OGH 12Os154/19t

OGH12Os154/19t20.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hauer in der Strafvollzugssache des Michael K***** wegen bedingter Entlassung aus der Freiheitsstrafe, AZ 186 BE 185/19i des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 5. November 2019, AZ 21 Bs 335/19x (ON 11), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Schneider, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00154.19T.0120.000

 

Spruch:

 

In der Strafvollzugssache AZ 186 BE 185/19i des Landesgerichts für Strafsachen Wien verletzt der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 5. November 2019, AZ 21 Bs 335/19x (ON 11), § 46 Abs 1 iVm § 48 Abs 1 StGB sowie § 50 Abs 1 StGB.

Die in diesem Beschluss angeordnete Bewährungshilfe und die erteilte Weisung werden ersatzlos aufgehoben.

 

Gründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 10. September 2019, GZ 186 BE 185/19i‑7, wurde die bedingte Entlassung des Michael K***** aus dem Vollzug des unbedingten Teils der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 20. Mai 2019, AZ 161 Hv 37/19w, verhängten Freiheitsstrafe abgelehnt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Beschwerde des Michael K***** gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 5. November 2019, AZ 21 Bs 335/19x (ON 11), Folge und ordnete nach § 46 Abs 1 StGB mit sofortiger Wirkung – jedoch ohne Festsetzung einer Probezeit – die bedingte Entlassung des Strafgefangenen und gemäß § 50 Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB die Bewährungshilfe an. Zugleich wurde Michael K***** nach §§ 50, 51 Abs 3 StGB die Weisung erteilt, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Wien mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe setzt gemäß § 46 Abs 1 StGB zwingend die gleichzeitige Bestimmung einer nach § 48 Abs 1 StGB zu bemessenden Probezeit voraus.

Aufgrund der vom Beschwerdegericht verabsäumten Festsetzung einer Probezeit kommt der unmittelbar in Rechtskraft erwachsenen bedingten Entlassung ohne Bestimmung einer Probezeit die Wirkung einer endgültigen Entlassung zu (RIS‑Justiz RS0119088; Jerabek in WK 2 StGB § 43 Rz 26, § 46 Rz 23).

Da die Anordnung von Bewährungshilfe ebenso wie die Erteilung einer Weisung nach § 50 Abs 1 StGB zwingend eine bedingte Strafnachsicht oder eine bedingte Entlassung aus dem Vollzug einer (hier:) Freiheitsstrafe voraussetzt, verletzen die Anordnung von Bewährungshilfe und die Erteilung der Weisung die genannte Norm.

Das Unterlassen der Festsetzung einer Probezeit gereichte Michael K***** zum Vorteil, sodass es diesbezüglich mit der Feststellung der Gesetzesverletzung sein Bewenden hat (§ 292 vorletzter Satz StPO).

Die unter einem angeordnete Bewährungshilfe und die Erteilung der Weisung waren zur Klarstellung (RIS‑Justiz RS0116270 [T2], RS0116267; Ratz , WK‑StPO § 292 Rz 45 f) zu beseitigen, weil solche Anordnungen höchstens bis zum Ende der Probezeit Geltung haben könnten (§ 50 Abs 3 erster Satz StGB; vgl Schroll in WK 2 StGB § 50 Rz 8), im Fall der – hier im Ergebnis vorliegenden – endgültigen Entlassung jedoch wirkungslos sind.

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