OGH 10ObS140/19i

OGH10ObS140/19i18.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Gabriele Svirak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Ausgleichszulage, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 29. August 2019, GZ 7 Rs 34/19b‑14, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00140.19I.0218.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Ein Pensionsberechtigter darf grundsätzlich auf Ansprüche mit Einkommenscharakter verzichten. Ein solcher Verzicht ist jedoch bei der Feststellung der Ausgleichszulage dann unbeachtlich, wenn er offenbar den Zweck hatte, den Träger der Ausgleichszulage zu schädigen (RS0038599; RS0085238 [T7]). Ein Rechtsmissbrauch liegt in diesem Zusammenhang bereits dann vor, wenn das unlautere Motiv des Verzichts die lauteren Motive eindeutig überwiegt (RS0038599 [T1]).

1.2. Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage (RS0110900; RS0038599 [T6]).

2.1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Motivation der Klägerin, ihrem geschiedenen Ehemann gegenüber auf Unterhalt zu verzichten, um ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogenem Unterhalt zu entgehen, begründe kein lauteres Motiv, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof im vorliegenden Einzelfall.

2.2. Mit dem Hinweis auf die bei der Klägerin im Verzichtszeitpunkt vorliegende psychische Drucksituation wird angesichts des Umstands, dass die Klägerin in den Vergleichsverhandlungen mit ihrem geschiedenen Ehemann anwaltlich vertreten war und auf die Problematik des Unterhaltsverzichts im Hinblick auf die Ausgleichszulage hingewiesen wurde, keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dargetan.

3.1. Auch mit dem Vorbringen, die Beklagte sei der sie treffenden (vgl RS0038599 [T6]) Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs nicht ausreichend nachgekommen, wird keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dargetan.

3.2. Der Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist (RS0042828 [T3, T13, T16]) und ob sich die Feststellungen im Rahmen des Prozessvorbringens halten (RS0042828 [T22]; vgl RS0037972 [T15]), kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

3.3. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung wird hier nicht aufgezeigt, hat die Beklagte doch bereits in erster Instanz auf die Rechtsprechung zum rechtsmissbräuchlichen Unterhaltsverzicht sowie auf die aufklärungsbedürftigen Hintergründe des Unterhaltsverzichts der Klägerin im Zusammenhang mit der Rückforderung von Unterhalt durch den geschiedenen Ehegatten hingewiesen.

4. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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