OGH 8Ob91/20w

OGH8Ob91/20w28.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden P*****, vertreten durch Dipl.‑Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. B*****, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei W***** KG, *****, vertreten durch Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwalt in Völkermarkt, wegen 138.000 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 113.236,17 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 27. Mai 2020, GZ 4 R 25/20h‑151, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 7. November 2019, GZ 69 Cg 104/13a-144, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00091.20W.0128.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.405,52 EUR (darin 400,92 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger hatte die Beklagte im Rahmen der Errichtung seines privaten Wohnhauses mit der Erstellung der Polierplanung und (teilweise) der Detailpläne, mit der Durchführung der Ausschreibung, der örtlichen Bauaufsicht, der Koordination nach dem BauKG sowie der Abrechnungskontrolle beauftragt. Hierfür verrechnete die Beklagte dem Kläger 35.256,88 EUR.

[2] Der Kläger begehrt pauschal 138.000 EUR sA sowie die Feststellung, dass die Beklagte für alle Kosten bzw Schäden, „die aufgrund der zu nahen Errichtung des Hauses im Bereich des Garagentraktes an der östlichen Grundstücksgrenze der klagenden Partei anfallen“, hafte. Wegen mangelnder Koordination durch die Beklagte sei eine ordnungsgemäße Mängelbehebung nicht erfolgt. Die Beklagte habe fehlerhaft geplant, unrichtige Anleitungen erteilt und die Werkleistungen der Professionisten vor Ort nicht kontrolliert. Der Kläger sei gezwungen gewesen, Mehrleistungen erbringen zu lassen, teilweise gleiche Arbeiten wiederholt ausführen zu lassen und diese doppelt oder mehrfach zu bezahlen sowie Mängelbehebungsarbeiten auf eigene Kosten durchführen zu lassen. Aus Kostengründen werde von der Gesamtforderung des Klägers ein Teilbetrag von 138.000 EUR gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

 

[3] Mit Teilurteil wies das Erstgericht das Zahlungsbegehren im Ausmaß von 113.236,17 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 9. 2013 insbesondere wegen Verjährung ab.

[4] Das Berufungsgericht gab den vom Kläger und vom Nebenintervenienten dagegen erhobenen Berufungen nicht Folge. Die Frage der Verjährung wäre nur dann zu beurteilen, wenn ein schlüssiges Klagebegehren vorliegen würde. Das sei aber nicht der Fall: Der Kläger mache unterschiedliche Fehler der Beklagten (bei der Planung, bei der Überwachung einzelner Professionisten, bei der Schlussrechnungsprüfung) geltend. Es liege somit kein einheitlicher Gesamtschaden vor. Damit wäre eine Zuordnung der Teileinklagung zu den einzelnen Positionen erforderlich gewesen, die unterblieben sei. Ein – grundsätzlich zulässiges – echtes Eventualbegehren, bei dem ein Klagsanspruch erstrangig und ein anderer Klagsanspruch nur für den Fall der Erfolglosigkeit des erstrangigen Anspruchs gestellt werde, habe der Kläger ausdrücklich nicht erhoben. Vielmehr habe er zuletzt betont, dass es „eigentlich nur ein Hauptbegehren gebe und das Eventualbegehren als Hauptbegehren aufzufassen sei, weil kein Eventualbegehren gestellt worden sei und immer nur Geldforderungen geltend gemacht worden seien aus demselben Rechtsgrund“. Damit mache er jedoch nichts anderes als ein unzulässiges alternatives Klagebegehren geltend, bei dem er dem Gericht die Wahl überlasse, welchen Anspruch es zusprechen wolle. Die Entscheidung 7 Ob 59/15z, nach der bei unzulässiger „subsidiärer“ Geltendmachung von (Teil-)Ansprüchen diese nicht Teil des Klagebegehrens würden, sei – soweit ersichtlich – vereinzelt geblieben. Das Erstgericht habe im Ergebnis den Teilbetrag daher schon wegen Unschlüssigkeit des Klagebegehrens zu Recht abgewiesen.

[5] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil sich dann, wenn der subsidiär geltend gemachte Teil nicht Teil des Klagebegehrens geworden wäre (7 Ob 59/15z), allenfalls eine andere rechtliche Beurteilung zur Schlüssigkeit ergeben würde.

[6] Die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist entgegen dem – nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

Rechtliche Beurteilung

[7] 1.1.1 Der Kläger macht vor dem Obersten Gerichtshof die Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit offenbar sowohl des erst- als auch des zweitinstanzlichen Verfahrens geltend, weil weder das Ersturteil noch das Berufungsurteil nachvollziehbar seien, insbesondere sei unklar, wie sich der abgewiesene Betrag errechne. Außerdem fehle im Ersturteil eine Beweiswürdigung bzw liege eine vorgreifende Beweiswürdigung vor, weil das Erstgericht jegliche Beweisaufnahme unterlassen habe. Schließlich habe sich das Berufungsgericht nicht ordnungsgemäß mit der Tatsachenrüge des Klägers auseinandergesetzt und der in der Berufung erhobenen Mängelrüge zu Unrecht die Relevanz abgesprochen.

[8] 1.1.2 Der Kläger übersieht, dass das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, dass das (gesamte) Zahlungsbegehren unschlüssig ist, und es allein aus diesem Grund die Teilabweisung des Zahlungsbegehrens durch das Erstgericht bestätigt hat. Ein Unschlüssigkeitsurteil verneint nur die Schlüssigkeit der Klagsbehauptungen und bedarf somit keiner Feststellungen (RIS-Justiz RS0037755 [T3]). Auf vermeintlich unrichtige oder fehlende Feststellungen im Ersturteil kommt es damit ebenso wenig an, wie auf vom Erstgericht nicht aufgenommene Beweise oder auf seine zum Thema Verjährung getätigten Ausführungen.

[9] 1.2.1 Zudem rügt der Kläger die Wiedergabe des Aktenvermerks des Erstgerichts vom (richtig:) 19. 6. 2016, mit dem es bekannt gegeben hat, die in der Tagsatzung vom 22. 1. 2016 formulierten Haupt- und Eventualbegehren mit Ausnahme der „Positionen 3.6 bis 3.10 laut ON 44, PS 8 und Zusammenfassung in PS 12“ erstmals für schlüssig zu erachten, im Berufungsurteil als aktenwidrig. Das Berufungsgericht habe unrichtig die Positionen 6 bis 10 (statt 3.6 bis 3.10) genannt. Die Position 3.10 sei im Übrigen ausreichend spezifiziert worden.

[10] 1.2.2 Es ist weder ersichtlich, welche Relevanz dieser dem Berufungsurteil anhaftenden offenbaren Unrichtigkeit zukommen soll noch wie dadurch der Einwand der Unschlüssigkeit widerlegt werden könnte, auf den im Folgenden näher einzugehen ist.

[11] 2.1 Die Fragen, ob eine Klage schlüssig ist und ob das Klagebegehren ziffernmäßig bestimmt ist, sind typisch von den Umständen des Einzelfalls abhängig und begründen in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RS0116144; 4 Ob 105/19y).

[12] 2.2 Werden aus einem rechtserzeugenden Sachverhalt mehrere Ansprüche abgeleitet und in einer Klage geltend gemacht, so muss in einem solchen Fall der objektiven Klagenhäufung jeder der Ansprüche zumindest in der Begründung ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein, um dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO zu entsprechen (RS0031014 [T29]). Ohne eine solche Aufschlüsselung ist es nämlich nicht möglich, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung des Zahlungsbegehrens zu bestimmen und damit die Frage zu beantworten, über welche der eingeklagten Forderungen endgültig abgesprochen wurde (RS0031014 [T15, T17, T31]).

[13] Werden nach der Klagserzählung mehrere Ansprüche behauptet, die ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können, die in Summe mit dem Zahlungsbegehren aber nicht übereinstimmen, so wird in rechtlicher Hinsicht ein pauschaler Teilanspruch geltend gemacht. In einem solchen Fall hat der Kläger klarzustellen, welche Teile von seinem pauschal formulierten Begehren erfasst sein sollen (RS0031014 [T22]). Eine alternative Klagenhäufung (Alternativbegehren, bei welcher der Kläger dem Gericht die Wahl überlässt, welchem Begehren es stattgeben will) ist unzulässig, und zwar selbst dann, wenn nur ein Teilbetrag der angeblich insgesamt zustehenden Forderungen eingeklagt wird (RS0119632; RS0031014 [T20, T21]; zuletzt etwa 4 Ob 105/19y).

[14] 2.3 Werden hingegen nicht mehrere Ansprüche, sondern wird ein einheitlicher Anspruch (zB ein einheitlicher Gesamtschaden aufgrund derselben Schadensursache) geltend gemacht, würde es nach der Rechtsprechung eine Überspannung der Verpflichtung zur Präzisierung bedeuten, würde man vom Kläger eine genaue Aufschlüsselung der einzelnen unselbständigen Teilpositionen fordern (10 Ob 63/08z mwN; vgl RS0031014 [T28]).

[15] 3.1 Der Kläger nimmt in seiner Rechtsrüge weiterhin in erster Linie den Standpunkt ein, sämtliche der hier geltend gemachten Teilpositionen seien auf dieselbe Schadensursache, nämlich die mangelhafte Vertragserfüllung durch die Beklagte, zurückzuführen, und es liege daher ein einheitlicher Gesamtschaden vor, der keiner Aufschlüsselung bedürfe.

[16] 3.2 Dieser Ansicht kann allerdings nicht beigetreten werden: Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, stützt sich der Kläger auf unterschiedliche Pflichtverletzungen der Beklagten (Planungsfehler, Fehler im Rahmen der „Bauleitung“ sowie Fehler bei der Prüfung der Schlussrechnung), die zu verschiedenen Zeiten stattgefunden und auch jeweils andere Teile des Gewerks (etwa Garagen-Innenwand, Eingangsstiege, Poolfundamente etc) betroffen haben sollen. In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof einen einheitlichen Schaden bei einem aus einem einzigen Rechtsgrund (Schadenersatz aufgrund eines Vertrags: mangelhafte Bauausführung), aber aus unterschiedlichen Sachverhalten (auf verschiedene Herstellungsfehler zurückzuführende Mängel des Werks an verschiedenen Teilen des Gebäudekomplexes) abgeleiteten Begehren verneint (10 Ob 37/13h). Aus der Entscheidung 10 Ob 63/08z ist für den Kläger nichts zu gewinnen, weil der Oberste Gerichtshof dort gerade von einer ausreichenden Aufschlüsselung der eingeklagten Gesamtforderung in einzelne Positionen ausgegangen ist. Auch der Entscheidung 8 Ob 135/03s liegt die Prämisse zugrunde, dass ein geltend gemachter Pauschalbetrag bei objektiver Klagenhäufung entsprechend aufzugliedern ist, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO gerecht zu werden, auch wenn das dort in Verbindung mit einer konkreten Urkunde erhobene „Begehren auf Mängelbehebungskosten“, das auf einen einheitlichen Anspruchsgrund und damit – anders als hier – offenbar nicht auf verschiedene Sachverhalte gestützt war, für nicht weiter präzisierungsbedürftig erachtet wurde.

[17] 3.3 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich bei den vom Kläger eingeklagten Schadenspositionen nicht um einen einheitlichen Gesamtschaden handelt, sondern diese jeweils einem unterschiedlichen rechtlichen Schicksal unterliegen können, liegt daher im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

[18] 4.1 Daraus folgt, dass der Kläger sein Pauschalbegehren sehr wohl so aufzuschlüsseln gehabt hätte, dass feststeht, welche der einzelnen von ihm geltend gemachten Schadenspositionen (in welchem Umfang) davon umfasst sind. Dass ihm das grundsätzlich möglich und auch zumutbar gewesen wäre, zeigt sich nicht zuletzt an seinem eigenen Prozessverhalten.

[19] 4.2 Übersteigt – wie im vorliegenden Fall – die Summe der geltend gemachten Schadenspositionen den eingeklagten Betrag, so kann die betragliche Fixierung zunächst dadurch erfolgen, dass jeder Schadensposition ein Wert zugeordnet wird, deren Summe den Klagsbetrag jedoch nicht übersteigen darf. Ebenso zulässig wäre es, die einzelnen Teilforderungen als Prozentwert der jeweils ungekürzten Teilforderung zu beschreiben (vgl 10 Ob 63/08z). Ein den Klagsbetrag übersteigendes Begehren wäre ansonsten nur als Eventualbegehren zulässig (vgl 8 Ob 135/03s mwN). Zulässig wäre schließlich auch ein Begehren auf Ersatz für zugefügte Schäden „entsprechend der vorgegebenen Reihung bis zum Erreichen des Klagsbetrags“, sodass die Ansprüche also „in der angeführten Reihenfolge bis zum Erreichen des Klagsbetrags zu prüfen“ sind. Damit wird in Wahrheit, soweit die einzelnen Ansprüche (bei Summierung in der vorgenommenen Reihung) das Zahlungsbegehren übersteigen, ein Eventualzahlungsbegehren im Verhältnis zum Hauptzahlungsbegehren geltend gemacht (1 Ob 141/17t mwN).

[20] 4.3 Der Kläger hat schlussendlich von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch gemacht, um ein schlüssiges Klagebegehren zu erheben. In seiner Revision stützt er sich darauf, dass er in der Tagsatzung am 22. 1. 2016 („2. Aufschlüsselung“) alle verbleibenden Unklarheiten beseitigt habe, indem er das Klagebegehren in einzelne Positionen aufgeschlüsselt habe, die exakt den Klagsbetrag von 138.000 EUR (richtig: 138.000,01 EUR) ergeben würden. Tatsächlich hat der Kläger in dieser Tagsatzung zu dem im Einzelnen aufgeschlüsselten Hauptbegehren zehn Eventualbegehren (über einen Gesamtbetrag von 36.944,68 EUR) gestellt, mit denen er für den Fall, dass Teile des Hauptbegehrens nicht zugesprochen werden sollten, weitere Schadenspositionen geltend gemacht hat. Er übersieht aber, dass er mit Schriftsatz vom 7. 3. 2019 ausdrücklich diese Differenzierung zwischen Haupt- und Eventualbegehren insofern „korrigiert“ hat, als es „eigentlich nur ein Hauptbegehren gibt, und das Eventualbegehren ebenfalls als Hauptbegehren aufzufassen ist, weil tatsächlich kein Eventualbegehren in der gegenständlichen Klage gestellt worden ist, und immer nur Geldforderungen gegenüber der beklagten Partei geltend gemacht worden sind, und zwar immer aus demselben Rechtsgrund“.

[21] Die Beklagte wiederum hat dieses Vorbringen des Klägers in ihrem Schriftsatz vom 19. 6. 2019 insbesondere mit dem Hinweis, dass mit der Klage nur 138.000 EUR geltend gemacht werden, als unschlüssig gerügt, ohne dass der Kläger in der Folge darauf reagiert hätte. Über Ersuchen der Beklagten hat das Erstgericht in der (letzten) Tagsatzung vom 4. 7. 2019 noch mit dem Kläger erörtert, „ob und welches konkrete Vorbringen von ihm zur … Schlüssigstellung der Klage erstattet wird“. Weiteres Vorbringen hat der Kläger aber nicht erstattet.

[22] 4.4 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Kläger mit seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 7. 3. 2019 sämtliche im Rahmen der 2. Aufschlüsselung am 22. 1. 2016 als Eventualbegehren qualifizierten Schadenspositionen wieder zum Teil des Hauptbegehrens gemacht hat, ohne das Klagebegehren auszudehnen. Dadurch liegt die Summe der im Rahmen des Hauptbegehrens geltend gemachten Schadenspositionen jedoch mit 174.424,44 EUR erneut über dem Klagsbetrag von 138.000 EUR, ohne dass eine schlüssige Eingliederung oder Reihung der einzelnen Forderungen ersichtlich wäre.

[23] 4.5 Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass der Kläger damit nichts anderes als ein unzulässiges alternatives Klagebegehren (vgl zuletzt etwa 2 Ob 127/18t) geltend macht, ist nicht zu beanstanden.

[24] 4.6 Nach § 182a ZPO hat das Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und darf seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (RS0037300 [T46]). Nach der herrschenden Rechtsprechung bedarf es aber keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Verpflichtung nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen der Prozessgegner aufzeigte (RS0122365).

[25] Von einer Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts kann hier im Hinblick auf die konkreten Einwendungen der Beklagten im Schriftsatz vom 19. 6. 2019 und die Aufforderung des Erstgerichts zur Schlüssigkeitstellung in der darauffolgenden letzten Tagsatzung keine Rede sein.

[26] 5. Die vom Berufungsgericht dem Zulassungsausspruch zugrunde gelegte Rechtsfrage, ob „subsidiär“ geltend gemachte Teilansprüche im Sinn der Entscheidung 7 Ob 59/15z nicht Teil des Klagebegehrens werden, spricht der Kläger in seinem Rechtsmittel gar nicht an (vgl RS0102059). Diese Frage stellt sich aber ohnehin nicht, weil hier keine Beträge bloß „subsidiär“, das heißt „unterstützend“ bzw „behelfsmäßig“, begehrt wurden, ohne Teil des Klagebegehrens zu werden: Vor der Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 7. 3. 2019 lagen – zulässige – Eventualbegehren vor, die nur für den Fall der Erfolglosigkeit der erstrangigen Ansprüche erhoben wurden (vgl RS0074353; RS0037585), danach nur mehr ein – unschlüssiges – Hauptbegehren, bei dem die zwischenzeitig in eventu geltend gemachten Ansprüche wiederum gleichrangige Teile des Begehrens waren.

[27] 6. Insgesamt gelingt es dem Kläger daher nicht, eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

[28] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen (RS0035979 [T16]). Sie hat daher Anspruch auf Kostenersatz auf Basis der Bemessungsgrundlage von 113.236,17 EUR. Im Revisionsverfahren stand ihr allerdings nur der Kläger gegenüber, sodass ihr kein Streitgenossenzuschlag gebührt (vgl RS0036223).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte