OGH 10ObS144/20d

OGH10ObS144/20d19.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernhard Kirchl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Rainer Stemmer, Rechtsanwalt in Thüringerberg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Ausgleichszulage, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 7. Oktober 2020, GZ 25 Rs 49/20x‑31, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:010OBS00144.20D.0119.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der – den selben Kläger betreffenden – Entscheidung 10 ObS 73/19m die auch im vorliegenden Verfahren maßgebenden Grundsätze wie folgt dargestellt:

„1.1. Gemäß § 292 Abs 1 ASVG hat der Pensionsberechtigte Anspruch auf Ausgleichszulage, solange er seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat.

1.2. Nach Art 7 Abs 1 der Richtlinie 2004/38/EG steht das Recht auf Aufenthalt wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürgern zu, die sich länger als drei Monate (aber nicht mehr als fünf Jahre) im Aufenthaltsmitgliedstaat aufhalten und die die Voraussetzungen des Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38 erfüllen, also über ausreichende Existenzmittel und einen Krankenversicherungsschutz verfügen, sodass sie während ihres Aufenthalts für sich und ihre Angehörigen keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen (RS0130764).

1.3. Da sich eine Anmeldebescheinigung für EWR‑Bürger (§ 53 NAG) nur auf das Aufenthaltsrecht bezieht, hat diese Bescheinigung keinen Einfluss auf den Sozialleistungsanspruch (10 ObS 15/16b SSV‑NF 30/34 = EvBl 2016/133, 931 [Rebhahn] = ZAS 2017/58, 305 [Niksova]). Das Gericht muss im Rahmen der Beurteilung eines Anspruchs eines EWR‑Bürgers auf Ausgleichszulage daher selbständig prüfen, ob die für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich notwendigen Voraussetzungen vorliegen.

1.4. Im Ergebnis können Unionsbürger, die – so wie der Kläger – nicht erwerbstätig sind und nur im Zusammenhang mit einem Sozialleistungsbezug innerhalb der Europäischen Union bzw des Europäischen Wirtschaftsraums mobil sind, auf der Grundlage von Unionsrecht keine Ansprüche auf Sozialleistungen wie die Ausgleichszulage geltend machen; eine aufenthaltsbeendende Maßnahme ist nicht erforderlich (10 ObS 31/16f, SSV‑NF 30/45; RS0129251 [T2]).

[...]

2. Ein Anspruch auf Ausgleichszulage kann sich jedoch aus dem innerstaatlichen Recht ergeben (10 ObS 31/16f ua). Erste Voraussetzung dazu wäre wiederum das Vorliegen eines rechtmäßigen Aufenthalts nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen (hier gemäß § 51 Abs 1 Z 2 NAG) nach der Aufenthaltsbescheinigung des Klägers. An einem solchen fehlt es aber […].“

 

[2] Diese Erwägungen sind auch im vorliegenden Fall maßgeblich.

[3] Der Revisionswerber macht als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend, das Berufungsgericht hätte das gegen ihn verhängte befristete Aufenthaltsverbot in Österreich, aufgrund dessen er sich von 2008 bis einschließlich August 2016 außerhalb Österreichs aufhielt, zu seinen Gunsten berücksichtigen müssen. Dafür ist jedoch keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

[4] Dass das Aufenthaltsverbot den zuvor (allenfalls) bestehenden rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers im Inland beendete, liegt auf der Hand. Daraus folgt auch, dass der Kläger für einen neuerlichen, drei Monate übersteigenden Aufenthalt in Österreich nach Ablauf des Aufenthaltsverbots wieder die Voraussetzungen des Art 7 Abs 1 lit b der Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürger‑RL) zu erfüllen hat, also über ausreichende Existenzmittel und über einen Krankenversicherungsschutz verfügen muss (vgl 10 ObS 106/18p SSV‑NF 32/64).

[5] Den Ausführungen des Berufungsgerichts, aus dem Aufenthalt der Kinder und der geschiedenen Ehegattin des Revisionswerbers in Österreich sei dessen rechtmäßiger Aufenthalt nicht abzuleiten, weil er das Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs 1 NAG nicht einmal behauptet habe, hält die außerordentliche Revision nichts Stichhältiges entgegen.

[6] Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts, die Beurteilung des Vorliegens ausreichender Existenzmittel gemäß Art 7 Abs 1 lit b Unionsbürger‑RL sei nicht gleichbedeutend mit der „faktischen Umwandlung“ des befristeten in ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

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