OGH 13Os31/20p

OGH13Os31/20p29.7.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juli 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Part in der Finanzstrafsache gegen Elisabeth K***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 11. Dezember 2019, GZ 50 Hv 51/19f‑579, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00031.20P.0729.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elisabeth K***** zweier Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (1 und 2) schuldig erkannt.

Danach hat sie im Bereich des Finanzamts Baden Mödling vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten, nämlich jeweils durch Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen, Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar

(1) für das Jahr 2008 an Umsatzsteuer um 133.000 Euro, indem sie am 29. September 2009 in der Umsatzsteuererklärung zu Unrecht Vorsteuer von 133.000 Euro aus einer Scheinrechnung geltend machte, sowie

(2) an Einkommensteuer für das Jahr 2009 um 16.668,51 Euro, indem sie am 2. September 2011 in der Einkommensteuererklärung Einkünfte von insgesamt 45.750 Euro verschwieg.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 (lit) a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 4) scheitert schon daran, dass der Antrag auf – nach (gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO erfolgter) Verlesung dessen im Ermittlungsverfahren (im Rechtshilfeweg) abgelegter Zeugenaussage in der Hauptverhandlung bloß ergänzende – Vernehmung des Antonín S***** entgegen § 55 Abs 1 zweiter Satz StPO kein Beweisthema nannte (ON 573 S 19 und ON 578 S 4).

Soweit das Vorbringen (der Sache nach) als Einwand im Sinn der Z 3 gemeint sein sollte, ist darauf zu verweisen, dass die Vorsitzende davon ausging, ein persönliches Erscheinen von S***** könne wegen dessen Krankheit füglich nicht bewerkstelligt werden (§ 252 Abs 1 Z 1 StPO). Dabei stützte sie sich auf ein Entschuldigungsschreiben des Genannten, welches samt einem übersetzten „ärztliche[n] Bericht/Befund“ einer Psychiaterin in der Hauptverhandlung verlesen wurde (ON 578 S 4 iVm ON 574). Auf Basis dieser – von der Beschwerdeführerin nicht nach den Kriterien der Z 5 oder 5a bekämpften – Sachverhaltsannahmen erweist sich die kritisierte Verlesung als rechtskonform (13 Os 85/10i; RIS‑Justiz RS0118016).

Die Mängelrüge (Z 5) bezieht sich mit ihrer Kritik an der zu 1 getroffenen Feststellung, die Beschwerdeführerin habe „den restlichen Betrag“ von 35.000 Euro für sich behalten (US 6), nicht auf eine entscheidende Tatsache (vgl aber RIS‑Justiz RS0117499). Denn der gegenständliche Vorwurf beruht (allein) auf der Feststellung, die (zu Unrecht geltend gemachte) Vorsteuer resultiere aus einer „Scheinrechnung“ (US 5 f; vgl dazu § 12 Abs 1 Z 1 lit a UStG und RIS‑Justiz RS0117415).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, weshalb es für das vom Schuldspruch 1 umfasste Finanzvergehen entscheidend sein soll, dass die Beschwerdeführerin (wie festgestellt) dem Aussteller der Scheinrechnung einen Betrag in Höhe der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuer bezahlte (US 6).

Soweit sie vorsätzliches Handeln bestreitet, vernachlässigt die weitere Rüge die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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