OGH 2Ob49/20z

OGH2Ob49/20z29.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** J*****, vertreten durch Mag. Rudolf Siegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. I***** KEG, *****, und 2. I***** K*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2020, GZ 40 R 266/19t‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00049.20Z.0629.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob den Mieter, der nach Einbringung der Klage den geschuldeten Betrag entrichtet, am Zahlungsrückstand grobes Verschulden trifft (§ 33 Abs 2 MRG), ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die Revision ist nur dann zulässig, wenn das Berufungsgericht den ihm bei der Beurteilung des groben Verschuldens eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat (RS0042773 [T2, T3]).

Eine solche Fehlbeurteilung zeigt die außerordentliche Revision nicht auf:

1. Im Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 3./4. 4. 2019 bestanden Mietzinsrückstände für das vermietete Geschäftslokal für die Monate August 2018, September 2018, November 2018 bis Jänner 2019 und März 2019, welche die beklagten Parteien erst durch mehrere Zahlungen zwischen April 2019 und Juli 2019 beglichen.

2. Dass sie kein grobes Verschulden am Zahlungsrückstand treffe, begründeten die beklagten Parteien in erster Instanz lediglich mit nicht näher dargelegten Umsatzeinbußen wegen vor dem Geschäftslokal stattgefundener Straßenarbeiten im Zeitraum 28. 4. 2018 bis 21. 5. 2018 sowie während weiterer zwei Wochen und im Jahr 2018 eingetretener und ebenfalls nicht näher konkretisierter „drei Wasserschäden“.

3. Für die in der Klage geltend gemachten Mietzinsrückstände lag ein rechtskräftiger Zahlungsbefehl vor. Ungeachtet des Umstands, dass sich die beklagten Parteien in ihrer Berufung auf das Bestehen eines Mietzinsminderungsanspruchs gar nicht gestützt haben, könnte ein solcher für diese Zeiträume daher schon deshalb nicht geltend gemacht werden. Ob wegen des behaupteten weiteren Wasserschadens im Juni 2019 ein Mietzinsminderungsanspruch bestand, ist für die Beurteilung des Zahlungsrückstands für die vorangegangenen Zinsperioden nicht relevant.

4. Finanzielle Schwierigkeiten allein entlasten den Mieter nicht. Toleriert werden kann in der Regel nur eine Verspätung von wenigen Tagen oder wegen vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten (3 Ob 112/17t; RS0070310). Weshalb durch die behaupteten Umstände die Mietzinsrückstände für die klagsgegenständlichen Zeiträume nicht bezahlt werden konnten, wurde von den beklagten Parteien trotz mehrfacher Aufforderung nicht näher dargelegt.

5. Die Ansicht des Berufungsgerichts, mangels ausreichender Konkretisierung des entschuldigenden Sachverhalts gehe jeder Zweifel zu Lasten der beklagten Parteien (RS0069316 [T4]), sodass im Bestehen eines erheblichen Mietzinsrückstands über einen Zeitraum von zumindest sechs Monaten ein grobes Verschulden liege, findet Deckung in der zitierten Rechtsprechung.

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