OGH 24Ds5/20z

OGH24Ds5/20z9.3.2021

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 9. März 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Bartl und Dr. Kreissl als Anwaltsrichter in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Strobl in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 12. Februar 2020, AZ D 30/19‑13, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, des Kammeranwalts Dr. Lindner und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0240DS00005.20Z.0309.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld wird nicht, jener wegen des Ausspruchs über die Strafe dagegen Folge gegeben und über den Beschuldigten eine Geldbuße von 700 Euro verhängt.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in Vertretung seiner Mandantin ***** H***** in einem an ***** K***** gerichteten Mahnschreiben vom 18. Oktober 2018 ein zumindest um das Dreifache erhöhtes Honorar begehrt und damit gegen § 1 RL‑BA 2015 verstoßen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen der Aussprüche über die Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen s RIS‑Justiz RS0128656 [T1]) und die Strafe.

[4] Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld schlägt fehl.

[5] Der pauschal auf Z 5 und 5a gestützte (vgl aber RIS-Justiz RS0115902) Einwand, wonach auf Basis der Feststellungen zu den Kosten für die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Leistungen (ES 7) bloß eine Honorarüberschreitung um das 2,87‑fache (statt der vom Disziplinarrat – zufolge eines zu Ungunsten des Berufungswerbers unterlaufenen Rechenfehlers im Ausmaß von 0,80 Euro – angenommenen rund 3‑fachen Überschreitung; der Sache nach Z 5 dritter Fall) vorliege, bezieht sich nicht auf eine entscheidende Tatsache, weil das Begehren beträchtlich überhöhter Kosten bereits bei einer Überhöhung von etwa 33 bis 50 % disziplinär ist, ohne dass es dabei auf das exakte Ausmaß der Überhöhung ankäme ( Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 § 1 DSt Rz 22 f mwN; RIS‑Justiz RS0055148). Solcherart verfehlt der Berufungswerber den Bezugspunkt sowohl der Mängel- als auch der Tatsachenrüge (RIS‑Justiz RS0117499).

[6] Die Rechtsrüge (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a) argumentiert prozessordnungswidrig nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts in seiner Gesamtheit, indem sie bloß auf die – in der angefochtenen Entscheidung ohnehin festgestellte – Dauer und den – gleichfalls konstatierten – Inhalt der „Informationsaufnahme vom 16. Oktober 2018“ (ES 4) verweist und daran die (nicht weiter begründete) Behauptung anknüpft, diese Besprechung sei – entgegen der Auffassung des Disziplinarrats (ES 6 f) – zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Sie übergeht nämlich sowohl die Konstatierungen, nach denen dem Mandat die keineswegs komplexe Geltendmachung einer einfachen Inkassoforderung (von drei Mitgliedsbeiträgen bei einem Fitnessclub, deren Überweisung von der Bank rückgebucht worden war) zugrundelag, die bereits durch die von ***** H***** beigestellte Forderungsaufstellung ausreichend konkretisiert war und auch mit Blick auf die Vertragsbedingungen keine Schwierigkeiten erwarten ließ (ES 6), als auch die Feststellungen zum Inhalt des bereits vor dem 2. Oktober 2018 in dieser Sache geführten – als zu Recht in Rechnung gestellt beurteilten – längeren Telefonats zwischen dem Beschuldigten und seiner Mandantin (ES 3). Aus welchem Grund eine weitere 45‑minütige Informationsaufnahme zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung „notwendig“ und nicht bloß einem subjektiven Bedürfnis der Mandantin geschuldet gewesen sein soll (§ 41 Abs 1 ZPO; vgl dazu Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.246; M. Bydlinski in Fasching/Konecny ³ II/1 § 41 ZPO Rz 20; ES 6 f), wird nicht erklärt (vgl aber RIS‑Justiz RS0116565).

[7] Das weitere, auf die mit 9,50 Euro (darin enthalten 4,30 Euro Barauslagen) in Rechnung gestellte Abfrage im Zentralen Melderegister bezogene Vorbringen kann daher auf sich beruhen, weil selbst die damit angestrebte Reduktion der angelasteten Überhöhung der verzeichneten Kosten keinen Einfluß auf die Lösung der Schuldfrage hätte (vgl dazu die obigen Ausführungen).

[8] Mit dem Einwand, die Geltendmachung der Forderung sei für die Mandantin im Vorfeld mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen und man sei beim gemeinsamen Termin „eben dann zu zweit nochmal alles durchgegangen“, gelingt es auch der Schuldberufung nicht, Umstände aufzuzeigen, die geeignet wären, Zweifel an der denkrichtigen und lebensnahen Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu entscheidenden Feststellungen zu wecken.

[9] Hingegen kommt der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe Berechtigung zu.

[10] Der Disziplinarrat verhängte über ***** gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt eine Geldbuße von 1.000 Euro und wertete zutreffend dessen bislang ordentlichen Lebenswandel, das Wohlverhalten seit der länger zurückliegenden Tat sowie die lange Verfahrensdauer als mildernd, erschwerend dagegen keinen Umstand. Entgegen dem Berufungsvorbringen stellt das „besondere Engagement“ bei der Forderungseintreibung für die Mandantin H***** keinen zusätzlichen Milderungsgrund dar. Im Rahmen der – im anwaltlichen Disziplinarverfahren sinngemäß heranzuziehenden (RIS-Justiz RS0054839) – allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung des § 32 StGB fiel dagegen die nahezu dreifache Überhöhung des Kostenbegehrens zu Ungunsten des Beschuldigten ins Gewicht.

[11] Wenngleich die vom Disziplinarrat verhängte Geldbuße von 1.000 Euro dem Tatunrecht sowie der Täterschuld entspricht und auch den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten, der nach eigenen Angaben ein Nettoeinkommen von 2.500 Euro pro Monat bezieht, angemessen Rechnung trägt, war zum Ausgleich für die – durch die lange Verfahrensdauer von über zwei Jahren bewirkte – Grundrechtsverletzung eine Reduktion der Geldbuße um 300 Euro (sohin auf 700 Euro) vorzunehmen (vgl RIS-Justiz RS0114926). Ein Schuldspruch ohne Strafe (§ 39 DSt) kommt aus spezialpräventiven Gründen ebenso wenig in Betracht wie der begehrte schriftliche Verweis (§ 16 Abs 1 Z 1 DSt).

[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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