikums allein darüber, die Designerin habe an der Kreation mitgewirkt, für eine Irreführungseignung betreffend die Produktkontinuität, insbesondere die erwartete Qualität der Designer‑Waren noch nicht, insbesondere dann, wenn mit der Marke der Geschäftsbetrieb und der Goodwill übertragen wurden (Rn 44, 48 und 51 iVm Rn 53). Die Marke muss schon als solche geeignet sein, das Publikum über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der gekennzeichneten Produkte zu täuschen (Rn 49).
[21] 3.1 Die Beklagte argumentiert zunächst, dass der angezogene Verfallsgrund schon dann nicht gegeben sei, wenn die Unionsmarke sowohl in einer irreführenden als auch in einer nicht‑irreführenden Weise für die gekennzeichneten Produkte benutzt werden könne. Dies sei hier der Fall, weil die Unionsmarke auch ohne den Zusatz „since 1875“ verwendet werden könne.
[22] 3.2 Diese Argumentation führt schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Beklagte die Unionsmarke als solche, also ohne Weglassungen oder aufklärende Zusätze, verwendet hat. Ihre Überlegungen sind daher nur theoretischer Natur.
[23] 3.3 Zudem ist die Ansicht der Beklagten auch inhaltlich unrichtig.
[24] Wie bereits ausgeführt, muss nach der Rechtsprechung des EuGH die Marke schon als solche geeignet sein, das Publikum über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der gekennzeichneten Waren in die Irre zu führen. Die Irreführungseignung muss sich somit allein durch die Benutzung der Marke und damit aus dem Zeichen selbst ergeben. Angaben außerhalb des Zeichens (etwa in der Werbung) oder konkrete Nutzungsarten (wie zB Weglassungen oder aufklärende Zusätze) haben daher unberücksichtigt zu bleiben (Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG12 § 49 Rz 49; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 49 Rz 41; vgl auch Schwarzenbacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 33c Rz 1; Fezer, Markenrecht4 § 49 Rz 35). Den gegenteiligen Literaturmeinungen (Hanne in Kur/Bomhard/Albrecht, UMV3 Art 58 Rz 33; Holderied in Eisenführ/Schennen, UMV6 Art 58 Rz 33) kann nicht gefolgt werden.
[25] 4.1 Die Beklagte führt weiters aus, dass die Vorstellungen, die das Publikum aus der Verwendung der Unionsmarke gewinne, nur das Unternehmen der Familie Pauscha betreffe. Da Marken frei übertragbar seien, setze Markenkontinuität nicht auch Unternehmenskontinuität voraus. Der Verfallsgrund des Art 58 Abs 1 lit c UMV sei daher nicht verwirklicht, wenn sich die Irreführungseignung nur auf das Unternehmen des Markeninhabers beziehe.
[26] 4.2 Wie ebenfalls schon ausgeführt, muss sich die Irreführungseignung nach der Rechtsprechung des EuGH auf die Merkmale und die Eigenschaften des gekennzeichneten Produkts im Hinblick auf Art, Beschaffenheit, Qualität oder geografische Herkunft beziehen. Es ist demnach richtig, dass Fehlvorstellungen des Publikums über die Unternehmenskontinuität oder – allgemein ausgedrückt – unternehmensbezogene Täuschungen für sich allein grundsätzlich (außer bei Arglist: vgl EuGH C‑259/04 , Elizabeth Emanuel, Rn 50) nicht zum Verfall einer Marke führen können (vgl auch BGH I ZB 43/15, Rn 22). Anderes gilt aber dann, wenn das Publikum mit dem hinter der Marke vermuteten Unternehmen (bzw vor allem bei einer Namens‑Marke mit dieser Person) eine besondere Qualität und Güte verbindet, die die Ware oder Dienstleistung tatsächlich nicht mehr aufweist (vgl Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG12 § 49 Rz 51).
[27] Auch die in dieser Hinsicht geäußerten gegenteiligen Literaturmeinungen (Schanda, Markenlizenz und Irreführung, ecolex 1995, 904; Fezer, Markenrecht4 § 49 Rz 36) sind abzulehnen.
[28] 4.3 Im Anlassfall ist eine Unionsmarke mit einer Traditionsangabe („since 1875“) zu beurteilen. Führt eine Traditionsangabe nachträglich zu Fehlvorstellungen des Publikums über Qualitätsmerkmale des gekennzeichneten Produkts, so wird nach den dargelegten Grundsätzen auch diese Irreführungseignung allein durch die Benutzung der Marke als solche herbeigeführt (vgl zum ähnlichen Fall einer nachträglichen Sitzverlegung BGH I ZR 19/78; EUIPO R0697/2008‑1; vgl auch Salomonowitz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 11 Rz 32). Die dazu von Thiering (in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG12 § 49 Rz 56) geäußerte Ansicht, wonach es bei Art 58 Abs 1 lit c UMV nur auf einen eingetretenen Bedeutungswandel der Marke selbst ankomme und eine Irreführungseignung aufgrund anderer Umstände (wie zum Beispiel eine Sitzverlegung oder eine Markenübertragung) nicht darunter zu subsumieren sei, erweist sich damit als zu eng.
[29] 5.1 Bei der Beurteilung der Irreführungseignung im konkreten Einzelfall kommt es auf die Vorstellung des Publikums über den Aussagegehalt der Unionsmarke (als solche) an. Publikum sind die angesprochenen Verkehrskreise, an die sich die mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen richten (Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 49 Rz 41; vgl auch RIS‑Justiz RS0117324; 4 Ob 7/12a).
[30] Die hier zu beurteilende Unionsmarke verbindet den Familiennamen „Pauscha“ mit der Traditionsangabe „since 1875“ und nimmt damit auf die rund 150‑jährige Familientradition der Familie Pauscha bei der Herstellung der bezeichneten Holzfässer Bezug. Eine derart lange Tradition im Fassbau verbindet das Publikum, auch wenn es sich dabei um Winzer handelt, mit besonderen Vorstellungen zur Qualität und Güte der bezeichneten Produkte, die sich darauf gründen, dass bei der Produktion auf eine besonders große Erfahrung zurückgegriffen werden kann und sich der Produktionsprozess bzw die dafür maßgebenden Qualitätsmerkmale über viele Jahrzehnte bewährt haben. In diesem Sinn ist in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass das Publikum mit dem Hinweis auf eine langjährige Tradition auch besondere Erfahrungen und Qualitätsvorstellungen verbindet (vgl RS0078638).
[31] Die Traditionsangabe „since 1875“ in der zu beurteilenden Unionsmarke betrifft damit nicht nur die Unternehmenskontinuität, sondern vor allem die Herstellungs-bzw Handwerkstradition der Familie Pauscha bei der Herstellung der „Pauscha‑Fässer“ und damit spezielle Qualitätsmerkmale dieses Produkts. Für die Einhaltung dieser Qualitätsmerkmale ist nach den Vorstellungen des Publikums (insbesondere auch der Winzer) vor allem die Herstellungsart bzw Herstellungsmethode und die Daubenstärke der Pauscha‑Fässer maßgebend, zumal die Bauweise für den Geschmack des Weines entscheidend ist. Tatsächlich stellt die Beklagte aber keine Pauscha‑Holzfässer her, sondern Fässer nach der Tradition der italienischen Familie G*. Dafür verwendet die Beklagte eine andere Herstellungsart und dickere Hölzer. Diese Unterschiede wirken sich auf den Geschmack des Weines aus und geben diesem eine Geschmacksnote, die das Publikum gerade nicht mit der Verwendung von Pauscha‑Holzfässern verbindet.
[32] Die Irreführungseignung durch die Benutzung der in Rede stehenden Unionsmarke betrifft somit die Art und Beschaffenheit der gekennzeichneten Produkte iSd Art 58 Abs 1 lit c UMV, weshalb dieser Verfallsgrund gegeben ist.
[33] 5.2 Das Argument der Beklagten, dass die Unternehmerfamilie G* selbst über ein umfassendes Fachwissen und eine lange Tradition bei der Herstellung von Holzfässern verfüge, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil die fragliche Unionsmarke auf die Handwerkstradition der Familie Pauscha und nicht auf jene der nunmehrigen Eigentümerfamilie der Beklagten Bezug nimmt.
[34] 5.3 Soweit die Beklagte eine Teillöschung nur für Holzfässer anstrebt, weil die Beklagte mit der Unionsmarke nur Holzfässer gekennzeichnet habe, zur Verwendung der Marke für die übrigen Waren und Dienstleistungen aber nichts festgestellt sei, ist zu entgegnen, dass die nach Art 58 Abs 2 UMV maßgebende Irreführungseignung auch für alle anderen Produktgattungen gelten würde. Hinzu kommt, dass sich die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 auf Holzfässer bezieht und auch Tonnen und Garstände dieser Warengattung zugeordnet werden können; die Klassen 37 und 40 sind Leistungen in Bezug auf die Herstellung oder Reparatur von Holzfässern, weshalb die Verwendung der Unionsmarke für Holzfässer auch diese Dienstleistungen erfasst.
[35] 6.1 Die für diese Entscheidung maßgebenden Grundsätze sind wie folgt zusammenzufassen:
[36] Für den Verfall einer Unionsmarke nach Art 58 Abs 1 lit c UMV ist entscheidend, ob eine Unionsmarke allein durch ihre Benutzung als solche zu einer Irreführung des Publikums insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen führen kann. Die Irreführungseignung muss sich auf die Merkmale und die Eigenschaften des gekennzeichneten Produkts beziehen. Dies gilt etwa auch für eine Traditionsangabe in der Unionsmarke, die nachträglich zu Fehlvorstellungen über Qualitätsmerkmale des gekennzeichneten Produkts führt. Auch in einem solchen Fall wird die Irreführungseignung allein durch die Benutzung der Marke als solche herbeigeführt.
[37] 6.2 Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Vorinstanzen die in Rede stehende Unionsmarke der Beklagten für die registrierten Klassen zu Recht für verfallen erklärt. Der Revision der Beklagten war daher der Erfolg zu versagen.
[38] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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