European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00123.20S.1013.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1 Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld endet nach § 4a Abs 1 KBGG mit Ablauf des letzten Tages der beantragten Dauer, spätestens jedoch nach der im KBGG festgelegten Höchstanspruchsdauer.
[2] 1.2 Der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes kann nach § 4a Abs 2 Satz 1 KBGG entweder durch Verzicht (§ 2 Abs 5, § 24b Abs 7 KBGG) vorübergehend oder durch gesonderte Meldung vorzeitig beendet werden.
[3] 1.3 Nach § 5a Abs 2 Satz 1 KBGG ist eine spätere Änderung der (bei der ersten Antragstellung nach § 5a Abs 1 Satz 1 KBGG verbindlich) festgelegten Anspruchsdauer nur einmal pro Kind auf Antrag bis spätestens 91 Tage vor Ablauf der ursprünglichen beantragten Anspruchsdauer durch den beziehenden Elternteil möglich. Eine nachträgliche Änderung vergangener Bezugszeiträume schließt § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG aus.
[4] 2.1 Die – zu diesem Zeitpunkt neuerlich schwangere (Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft am 22. 7. 2019) – Klägerin erklärte im April 2019 mittels des dafür vorgesehenen Formulars des Versicherungsträgers („Erklärung über die Beendigung auf Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz“) die vorzeitige Beendigung des Kinderbetreuungsgeldes für ihr 2018 geborenes Kind (zuerkannt von 20. 8. 2018 bis 26. 5. 2020) zum 24. 7. 2019. Bei der Erklärung, welche Leistung beendet werden solle, kreuzte sie die Spalte Kinderbetreuungsgeld, nicht aber die Spalte (der von 20. 8. 2018 bis 19. 8. 2019 bezogenen) Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld an. Tatsächlich beabsichtigte sie aufgrund der Schwangerschaft eine Verkürzung der Bezugsdauer.
[5] 2.2 Das Berufungsgericht lehnte die von der Klägerin gewünschte Interpretation dieser Erklärung als Antrag auf Verkürzung der Anspruchsdauer im Sinn des § 5a Abs 2 Satz 1 KBGG ab. Seiner Ansicht nach lässt sich die allein maßgebliche schriftliche Erklärung aus objektiver Sicht des Erklärungsempfängers nur als Beendigungserklärung verstehen. Daran ändere auch nichts, dass die Klägerin nicht auch das vorzeitige Ende der Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld angekreuzt habe, weil dieses nach § 9 Abs 2 KBGG eine bloße Annexleistung darstelle.
[6] 2.3 Diese von den Umständen des Einzelfalls abhängige Auslegung ist angesichts des festgestellten Inhalts der Erklärung nicht zu korrigieren. Die Fiktion eines somit tatsächlich nicht nach § 5a Abs 2 Satz 1 KBGG gestellten Antrags kann auch nicht aus den Grundsätzen sozialer Rechtsanwendung abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0086446 [T1]; RS0085092 [T5]). Eine allfällige Verletzung von Aufklärungspflichten durch einen Sozialversicherungsträger führt möglicherweise zu Amtshaftungsansprüchen, begründet aber keinen sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch (stRsp RS0111538 [T8]; 10 ObS 47/20i).
[7] 2.4 Damit stellt sich auch die in der Revision behandelte Frage, ob die beklagte Partei nach § 27 Abs 3 Z 1 KBGG verpflichtet gewesen wäre, einen Bescheid über die Beendigungswirkung der Erklärung vom April 2019 zu erlassen, nicht. Die Klägerin hat erstmals mit Schreiben vom 30. 7. 2019 die Verkürzung des Bezugszeitraums bis 24. 7. 2019 beantragt. Die Beklagte wies diesen Antrag mit dem im vorliegenden Verfahren bekämpften Bescheid vom 10. 12. 2019 ab. Dieses von den Vorinstanzen bestätigte Ergebnis wird durch § 5a Abs 2 KBGG vorgegeben: Der Antrag wurde zu einem Zeitpunkt gestellt, als der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes zufolge der Beendigungserklärung (§ 4a Abs 2 Satz 1 zweiter Fall KBGG) bereits beendet worden war, und sollte rückwirkend bereits vergangene Bezugszeiträume ändern. Ob der Bezug bereits mit Ablauf des 21. 7. 2019 oder – wie im April 2019 erklärt – erst zum 24. 7. 2019 wirksam beendet wurde, ist nicht relevant.
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