OGH 8ObA117/20v

OGH8ObA117/20v18.12.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.200 EUR brutto sA und 150 EUR brutto/monatlich, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 29. September 2020, GZ 7 Ra 25/20b‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00117.20V.1218.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin ist seit 2005 als Überwachungsorgan der Parkraumüberwachung bei der Beklagten beschäftigt. Ihr Dienstverhältnis unterliegt der Wiener Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995). Bedienstete der Parkraumüberwachung werden auch für die Überwachung des Fließverkehrs herangezogen.

[2] Im Zuge der Dienstrechts‑ und Besoldungsreform 2018 wurde das Wiener Bedienstetengesetz (W‑BedG; LGBl 2017/33) erlassen, das nach § 1 Abs 1 grundsätzlich für alle ab 1. 1. 2018 neu in den Dienst der Beklagten eintretenden Bediensteten gilt. Die Organe der Parkraumüberwachung, die nach dem 1. 1. 2018 aufgenommen wurden, erhalten nach § 78 Abs 1 iVm § 76 W‑BedG eine monatliche Erschwernisabgeltung von 150 EUR brutto. Nach der VBO 1995, die für Vertragsbedienstete weiterhin gilt, die – wie die Klägerin – bereits vor 1. 1. 2018 ihre Beschäftigung bei der Beklagten aufgenommen haben, ist für die gleiche Tätigkeit keine Erschwernisabgeltung vorgesehen.

[3] Die Vorinstanzen haben übereinstimmend das Begehren der Klägerin, ihr ebenfalls eine monatliche Erschwernisabgeltung bzw -zulage von 150 EUR zu bezahlen, abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Klägerin zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

[5] 1. Nach ständiger Rechtsprechung können die Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RIS‑Justiz RS0050823 [T2]; 8 ObA 36/13x Pkt 3.). Insbesondere müssen auch Entgeltansprüche auf dem Gesetz beruhen (9 ObA 121/18m Pkt 3.). Dies ist beim Begehren der Klägerin nicht der Fall. Unstrittig gilt für die Klägerin die VBO 1995, die für die Tätigkeit der Klägerin keine Erschwernisabgeltung vorsieht. Der zwingende Charakter der Entgeltvorschriften der VBO 1995 verbietet eine nicht auf einem Sondervertrag (hier: § 54 VBO 1994) beruhende Erweiterung der Ansprüche der Klägerin durch eine sonstige vertragliche Vereinbarung (Zusage, Versprechen) oder eine betriebliche Übung. Das Vorliegen eines Sondervertrags wird von ihr jedoch nicht behauptet. Auch die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes findet in den Bestimmungen von Gesetzen, Verordnungen und dergleichen ihre Grenze (RS0016684).

[6] 2.1 Das bezweifelt die Revisionswerberin auch gar nicht mehr. In ihrem Rechtsmittel steht sie (nur) auf dem Standpunkt, sie sei mit der Überwachung des Fließverkehrs zu einer berufsfremden Tätigkeit herangezogen worden, die sowohl die Grenzen ihres Arbeitsvertrags als auch die Grenzen der zwischen dem Bund und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung gemäß Art 15a B‑VG über die Parkraumüberwachung in Wien überschreite. Im Rahmen des § 4 Abs 2 VBO 1995 sei der allgemeine Geschäftskreis der Bedienstetengruppe der Organe der Parkraumüberwachung mit Tätigkeiten im ruhenden Verkehr begrenzt. Da die Verwendung im fließenden Verkehr nicht rechts‑ und vertragskonform sei, sei sie angemessen, also nach § 78 Abs 2 W‑BedG, zu entlohnen.

[7] 2.2 Darauf, dass ihre Tätigkeit nicht rechts‑ oder vertragskonform sei, hat sich die Klägerin im erstgerichtlichen Verfahren so nicht gestützt. Nach den (unbekämpften) Feststellungen umfassen „die Tätigkeiten in der Parkraumüberwachung“ im Übrigen unter anderem auch „Hilfestellung“, „Veranstaltungsdienste Polizei (Absperrungen und Verkehrsregelung)“, „Zulassungs- und Führerscheinkontrollen“ sowie „Vollzug und Administration der StVO, des KFG, FSG, VStG“. Vor allem ließe sich im Hinblick auf den zwingenden Charakter der Entgeltvorschriften der VBO 1995 der geltend gemachte Anspruch selbst mit der Unzulässigkeit des Einsatzes der Klägerin außerhalb des ruhenden Verkehrs nicht begründen. Aus den von der Rechtsmittelwerberin zitierten (zu den Rechtssätzen RS0081787, RS0031539 und RS0021472 indexierten) Entscheidungen ergibt sich nur ein Recht des Vertragsbediensteten, außerhalb des ihm zugewiesenen Pflichtenkreises liegende Dienstverrichtungen abzulehnen.

[8] 3. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

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