OGH 4Ob41/20p

OGH4Ob41/20p22.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin P***** GmbH, *****, vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Beklagte Dr. H***** K*****, vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zuhaltung eines Vertrags (Streitwert 180.301,29 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Jänner 2020, GZ 11 R 193/19m‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00041.20P.0422.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Beklagte räumte der Klägerin im August 2018 mittels Optionsvertrags das alleinige und unbeschränkte Recht ein, ihre Liegenschaft um 2,9 Mio EUR zu kaufen. Die Annahmefrist endete am 9. 10. 2018. Die Klägerin sandte ihre Annahmeerklärung an diesem Tag per E‑Mail an den Immobilienmakler, die Beklagte erhielt davon noch am selben Tag Kenntnis und wurde an diesem Tag auch vom Geschäftsführer der Klägerin darüber informiert. Ein alternatives Angebot der Klägerin, die Liegenschaft um 2,8 Mio EUR lastenfrei zu kaufen, erreichte die Beklagte erst nach Ablauf der Optionsfrist und sie nahm dieses Angebot nicht an. In Bezug auf ihre Liegenschaft bestehen befristete Mietverträge. Dies war der Klägerin bei Abschluss des Optionsvertrags bewusst. Sie rechnete damit, dass die Mietverträge in den nächsten zwei bis drei Jahren auslaufen würden und dass danach das Gebäude abgerissen und neu errichtet werden könne. Weiters besteht ein Vorkaufsrecht einer Mieterin für die Dauer des Bestandverhältnisses, das nicht grundbücherlich sichergestellt ist. Die Kenntnis der Klägerin von diesem Vorkaufsrecht konnte nicht festgestellt werden. Letztlich verweigerte die Beklagte den Abschluss eines Kaufvertrags gemäß dem Inhalt des Optionsvertrags.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte zu verpflichten, den Kaufvertrag gemäß dem Optionsvertrag in grundbuchsfähiger Form zu unterfertigen. Die Klägerin habe die ihr eingeräumte Kaufoption ausgeübt.

Die Beklagte wendete die Verfristung der Optionsannahme ein. Überdies enthalte der Optionsvertrag keine Einigung über wesentliche Kaufvertragsbedingungen (wie etwa zur bestehenden vollständigen Vermietung), und schließlich sei der Verkauf nur unter der Bedingung der Nichtausübung des Vorkaufsrechts seitens der Mieterin möglich.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. In der Optionsvereinbarung seien die für den zu unterfertigenden Kaufvertrag wesentlichen Vertragsbestimmungen, nämlich Kaufgegenstand und Preis (eine Regelung über die bestehenden Mietverträge gehöre nicht dazu), enthalten gewesen, die Annahme der Option und deren Zugang seien rechtzeitig erfolgt. Das nachträglich gestellte Kaufanbot der Klägerin, das von der Beklagten nicht angenommen worden sei, habe auf die Wirksamkeit der abgeschlossenen Optionsvereinbarung keinen Einfluss, das nicht verbücherte Vorkaufsrecht der Mieterin sei im hier gegebenen Zusammenhang irrelevant.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Beklagte keine erheblichen Rechtsfragen auf. Die Revision ist daher nicht zulässig.

1.1. Zunächst macht die Revision geltend, eine Kaufoption könne gar nicht wirksam eingeräumt werden, wenn bereits ein Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten bestehe. Nach der Rechtsprechung (1 Ob 653/83, 7 Ob 522/88) gelte ein Vertragsabschluss in Kenntnis des Vorkaufsrechts als unter der Bedingung abgeschlossen, dass vom Vorkaufsrecht kein Gebrauch gemacht werde.

1.2. Damit übergeht das Rechtsmittel die Negativfeststellung, wonach nicht feststellbar war, ob die Klägerin vom Vorkaufsrecht der Mieterin wusste. Ein den zitierten Entscheidungen vergleichbarer Sachverhalt liegt daher nicht vor. Die Möglichkeit, dass die Kaufoption nur aufschiebend bedingt eingeräumt worden wäre, scheidet damit aus. Die Vorinstanzen sind daher vertretbar davon ausgegangen, dass die Kaufoption wirksam eingeräumt wurde und ihr das Vorkaufsrecht der Mieterin nicht entgegenstehen konnte, zumal es nicht verbüchert und die Kenntnis der Klägerin davon nicht feststellbar war.

2.1. Die Revision argumentiert weiters, die Klägerin habe erklärt, die Option nur unter der aufschiebenden Bedingung einer Einigung auf einen konkreten Kaufvertrag wahrzunehmen („... basierend auf den uns vorliegenden Informationen sowie die Einigung auf einen konkreten Kaufvertrag vorausgesetzt ...“); insofern habe sie die Kaufoption nur unter einer aufschiebenden Bedingung angenommen.

2.2. Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, dass die Annahmeerklärung des Geschäftsführers der Klägerin als rechtlicher Laie bei redlicher, vernünftiger Betrachtungsweise nur dahin zu verstehen sei, dass auf eine allfällige Irrtumseinrede nicht verzichtet werde und eine verbücherungsfähige Vertragsurkunde noch zu errichten sei.

2.3. Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042555 [T2]).

2.4. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist vertretbar, weil die Kaufoption bereits die essentialia negotii enthielt und Rechtsfolgen hinsichtlich unwesentlicher Vertragsbestimmungen (wie das Bestehen von Mietverträgen) entweder dem dispositiven Recht zu entnehmen sind oder andernfalls (an dessen Grundsätzen gemessen) nicht zum subjektiven Nachteil gereichen dürfen; zudem hat die Beklagte gegen den Kaufvertrag keine konkreten Einwände erhoben. Auch wenn man, was die Revision verlangt, die Erklärung am Empfängerhorizont misst (RS0014160), ist es vertretbar anzunehmen, dass die Beklagte aufgrund des E‑Mails von einer Annahme der Option ausgehen musste. Auch ihr musste nämlich klar sein, dass eine verbücherungsfähige Vertragsurkunde zu errichten war und sich der Hinweis in der Erklärung der Geschäftsführerin der Klägerin darauf bezog. Maßgebend ist zudem weder allein der Wille des Erklärenden noch die subjektive Auslegung des Erklärungsempfängers, sondern der objektive Empfängerhorizont (RS0014160 [T4, T37]).

2.5. Wenn die Revision ausführt, die Erklärung wäre so zu verstehen, dass die Klägerin nur unter der Bedingung annehmen habe wollen, dass man sich hinsichtlich des Vorkaufsrechts zugunsten einer Mieterin, hinsichtlich der Mietverträge und einer Abbruchgenehmigung einige, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab.

3. Dem Argument der Revision, die Klägerin habe durch Übermittlung eines abweichenden Kaufanbots auf ihr Optionsrecht verzichtet, ist entgegenzuhalten:

Angebot und Annahme sind einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen (RS0014061 [T4]). Nach den Feststellungen erreichte die Beklagte zuerst die Optionsannahmeerklärung, erst danach das alternative Kaufanbot, das nicht angenommen wurde. Schon wegen dieses Zeitablaufs kann letzterem keinerlei Relevanz zukommen und es stellt sich die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage nicht, ob ein während der Optionsfrist abgegebenes Alternativanbot als Verzicht auf die Option zu werten sei.

4. Auch das von der Revision vorgetragene Argument, die Annahmeerklärung gegenüber einem Immobilienmakler, der von der Beklagten nicht bevollmächtigt gewesen sei, entfalte keine Annahmewirkung, übergeht die relevanten Feststellungen, wonach die (an die Beklagte gerichtete) Annahmeerklärung der Beklagten innerhalb der Annahmefrist zuging und die Beklagte auch innerhalb der Frist zusätzlich telefonisch auf die zugegangene Annahmeerklärung hingewiesen wurde. Damit ist der Beklagten die Erklärung jedenfalls rechtzeitig zugegangen. Die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage der mangelnden Vertretungsmacht stellt sich nicht.

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