OGH 5Ob4/21f

OGH5Ob4/21f4.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. F*****, 2. E***** GmbH, *****, 3. Mag. (FH) G*****, alle vertreten durch die Münzker & Riehs Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** als Antragsgegner, diese teilweise vertreten durch die Bischof Zorn + Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 4 WEG iVm § 24 Abs 6 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. November 2020, GZ 40 R 248/20x‑25, mit dem der Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 7. Juli 2020, GZ 6 Msch 11/19w‑19, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00004.21F.0204.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Mit- und Wohnungseigentümer über die Bestellung einer Hausverwaltung. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

[2] Das Rekursgericht wies den Rekurs der Antragsteller als verspätet zurück. Die Frist zur Erhebung eines Rekurses gegen einen Sachbeschluss betrage vier Wochen und habe im vorliegenden Fall mit Ablauf des 24. 8. 2020 geendet. Das Rechtsmittel der Antragsteller vom 25. 8. 2020 sei daher verspätet.

Rechtliche Beurteilung

[3] 1. Nach § 62 AußStrG ist jedes Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht ein Revisionsrekurs. Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Weist daher das Gericht zweiter Instanz – wie hier – den Rekurs wegen Verspätung zurück, ist auch dieser Beschluss nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG anfechtbar (RIS‑Justiz RS0120565 [T3; T14]; RS0120974 [T7; T9]). Rechtsfragen von der Qualität nach dieser Gesetzesstelle stellen sich nicht:

[4] 2. In ihrem außerordentlichen Rechtsmittel machen die Antragsteller – zusammengefasst – geltend, dass das Rekursgericht zu Unrecht von einer Zustellung des Beschlusses der ersten Instanz mit 27. 7. 2020 ausgegangen sei und den Beginn des Fristenlaufs mit diesem Datum angesetzt habe. Am 27. 7. 2020 sei die Zustellung des Gerichtsstücks zwar versucht, tatsächlich aber eine Hinterlegung vorgenommen worden, sodass die Rechtsmittelfrist erst mit dem Tag, an dem das Dokument zur Abholung bereitgestellt worden sei, also mit dem 28. 7. 2020, zu laufen begonnen habe.

[5] 3.1 § 17 Abs 1 ZustG ermöglicht die Hinterlegung, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs 3 leg cit regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen, wobei die Verständigung den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen hat (§ 17 Abs 2 ZustG). Liegt eine wirksame Hinterlegung nach dieser Gesetzesstelle vor, gilt das hinterlegte Dokument mit dem ersten Tag, an dem es erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt (§ 17 Abs 3 ZustG). Dieser ist dann auch als fristauslösend anzusehen (RS0083986; Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 17 ZustG Rz 7).

[6] 3.2 Die Antragsteller wurden im Verfahren erster Instanz von der ehemaligen Verwalterin der Liegenschaft vertreten. In ihrem Revisionsrekurs weisen sie darauf hin, dass ihnen die Entscheidung des Rekursgerichts zu Handen dieser Vertreterin zugestellt worden ist. Nach dem im Akt erliegenden Zustellnachweis ergibt sich dazu zwar, dass der Sachbeschluss des Erstgerichts nach einem erfolglosen Zustellversuch an der Anschrift dieser Vertreterin vom 27. 7. 2020 hinterlegt werden sollte, wobei auf der Hinterlegungsanzeige als Beginn der Abholfrist der 28. 7. 2020 vermerkt worden war. Aus der dem Gericht durch den Zustelldienst übermittelten Übernahmebestätigung folgt dazu jedoch, dass ein berechtigter Vertreter die für die Hinterlegung bestimmte Sendung bereits am 27. 7. 2020 übernommen hat, wobei ausdrücklich vermerkt ist, dass die Ausfolgung vor Beginn der Abholfrist erfolgte.

[7] 3.3 Für die Wirksamkeit der Zustellung und damit für den Beginn des Fristenlaufs ist bei tatsächlichem Zukommen der Sendung unabhängig von der Bestimmung des § 17 Abs 3 ZustG stets der Tag ausschlaggebend, an dem das Zustellstück dem berechtigten Empfänger zugekommen ist ( Stumvoll in Fasching / Konecny , Zivilprozessgesetze³ II/2 § 17 ZustG Rz 26). Damit ist es entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht zu beanstanden, wenn das Rekursgericht seiner Beurteilung eine Zustellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses am 27. 7. 2020 zugrunde legte.

[8] 4. Die Frist zur Erhebung eines Rekurses gegen einen Sachbeschluss beträgt gemäß § 37 Abs 3 Z 15 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG vier Wochen. Fristauslösend war die Übernahme der Entscheidung durch einen Vertreter der berechtigten Empfängerin am 27. 7. 2020, der die Sendung dadurch tatsächlich zukam, und nicht wie die Antragsteller nunmehr meinen, der auf der Hinterlegungsanzeige vermerkte Beginn der Abholfrist. Die Rechtsmittelfrist endete damit mit Ablauf des 24. 8. 2020, sodass der von den Antragstellern am 25. 8. 2020 eingebrachte Rekurs verspätet erhoben wurde. Seine Zurückweisung durch das Gericht zweiter Instanz beruht damit auf keiner Fehlbeurteilung (§ 54 Abs 1 Z 1 AußStrG iVm § 52 Abs 2 WEG).

[9] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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