OGH 11Os1/21p

OGH11Os1/21p8.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen R***** I***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Oktober 2020, GZ 56 Hv 53/20b‑24, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0110OS00001.21P.0208.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der österreichische Staatsbürger R***** I***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 15. Dezember 2019 in Hongkong dadurch, dass er Johanna C*****, mit der er ein Hotelzimmer teilte, am Hals packte und in sehr aggressiver Art sagte: „Lass uns jetzt ficken!“, sie dabei festhielt und sie sich nur durch Tritte mit ihren Beinen befreien konnte, er sie im Zimmer verfolgte, die Türe versperrte und Genannte mit der Hand an ihrem Hals gegen die Wand drückte, eine Person mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Dem Einwand der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf „neuerliche Einvernahme der Zeugin [C*****] unter Beiziehung eines Dolmetschers, den die Zeugin auch selbst verlangt hat“ (ON 23 S 11), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Denn der Antrag ließ nicht erkennen, inwiefern die von der Zeugin in der Hauptverhandlung gegen Ende ihrer Vernehmung erstmals geäußerten Verständigungsschwierigkeiten (auch) deren vorhergehende Angaben zu ihren sinnlichen Wahrnehmungen betreffend das Verhalten und die Äußerungen des Angeklagten im Tatzeitpunkt betroffen haben sollen (vgl ON 23 S 7–10 und ON 2 S 21–24). Die Verständigungsschwierigkeiten bezogen sich dem ungerügt gebliebenen Protokoll über die Hauptverhandlung zufolge ausschließlich auf Fragen nach den von der Zeugin während ihres Kampfes mit dem Angeklagten in Bezug auf dessen Beweggrund und Handlungsziel gehegten Befürchtungen und nach der rechtlichen Einordnung des Geschehens durch die Zeugin (ON 23 S 9 f). Da subjektive Meinungen, Wertungen, Schlussfolgerungen, rechtliche Beurteilungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge nicht im Gesetz (§ 154 Abs 1 StPO) vorgesehner Gegenstand einer Zeugenaussage sind, sondern nur die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Prämissen (RIS‑Justiz RS0097540), durfte das im Kontext des Verhandlungsgeschehens (ohne weitere Begründung) allein auf die Klärung solcher Fragen abzielende Begehren auf neuerliche Vernehmung der Zeugin unter Beiziehung eines Dolmetschers ohne Verstoß gegen Grundsätze eines das Wesen der Verteidigung sichernden Verfahrens abgelehnt werden.

[5] Die für eine Beurteilung des Tatgeschehens als straflose Vorbereitungshandlung eintretende Rechtsrüge (Z 9 lit a) erklärt nicht (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810), weshalb ungeachtet der Feststellungen zum Vorhaben des Angeklagten während seines tätlichen Übergriffs, nämlich durch den Einsatz nicht unerheblicher physischer Kraft die Duldung des Beischlafs oder dem Beischlaf gleichzusetzender Handlungen zu erzwingen (US 3), noch keine Ausführunghandlung iSd § 201 Abs 1 StGB vorliegen soll (vgl dazu RIS‑Justiz RS0089953; zum zweiaktigen Delikt insbesondere RS0090063, RS0090251).

[6] Der Sache nach stellt das Vorbringen bloß einen Versuch dar, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegealgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu bekämpfen.

 

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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