OGH 1Ob163/20g

OGH1Ob163/20g23.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S*****, geboren am ***** 2019, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters M*****, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Juli 2020, GZ 1 R 177/20m‑47, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-West vom 16. Juni 2020, GZ 15 Ps 23/19p‑40, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00163.20G.0923.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs, mit dem der Vater ersichtlich die Übertragung der (alleinigen) Obsorge an sich anstrebt, zeigt schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf, weil er auf die tragende Begründung des Rekursgerichts, wonach er aus den in der angefochtenen Entscheidung näher dargelegten Gründen nicht ausreichend erziehungsfähig und mangels Problembewusstseins auch nicht bereit ist, sich bei der Erziehung unterstützen zu lassen, wogegen die Mutter trotz ihrer „intellektuellen Minderbegabung“ ein entsprechendes Problembewusstsein aufweist und einer Unterstützung bei der Erziehung (vor allem durch den Kinder- und Jugendhilfeträger) – die sie auch derzeit schon in Anspruch nimmt – positiv gegenübersteht, wodurch der Gefahr einer Überforderung und damit einer Kindeswohlgefährdung begegnet werden kann, gar nicht eingeht. Es fehlt der Rechtsrüge daher schon an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den für die bekämpfte Entscheidung maßgebenden Erwägungen (vgl RS0043312 [T13]; siehe etwa auch 9 Ob 48/14w zu einem Obsorgestreit). Dass die Mutter schon in der Vergangenheit eine Vereinbarung über die Durchführung der freiwilligen vollen Erziehung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger abgeschlossen hat, spricht – entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers – für ihr Problembewusstsein.

Mit seinem Argument, die gegen seine Erziehungsfähigkeit „vorgebrachten“ Argumente würden ausschließlich „von Dritten aufgestellte Behauptungen betreffen“ und „es habe sich kein Vorwurf als wahr erwiesen“, ignoriert der Vater den festgestellten Sachverhalt. Dass „dazu“ kein Beweisverfahren geführt worden sei, ist schon angesichts des zur Frage der Erziehungsfähigkeit sowohl des Vaters als auch der Mutter eingeholten Sachverständigengutachtens nicht nachvollziehbar. Die auf eine unterlassene mündliche Erörterung dieses Gutachtens gestützte Verfahrensrüge wurde bereits vom Rekursgericht mangels Darlegung der Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers verworfen. Auch der Revisionsrekurs enthält dazu keine Ausführungen (vgl RS0120213 [T14, T21]). Dass der Vater im Verfahren keine Gelegenheit gehabt hätte, „die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften“, ist angesichts der umfangreichen – von ihm auch wahrgenommenen – Äußerungsmöglichkeiten unzutreffend.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3

AußStrG).

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