OGH 3Ob189/20w

OGH3Ob189/20w20.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Mag. Christian Dillersberger, Dr. Karin Bronauer, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 14.328 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. September 2020, GZ 1 R 114/20d‑15, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00189.20W.0120.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Frage, ob ein Rechtsanwalt (oder Notar) als Vertragserrichter die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden und stellt regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0026349 [T17]; RS0026584 [T21]). Zur Haftung eines berufsmäßigen Vertragserrichters (Rechtsanwalt oder Notar) gemäß § 1299 ABGB existiert eine umfangreiche Judikatur (RS0023549; RS0026349; RS0026380; RS0026419).

[2] 2. Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt die Revision nicht auf, wenn sie meint, die Sorgfaltspflichten des beklagten Vertragsverfassers hätten eine Beratung des Klägers dahin erfordert, den Kaufvertrag über eine Liegenschaft mit aufschiebender Wirkung abzuschließen: Der Beklagte war für den Kläger (Unternehmer) als Treuhänder und Vertragserrichter für den Kaufvertrag über den Ankauf eines Sporthotels tätig, das durch eine Maklergesellschaft angeboten worden war. Die Darlehensaufnahme zur Finanzierung des Kaufpreises organisierte der Kläger ohne Beteiligung des Beklagten. Dass der Kläger bei der Kreditaufnahme durch einen (angeblichen) Mitarbeiter der (in der Schweiz ansässigen) Bank betrogen wurde, weshalb die Finanzierung schließlich scheiterte, war bis zur Vertragsunterzeichnung für keine Seite erkennbar. Wenn daher die Vorinstanzen zu dem Ergebnis kamen, dass der Beklagte nicht verpflichtet war, den Kläger über „die Möglichkeit einer aufschiebenden Bedingung“ zu beraten, ist dies nicht korrekturbedürftig. Einen Fehler bei der Vertragsgestaltung wirft der Kläger dem Beklagten nicht vor; dass der Beklagte in Kenntnis des Inhalts der Maklervereinbarung über das Objekt gewesen oder vom Kläger damit befasst worden wäre, wird ebenfalls nicht behauptet.

[3] Entgegen der Meinung des Klägers stellt sich keine Rechtsfrage über eine „weitergehende Prüfpflicht im Bezug auf Überweisungen“, weil fest steht, dass weder für den Kläger noch für den Beklagten ersichtlich war, dass es sich bei der vorgelegten SEPA‑Überweisung, mit der die finanzierende Bank dem Kläger den Erhalt des Überweisungsauftrags an den Treuhänder bestätigt hatte, um eine Fälschung handelte. Auch die Beurteilung dahin, dass der Beklagte wegen des rund eineinhalb Tage nach der Bestätigung des Erhalts des Überweisungsauftrags durch die Schweizer Bank noch nicht erfolgten Zahlungseingangs keinen Anlass für eine genauere Überprüfung gehabt habe, begegnet keinen Bedenken.

[4] 3. Aus der Bezugnahme auf die Bestimmung des § 5 Abs 3 NO lässt sich für den Standpunkt des Klägers ebenfalls kein Argument gewinnen, weil ein verbotenes, verdächtiges oder „zum Schein geschlossenes Geschäft“ nicht einmal behauptet wurde. Der Beklagte wusste, dass der Kläger den Kaufpreis durch Kreditaufnahme bei einer näher genannten Bank finanzieren wollte, sodass auch die Herkunft des Geldbetrags geklärt war und – entgegen der Ansicht der Revision – auch kein Verstoß gegen § 36a NO in Betracht kommt.

[5] 4. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Mit der Beweisrüge hat sich das Berufungsgericht hinreichend auseinandergesetzt (RS0043150). Dass sich der Kläger über „die Tragweite und das Risiko seiner Erklärung“ oder über mögliche Ansprüche des Maklers aus dem Kaufvertragsabschluss „nicht im Klaren“ gewesen wäre, hat er in erster Instanz nicht vorgebracht (§ 482 ZPO), weshalb darauf nicht einzugehen ist.

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