OGH 5Ob20/20g

OGH5Ob20/20g23.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. A* GmbH, *, 2. Marktgemeinde P*, 3. R* registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *, alle vertreten durch Mag. Jürgen Payer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Grundbuchshandlungen ob EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 10. Dezember 2019, AZ 17 R 124/19k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 4. Oktober 2019, TZ 9526/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129109

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Zweitantragstellerin ist eine Marktgemeinde in Niederösterreich und Alleineigentümerin der EZ * KG *. Zu dieser EZ gehört (ua) das Grundstück Nr 189, auf dem sich ein Zinshaus mit acht Wohneinheiten befindet.

Am 25. 7. 2019 schloss die Zweitantragstellerin mit der Erstantragstellerin einen Kaufvertrag über dieses Grundstück. Der Gesamtkaufpreis beträgt 430.000 EUR. Punkt 2. dieses Kaufvertrags lautet auszugsweise wie folgt:

„2. Kaufobjekt/Grundbuchstand/Aufschiebende Bedingung

[…]

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 90 der NÖ Gemeindeordnung 1973 erklären die diesen Kaufvertrag unterfertigenden Vertreter der Verkäuferin an Eides statt, dass der unter Punkt 3. vereinbarte Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreitet, was durch das Bewertungsgutachten der gerichtlich beeideten S* Sachverständigen KG vom 21. 07. 2018 vor Beschlussfassung des Gemeinderats über die Genehmigung des Abschlusses dieses Kaufvertrags nachgewiesen wurde, sodass die Maßnahme der Erteilung der Genehmigung der NÖ Landesregierung gemäß § 90 Abs 4 Z 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973 nicht bedarf.“

 

In dem zu Punkt 2. des Kaufvertrags genannten Bewertungsgutachten wurde der Verkehrswert des Grundstücks mit 469.000 EUR ermittelt. Zu den allgemeinen Grundlagen für die Bewertung findet sich in dem Gutachten unter „Sonstige Anmerkungen“ folgender Hinweis:

„Unter Bezugnahme auf die ÖNORM B 1802 nimmt der Sachverständige seine Hinweispflicht insofern wahr, indem darauf hingewiesen wird, dass der nachstehend ausgewiesene Verkehrswert einer Schätztoleranz von +/- 15 % unterliegt.“

In einem am 25. 9. 2019 erstellten „Nachtrag zum Kaufvertrag vom 16. 07. 2019 und 25. 07. 2019“ hielt der Antragstellervertreter namens der Erst- und Zweitantragstellerin zu Punkt 1. Folgendes fest:

„1. Präzisierung des Kaufgegenstandes

im Hinblick auf § 90 NÖ Gemeindeordnung

Punkt 2. des eingangs genannten Kaufvertrages [...] wird um folgenden Absatz ergänzt:

'Dem Vertrag wird das Bewertungsgutachten der S* Sachverständigen KG [...] vom 21. 7. 2018 als Blg ./A beigeschlossen. Zwischen den Parteien wird einvernehmlich festgehalten und hervorgehoben, dass der Bewertungsstichtag des Gutachtens der Tag der Befundaufnahme, der 11. 7. 2018, ist. Der Zustand des im Gutachten bewerteten Kaufobjekts hat sich seitdem verschlechtert, da es März 2019 – nicht wie geplant – zu einer Generalsanierung der Wohnungen kam. Ebenso ist die Freimachung der Wohnungen ausständig (vgl Punkt B.8. des Gutachtens). Im Hinblick auf diese Umstände sowie die Ausführungen des Gutachtens auf S. 4 (Sonstige Anmerkung) mit dem Verweis auf die ÖNORM B 1802, dass der im Gutachten ausgewiesene Verkehrswert einer Schätztoleranz von +/- 15 % unterliegt, halten die Parteien fest, dass der unter Punkt 3. ersichtliche Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreitet.' [...]“

 

Die Antragsteller begehrten unter Vorlage des Kaufvertrags vom 25. 7. 2019, der Pfandurkunde vom 2. 9. 2019, des Nachtrags zum Kaufvertrag vom 25. 9. 2019 sowie des Bewertungsgutachtens vom 21. 7. 2019 a) die Eröffnung einer neuen EZ, b) die Abschreibung des Grundstücks Nr 189 aus der EZ * KG * und dessen Zuschreibung zur neu eröffneten EZ, c) die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Erstantragstellerin ob der neuen EZ und d) die Einverleibung eines Höchstbetragspfandrechts zugunsten der Drittantragstellerin ob der neuen EZ.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Gemäß § 90 Abs 1 NÖ GO sei die Veräußerung von unbeweglichem Vermögen einer Gemeinde an die Genehmigung der Landesregierung gebunden. Das gelte zwar gemäß § 90 Abs 4 NÖ GO dann nicht, wenn der Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreite. Dies müsse aber durch ein Gutachten eines Amtssachverständigen oder eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vor Beschlussfassung nachgewiesen werden. Laut dem vorgelegten Bewertungsgutachten betrage der Verkehrswert des Grundstücks 469.000 EUR. Der vereinbarte Kaufpreis von 430.000 EUR liege also unter dem Verkehrswert.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragstellerin nicht Folge. Die Genehmigung nach § 90 Abs 1 NÖ GO könne nur von der zuständigen Landesregierung erteilt und nicht durch eine Entscheidung des Gerichts ersetzt werden. Das Grundbuchsgericht habe zwar die Vorfrage zu beurteilen, ob überhaupt eine Genehmigungspflicht nach § 90 Abs 1 und 4 NÖ GO in Betracht komme. Durch diese Entscheidung dürfe aber der Zweck des § 90 Abs 1 NÖ GO nicht unterlaufen werden. Für eine abschließende Beurteilung der Genehmigungspflicht durch das Grundbuchsgericht bestehe mangels Entscheidungskompetenz kein Raum. Vergleichbar mit den Fällen, in denen die Eintragung im Grundbuch vom Erfordernis einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhänge, habe das Grundbuchsgericht daher keine Möglichkeit, allfällige Zweifel am Erfordernis einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung auszuräumen. Den Zweifeln an der Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbs habe das Grundbuchsgericht vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass es die Verbücherung von der Vorlage eines Genehmigungsbescheids der Behörde oder einer sonst die Zweifel beseitigenden Bestätigung abhängig mache. Dafür genüge, dass es nicht denkunmöglich sei, dass kein Ausnahmefall iSd § 90 Abs 4 Z 1 NÖ GO vorliege. Aufgrund des vorgelegten Bewertungsgutachtens könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der Kaufpreis den ortsüblichen Preis unterschreite. In diesem Bewertungsgutachten sei der Verkehrswert des Grundstücks mit 490.000 EUR ermittelt worden. Dass der Sachverständige dabei eine Schätztoleranz von +/- 15 % angenommen habe, bedeute, dass der vereinbarte Kaufpreis sogar noch deutlicher unter dem Verkehrswert liegen könne, als vom Erstgericht angenommen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Frage, ob und inwieweit das Grundbuchsgericht eine Genehmigungspflicht nach § 90 NÖ GO zu prüfen habe, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Erstantragstellerin mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen abzuändern und die begehrten Grundbuchshandlungen zu bewilligen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1.1. Gemäß § 90 Abs 1 Z 1 Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973 (NÖ GO) ist (ua) die Veräußerung von unbeweglichem Vermögen durch eine Gemeinde grundsätzlich an die Genehmigung der Landesregierung gebunden.

1.2. Die Veräußerung von unbeweglichem Vermögen durch eine Gemeinde bedarf dann keiner Genehmigung, wenn der Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreitet. Dies muss durch ein Gutachten eines Amtssachverständigen oder eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vor Beschlussfassung (des Gemeinderats) nachgewiesen werden (§ 90 Abs 4 Z 1 NÖ GO).

1.3. Beschlüsse des Gemeinderats, durch die nach § 90 Abs 1 Z 1 NÖ GO genehmigungspflichtige Maßnahmen getroffen werden, werden erst mit der Genehmigung rechtswirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt entsteht für die Gemeinde keine Leistungspflicht. Die Gemeinde haftet auch nicht für einen Schaden, der nur deswegen eingetreten ist, weil die Landesregierung die Genehmigung versagt hat (§ 90 Abs 3 NÖ GO). Die Bestimmung des § 90 NÖ GO ist daher nicht bloß eine interne Verwaltungsvorschrift, sondern macht die Rechtswirksamkeit der Veräußerung von Liegenschaften durch die Gemeinde von der Genehmigung der Landesregierung abhängig (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 162).

2.1. Die von der Landesregierung im Rahmen der Aufsicht über die Gemeinden zu erteilende Genehmigung nach § 90 NÖ GO ist eine Suspensivbedingung; im Hinblick auf die ausdrückliche gesetzliche Anordnung in dessen Abs 3 entfaltet der Vertrag erst durch die Erfüllung dieser Bedingung volle Rechtswirksamkeit; bis dahin besteht ein Schwebezustand (vgl RS0038627 [grundverkehrsrechtliche Bewilligung]). Der Schwebezustand dauert solange, bis die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt wird, dass das Geschäft keiner Genehmigung bedarf (RS0038627 [T25]).

2.2. Wenn das eine Liegenschaft betreffende Rechtsgeschäft einer solchen Genehmigungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde unterliegt, ist die Zulässigkeit einer Eintragung durch das Grundbuchsgericht von der Vorlage entsprechender Urkunden abhängig. Ohne Vorlage der verwaltungsbehördlichen Genehmigung oder eines Bescheids, aus dem hervorgeht, dass der zu verbüchernde Erwerbsvorgang keiner behördlichen Genehmigung bedarf („Negativbestätigung“), darf das Grundbuchsgericht die Einverleibung des grundsätzlich genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs nicht bewilligen (vgl RS0127001; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 133/3; Rassi, Grundbuchsrecht³ Rz 7.7 [jeweils zur grundverkehrsrechtlichen Bewilligung]).

2.3. Ganz grundsätzlich gilt, dass Gerichte an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden, mit welchen eine für den Zivilrechtsstreit maßgebliche Vorfrage entschieden wurde, gebunden sind, und zwar selbst dann, wenn diese Bescheide fehlerhaft (gesetzwidrig) sein sollten (RS0036981; RS0036975; RS0036880; RS0036864). Das Grundbuchsgericht ist daher in Fällen, in denen ein Rechtserwerb eine verwaltungsbehördliche Genehmigung voraussetzt, an die Entscheidung der Verwaltungsbehörde über die Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung ebenso gebunden wie an die Verneinung eines Genehmigungserfordernisses (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 116 mwN [zur grundverkehrsrechtlichen Bewilligung]).

3.1. Von der fehlenden Kompetenz des Grundbuchsgerichts, die Voraussetzungen für eine verwaltungsbehördliche Genehmigung inhaltlich zu prüfen, ist die Frage zu unterscheiden, ob das Gericht als Vorfrage selbständig beurteilen darf und muss, ob für den der begehrten Eintragung zugrunde liegenden Rechtserwerb ein solches Genehmigungserfordernis besteht.

3.2. Das Rekursgericht weist zutreffend darauf hin, dass die Genehmigungsbedürftigkeit iSd § 90 NÖ GO mit jenen Fällen vergleichbar ist, in denen die Eintragung im Grundbuch vom Erfordernis einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhängt. Das landesgesetzliche Grundverkehrsrecht schränkt dabei die dem Grundbuchsgericht grundsätzlich zukommende umfassende Vorfragenbeurteilung in der Regel ein. Weist ein Grund-verkehrsgesetz ausschließlich der Grundverkehrsbehörde die Beurteilung zu, ob es sich um ein von der Genehmigungspflicht umfasstes Rechtsgeschäft handelt, kommt dem Gericht insoweit keine Entscheidungsbefugnis zu. Soweit die Grundverkehrsbehörde etwa auf Antrag einer Partei mit Bescheid festzustellen hat, ob ein Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht und bei Ausnahmen von der Genehmigungspflicht eine Negativbestätigung auszustellen hat, wird damit die Frage, ob ein Grundstück den Verkehrsbeschränkungen unterliegt, allein der Grundverkehrsbehörde vorbehalten und der Entscheidungskompetenz des Grundbuchsgerichts entzogen (RS0060508; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 135/2 mwN; Rassi, Grundbuchsrecht³ Rz 7.13 mwN). Die Voraussetzungen der Genehmigungsbedürftigkeit sind dann allein von der Behörde zu beurteilen. Das gilt insbesondere für die Frage, ob eine Ausnahmebestimmung greift (RS0081755 [T2, T5]; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 135/1 mwN). Zwar bestehen teilweise Ausnahmen. In allen Fällen gilt jedoch, dass im Zweifelsfall die Grundverkehrsbehörde zu befassen ist, wenn diese im Rahmen des Grundbuchsverfahrens als reines Urkundenverfahren und der damit beschränkten Kognition nicht ausgeräumt werden können (RS0081755 [T3, T4]; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 135/1 mwN). Unklarheiten über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Rechtserwerbs hat das Gericht dadurch Rechnung zu tragen, dass es die Verbücherung von der Vorlage eines Genehmigungsbescheids der Grundverkehrsbehörde oder einer sonst die Zweifel beseitigenden Bestätigung abhängig macht (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 135/2 mwN; Rassi,Grundbuchsrecht³Rz 7.12).

3.3. Eine Befassung der Landesregierung im Zusammenhang mit der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 90 NÖ GO (nur) zur Erwirkung eines negativen Feststellungsbescheids ist gesetzlich nicht vorgesehen. Daher ist die Frage, ob überhaupt eine Genehmigungspflicht nach § 90 Abs 1 Z 1 und 4 NÖ GO in Betracht kommt, zwar grundsätzlich eine vom Grundbuchsgericht zu beurteilende Vorfrage. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass durch die Entscheidung des Grundbuchsgerichts der Zweck dieses Genehmigungsvorbehalts nicht unterlaufen wird. Die Genehmigung nach dieser Gesetzesstelle kann als rechtsgestaltende Entscheidung nur von der zuständigen Landesregierung getroffen und nicht von einer Entscheidung des Gerichts im Weg der Vorfragebeurteilung ersetzt werden. Das Grundbuchgericht hat daher auch hier keine Möglichkeit, allfällige Zweifel am Erfordernis einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 90 NÖ GO auszuräumen; es hat den Zweifeln an der Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbs vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass es die Verbücherung von der Vorlage eines Genehmigungsbescheids der Landesregierung oder einer sonst die Zweifel beseitigenden Bestätigung abhängig macht. Ist die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 90 Abs 1 Z 1 NÖ GO (insbesondere mangels Möglichkeit der Subsumtion des beurteilenden Sachverhalts unter den Ausnahmetatbestand des § 90 Abs 4 Z 1 NÖ GO) nicht denkunmöglich, besteht für deren abschließende Klärung durch das Grundbuchsgericht kein Raum (vgl 6 Ob 73/14z [§ 71 Stmk GO/Firmenbuch]).

4.1. Die Erstantragstellerin bestreitet die Genehmigungsbedürftigkeit unter Berufung auf § 90 Abs 4 Z 1 NÖ GO. Entgegen deren Behauptung ist aber (zumindest) zu bezweifeln, dass der vorliegende Sachverhalt diesen Ausnahmetatbestand erfüllt.

4.2. Nach § 90 Abs 4 Z 1 NÖ GO bedarf die Veräußerung von unbeweglichen Vermögen dann keiner Genehmigung, wenn durch ein Gutachten eines Amtssachverständigen oder eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vor Beschlussfassung [des Gemeinderats] nachgewiesen wurde, dass der Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreitet. In dem Bewertungsgutachten, dass hier dem Gemeinderat zum Nachweis vorgelegt worden sein soll, ist ein Verkehrswert ausgewiesen, der deutlich über dem vereinbarten Kaufpreis liegt. Der in § 90 Abs 4 Z 1 NÖ GO geforderte Nachweis wurde damit jedenfalls nicht erbracht. Entgegen der Behauptung der Revisionsrekurswerberin weist dieses Gutachten einen konkreten Betrag als Verkehrswert und keinen „Verkehrswert mit Schätztoleranz“ im Sinn einer Bandbreite von als ortsüblich anzusehenden Preisen aus. Der allgemeine Hinweis des Sachverständigen, dass der von ihm bestimmte Verkehrswert einer Schätztoleranz von +/- 15 % unterliegt, ändert nichts an seiner gutachterlichen Aussage. Dieser hat sich seiner Aufgabe entsprechend auf einen konkreten Wert festgelegt. Mit dieser Bemerkung folgte der Sachverständige lediglich der Empfehlung der ÖNORM B 1802, den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass das Ergebnis der Bewertung angesichts der Unsicherheit einzelner in die Bewertung einfließender Faktoren, insbesondere der Notwendigkeit, auf Erfahrungswerte zurückzugreifen und Annahmen zu treffen, keine mit mathematischer Exaktheit feststehende Größe ist und er als Gutachter nach bestem Wissen einen eindeutigen Wert anzugeben hat (ÖNORM B 1802-1:2019-07 [Punkt 4.4 Genauigkeitsanforderungen; Hinweispflicht]). Auch der Nachtrag zum Kaufvertrag beseitigte die Zweifel über das aufsichtsbehördliche Genehmigungserfordernis nicht.

4.3. Mangels Vorliegens der (nicht zweifelsfrei entbehrlichen) aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 90 NÖ GO darf auch die Vormerkung nicht bewilligt werden (RS0060311; RS0006932 [jeweils zur grundverkehrsrechtlichen Genehmigung]). Bei Fehlen der erforderlichen Genehmigung wäre das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam und der auch für die Vormerkung notwendige gültige Rechtsgrund (§ 26 Abs 2 GBG iVm § 35 GBG) nicht nachgewiesen (RS0060427 [zur grundverkehrsrechtlichen Genehmigung]).

5. Zusammengefasst erfolgte die Abweisung des Gesuchs der Antragsteller zu Recht. Dem Revisionsrekurs musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

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