OGH 10Ob84/19d

OGH10Ob84/19d26.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in Graz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Christiane Hoja‑Trattnig, Rechtsanwältin in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Univ.‑Prof. Dr. Gernot Murko, Mag. Christian Bauer, Mag. Gerlinde Murko und Mag. Daniel Klatzer, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 20.110,70 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 23. September 2019, GZ 2 R 135/19v‑16, mit dem über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 17. Juli 2019, GZ 21 Cg 17/19p‑12, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0100OB00084.19D.0526.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.332,54 EUR (darin enthalten 222,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt als Versicherer, gestützt auf § 67 Abs 1 VersVG, von der Beklagten die Zahlung von Schadenersatz. Gegenstand des Rekursverfahrens ist die von der Beklagten bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin, die nach ihren Behauptungen auf sie übergegangene Schadenersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin geltend macht.

Im Jahr 2011 wurden im Bereich der Küche des von der damaligen B*****gesellschaft mbH (in der Folge: Hotel GmbH alt) betriebenen Hotels „F*****“ Umbau‑ und Erweiterungsarbeiten durchgeführt. Die Beklagte wurde von der Hotel GmbH alt mit der Durchführung der Planungs‑ und Fachbauanleitungsarbeiten beauftragt. Ausführendes Installationsunternehmen war die Nebenintervenientin. Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****3 GB *****, auf der das Hotel betrieben wurde, und einer weiteren Liegenschaft war zum damaligen Zeitpunkt nach dem nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten die H***** Leasing GmbH.

Zum damaligen Zeitpunkt war die Klägerin Gebäudeversicherer der Betreiberin des Hotels, der Hotel GmbH alt. Vom Versicherungsschutz umfasst war unter anderem das Risiko Leitungswasser.

Nicht strittig ist zwischen den Parteien, dass die Hotel GmbH alt mit Kaufvertrag vom 20. 12. 2013 die Liegenschaften mit den darauf befindlichen (Hotel‑)Gebäuden von der H***** Leasing GmbH kaufte.

Am 3. 7. 2014 beschloss die Generalversammlung der Hotel GmbH alt als übertragende Gesellschaft die Abspaltung zur Neugründung der B*****gesellschaft mbH (in der Folge: Hotel GmbH neu) als übernehmender Gesellschaft. Der von der Hotel GmbH alt geführte Hotelbetrieb wurde mit allen Rechten und Pflichten sowie Aktiven und Passiven zum Stichtag 31. 10. 2013 auf die Hotel GmbH neu übertragen. Die Markenrechte an der Wortmarke „F*****“, die Gästekartei und das Eigentum an den beiden Liegenschaften verblieben bei der Hotel GmbH alt. Die Hotel GmbH alt wurde unter einem umbenannt auf B***** GmbH (in der Folge: Besitz GmbH).

Nicht strittig ist zwischen den Parteien, dass es im Jahr 2016 zu einem Schadensfall durch Leitungswasserschäden im Bereich der 2011 im Boden der Hotelküche verlegten Rohre kam.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz in Höhe von 20.110,70 EUR. Sie sei Leitungswasserversicherer des Objekts der Besitz GmbH, ihrer Versicherungsnehmerin. Aufgrund des Schadensfalls vom 26. 7. 2016 habe sie vertragsgemäß 22.973,08 EUR zahlen müssen. Mit der Zahlung seien die Schadenersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte im Weg der Legalzession (§ 67 Abs 1 VersVG) auf sie übergegangen. Sie sei berechtigt, die Ansprüche auf Zeitwertbasis in Höhe von 20.110,70 EUR gegen die Beklagte geltend zu machen. Die Beklagte habe in den Jahren 2009/2010 die Planung der Hausinstallation sowie die örtliche Bauaufsicht im Auftrag der Versicherungsnehmerin übernommen. Entgegen der ursprünglichen Ausschreibung seien C‑Stahlrohre verlegt worden, die nicht ausreichend gegen Korrosion geschützt gewesen seien. Die etwa sechs Jahre nach Verlegung aufgetretenen Korrosionsschäden habe die Beklagte zu verantworten.

Da es sich in erster Linie um Gebäudeschäden gehandelt habe, sei die Zahlung aus dem Versicherungsvertrag Leitungswasserschaden/Gebäude geleistet worden. Infolge der Aufspaltung der Gesellschaft habe es keiner weiteren Übertragungen oder Rechtsgründe bedurft, um die Haftung aus dem Werkvertrag zwischen der Auftraggeberin und der Beklagten geltend machen zu können. Der Versicherungsvertrag zwischen der Hotel GmbH alt und der Beklagten entfalte auch Schutzwirkungen zugunsten des Eigentümers des Gebäudes.

Die Beklagte wandte die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin ein. Sie sei in keiner vertraglichen Beziehung zur Besitz GmbH gestanden. Vertragliche Ansprüche könnten daher – mangels Vertragsverhältnis zwischen der Besitz GmbH und der Beklagten – nicht existieren. Im Jahr 2011 sei die Hotel GmbH alt nicht Liegenschaftseigentümerin gewesen. Auch mit der damaligen Liegenschaftseigentümerin sei die Beklagte in keiner vertraglichen Beziehung gestanden. Die damalige Liegenschaftseigentümerin könnte höchstens deliktische Ansprüche erworben haben, solche würden aber nicht geltend gemacht. Der Hotelbetrieb sei in die Hotel GmbH neu abgespalten worden, der allein vertragliche Ansprüche gegen die beklagte Partei zustehen könnten. Die Klägerin stütze ihren Anspruch jedoch auf eine Zahlung aus dem Versicherungsvertrag mit der Besitz GmbH. Schon allein deshalb, weil deckungsgleiche Ansprüche der Hotel GmbH neu gegen die beklagte Partei bestünden, komme ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter nicht als Anspruchsgrundlage in Frage. Die Ursache des behaupteten Wasserschadens liege im Übrigen nicht in der Sphäre der Beklagten.

Die Nebenintervenientin brachte vor, dass sie die Installationsarbeiten im Jahr 2011 auftragsgemäß und unter Einhaltung der Projekt‑ und Ausschreibungsunterlagen durchgeführt habe. Sie habe keine Warnpflicht verletzt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Rohrverlegungsarbeiten im Jahr 2011 seien im Bereich der Hotelküche erbracht worden, daher für den Hotelbetrieb. Der Hotelbetrieb sei bei der Abspaltung auf die Hotel GmbH neu übergegangen. Nur diese habe als Geschädigte einen allfälligen Ersatzanspruch gegen die Beklagte, den die Klägerin gemäß § 67 VersVG geltend machen könnte, nicht jedoch die Besitz GmbH. Der Vertrag zwischen der Hotel GmbH neu und der Beklagten entfalte keine Schutzwirkungen zugunsten der Besitz GmbH.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob die Entscheidung des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der Wasserschaden sei im Gebäude eingetreten, daher sei er dem Eigentümer der Liegenschaft entstanden. Die für das Hotel erbrachten Arbeiten seien insofern auch als Arbeiten für die Liegenschaft anzusehen. Der Schadenersatzanspruch sei nach der Abspaltung der Besitz GmbH als Liegenschaftseigentümerin zugestanden. Die Klägerin habe die Schadenszahlung aus dem Versicherungsvertrag der Besitz GmbH mit dem versicherten Risiko Leitungswasserschaden/Gebäude erbracht, sodass ihre Aktivlegitimation zu bejahen sei. Dass die Liegenschaft zum Zeitpunkt der Herbeiführung des Schadens nicht im Eigentum der Hotel GmbH alt gestanden sei, schade nicht, weil diese im Jahr 2013 Eigentümerin der Liegenschaft geworden sei. Die (ursprüngliche) Vertragspartnerin der Beklagten und die Liegenschaftseigentümerin seien ident geworden, sodass es keiner vertraglichen Überbindung von Schadenersatzansprüchen bedurft habe.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zur Klarstellung zulässig. Es erscheine die Rechtsauffassung vertretbar, der Schaden wäre vor dem Kauf der Liegenschaft durch die Hotel GmbH alt bei der damaligen Liegenschaftseigentümerin eingetreten. Die Käuferin hätte daher eine mangelhafte Sache erworben, sodass ihr kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe.

Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet sich der von der Klägerin beantwortete Rekurs der Beklagten, mit dem sie die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässig.

Die Rekurswerberin macht geltend, dass die behaupteten Ansprüche der Hotel GmbH alt nicht auf die Besitz GmbH übergegangen seien. Diese habe den Hotelbetrieb nicht erworben. Zentral stelle sich nicht die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, weil diese voraussetze, dass die Ansprüche aus dem Werkvertrag „an der Liegenschaft“ haften würden, was nicht der Fall sei. Maßgeblich sei vielmehr die Frage, ob die Ansprüche aus dem Werkvertrag zwischen der Hotel GmbH alt und der Beklagten auf die Besitz GmbH übergegangen sei. Dies sei zu verneinen. 2011 sei die damalige Liegenschaftseigentümerin nicht Leistungsempfängerin geworden. Wenn doch, hätte sie höchstens deliktische Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte erwerben können, die aber nicht Gegenstand des Verfahrens seien. Die allein gegenständlichen Ansprüche aus dem Werkvertrag seien bei der Abspaltung auf die Hotel GmbH neu übergegangen. Die Besitz GmbH sei niemals Eigentümerin des Vermögens des Hotelbetriebs geworden.

Dem ist entgegenzuhalten:

1. § 67 Abs 1 VersVG normiert, dass ein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten auf den Versicherer übergeht, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Durch den Forderungsübergang ändert sich die Rechtsnatur des Anspruchs nicht (10 Ob 4/18p mwN ua). Entscheidend für den Rechtsübergang ist die tatsächliche Leistung an den Versicherungsnehmer (RS0081396). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen, sie werden im Rekursverfahren nicht in Frage gestellt.

2. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage spricht die Rekurswerberin ausdrücklich nicht an, sodass es damit keiner weiteren Auseinandersetzung bedarf.

3. Der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich der von den im Boden verlegten Rohren ausgehende Schaden am Hotelgebäude und daher an der Liegenschaft ereignet habe (§ 297 ABGB), tritt die Rekurswerberin nicht entgegen.

4. Den Werkvertrag mit der beklagten Partei hat die seinerzeitige Hotel GmbH alt und nunmehrige Besitz GmbH geschlossen. Allfällige aus dem Vertragsverhältnis resultierende Schadenersatzansprüche, die auf die Klägerin übergegangen sind, standen daher bis zum Forderungsübergang der Besitz GmbH zu, sofern sich nichts anderes aus der Abspaltung der Hotel GmbH neu ergibt.

5. Unstrittig war die Hotel GmbH alt = Besitz GmbH zur Zeit der von ihr beauftragten Umbau‑ und Erweiterungsarbeiten im Jahr 2011 bei der klagenden Partei gegen das Risiko Leitungswasser versichert. Diese Versicherung blieb aufrecht, als die damalige Hotel GmbH alt im Dezember 2013 das Eigentum an den Liegenschaften von der vormaligen Leasinggeberin, der H***** Leasing GmbH übernahm (siehe Punkt 4.1. des Kaufvertrags).

Im Zuge der Abspaltung verblieben die Liegenschaften im Eigentum der Hotel GmbH alt = Besitz GmbH.

6. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass demnach die – aus dem Werkvertrag mit der beklagten Partei resultierenden – (allfälligen) Schadenersatzansprüche aus der Beschädigung des Gebäudes (bis zur Legalzession) der Besitz GmbH – und nicht der Hotel GmbH neu – zustanden, weshalb die Aktivlegitimation der Klägerin zu Recht bejaht wurde.

7. Zusammenfassend ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die behaupteten Schadenersatzansprüche, die aus dem Werkvertrag zwischen der Hotel GmbH alt und der Beklagten hervorgehen, auch nach der Spaltung bei der Hotel GmbH alt = Besitz‑GmbH verblieben seien, sodass sie im Weg der Legalzession gemäß § 67 Abs 1 VersVG auf die Klägerin übergehen konnten, nicht korrekturbedürftig.

8. Das Berufungsgericht hat die in der Berufung der Klägerin als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz gerügte Unterlassung der Einvernahme zweier Zeugen ohnehin verneint. Auf die davon abweichenden Ausführungen der Rekurswerberin, wonach das Berufungsgericht einen solchen Mangel zu Unrecht angenommen hätte, ist daher nicht einzugehen.

9. Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht nicht zu beanstanden, so kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob sich die vom Berufungsgericht angeordnete Ergänzung des Verfahrens oder der Feststellungen tatsächlich als notwendig erweist (RIS‑Justiz RS0042179; A. Kodek in Rechberger 5 §

 519 ZPO Rz 26).

10. Der Rekurs ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) gemäß § 526 Abs 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.

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