European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130191
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der „Revisionsrekurs“ wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das als „Revisionsrekurs“ bezeichnete Rechtsmittel der klagenden Partei ist wirksam erhoben, weil es auch schon vor dem Zeitpunkt der Zustellung des damit angefochtenen Aufhebungsbeschlusses eingebracht werden konnte (RS0041748).
2.1 Es ist aber unzulässig:
Gemäß § 527 Abs 2 ZPO ist ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.
2.2 Einen derartigen Ausspruch hat das Rekursgericht hier nicht vorgenommen. Fehlt aber dieser Ausspruch, ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig (RS0044059 [T9]). Dieser Rechtsmittelausschluss ist auch auf Aufhebungen wegen Nichtigkeit anzuwenden (RS0043986 [T3]).
3.1 Die klagende Partei erachtet § 527 Abs 2 ZPO dennoch für nicht anwendbar, weil ihrer Ansicht nach kein „echter“ Aufhebungsbeschluss vorliege.
3.2 Von einem solchen ist nach ständiger Rechtsprechung auszugehen, wenn eine bestimmte Frage, über die eine selbständige Entscheidung zu ergehen hat, vom Gericht zweiter Instanz noch nicht abschließend erledigt wird, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll (RS0044037 [T9, T10, T11]; Sloboda in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 527 ZPO Rz 12 ff).
3.3 Gleichgültig ist, ob die Ergänzung des mangelhaften Verfahrens wegen ungenügender Klärung des Sachverhalts in tatsächlicher Beziehung oder ob sie in Folge der abweichenden Rechtsansicht des Rekursgerichts verfügt wurde (RS0044059 [T5]). Ausreichend ist, wenn das Rekursgericht – wie hier – dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Gegenstand des aufgehobenen Beschlusses aufträgt. Auf die Gründe der Aufhebung kommt es nicht an (RS0044102).
3.4 Eine in Wahrheit abändernde Entscheidung liegt nur dann vor, wenn eine selbständig zu entscheidende Frage vom Gericht zweiter Instanz anders als vom Erstgericht entschieden wird und sich nur als Folge davon die Notwendigkeit einer Fortsetzung des Verfahrens ergibt (RS0044037 [T9]).
4. Letzteres ist hier nicht der Fall. Das Rekursgericht hat die Entscheidung des Erstgerichts, die dahin lautete, dass der Einspruch der beklagten Partei als verspätet zurückgewiesen wird, als nichtig im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 und Z 4 ZPO aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung (durch Anhörung der Parteien sowie entsprechende Feststellungen zum Zustellvorgang) aufgetragen. Somit hat das Erstgericht neuerlich über den Antrag der klagenden Partei auf Zurückweisung des Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl zu entscheiden. Darin liegt keine abändernde, der Annahme eines „echten“ Aufhebungsbeschlusses entgegenstehende Entscheidung des Rekursgerichts. Auch unterschiedliche Auffassungen der ersten und zweiten Instanz über die Lösung einer selbständigen Entscheidung nicht zugänglichen Vorfrage machen eine mangels Spruchreife beschlossene Aufhebung der Entscheidung erster Instanz noch nicht zu einem abändernden Beschluss (RS0044029).
5. Die im Rechtsmittel offenbar für möglich erachtete Nachholung eines unterlassenen Zulassungsausspruchs aufgrund eines Antrags auf nachträgliche Ergänzung des Aufhebungsbeschlusses besteht für einen „echten“ Aufhebungsbeschluss nicht, weil § 527 Abs 2 letzter Halbsatz ZPO die Bestimmungen des § 528 Abs 2 Z 1a und Abs 2a ZPO für unanwendbar erklärt (A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 527 Rz 2; 1 Ob 73/99p).
6. Der „Revisionsrekurs“ der Klägerin ist daher gemäß § 526 Abs 2 ZPO als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
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