OGH 15Os120/19i

OGH15Os120/19i4.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Dezember 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schrott als Schriftführerin in der Strafsache gegen Istvan K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 9 Hv 105/17z des Landesgerichts St. Pölten, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 16. November 2017 (ON 60) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Stani und des Verteidigers Dr. Perner zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00120.19I.1204.000

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 16. November 2017, GZ 9 Hv 105/17z‑60, verletzt

1./ im Konfiskationsausspruch betreffend die „sichergestellten Beweisgegenstände“ (Notfallhammer, Haube, Handschuhe und Taschenlampe) § 19a Abs 1 StGB,

2./ im Verfallsausspruch § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch der Konfiskation eines Notfallhammers, einer Haube, eines Paares Handschuhe und einer Taschenlampe sowie im Verfallsausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.

 

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 16. November 2017, GZ 9 Hv 105/17z‑60, wurden Istvan K***** und Zsigmond N***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Gemäß § 19a Abs 1 StGB wurden „der PKW Mercedes‑Benz C200 CDI, ungarisches Unterscheidungskennzeichen *****, des Zsigmond N***** sowie die sichergestellten Beweisgegenstände, nämlich ein Notfallhammer (Pos 1 des Standblattes 453/17), eine Haube, ein Paar Handschuhe sowie eine Taschenlampe (Pos 2, 3 und 4 des Standblattes 454/17)“ konfisziert.

Gemäß § 20 Abs 3 StGB wurden die „sichergestellten Bargeldbeträge“ für verfallen erklärt (US 8).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – in Ansehung des Konfiskations‑ und des Verfallsausspruchs mit dem Gesetz nicht im Einklang.

1./ Gemäß § 19a Abs 1 StGB sind vom Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendete Gegenstände zu konfiszieren, wenn sie (neben weiteren Voraussetzungen) zur Zeit der Entscheidung erster Instanz in dessen Eigentum standen. Zwar hat das Gericht (hinreichend deutlich) konstatiert, dass der PKW Mercedes‑Benz C200 CDI im Eigentum des Zsigmond N***** stand (US 8 iVm US 12), jedoch keine Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an den zur Tatausführung verwendeten (US 12, 15) „sichergestellten Beweisgegenständen“ (Notfallhammer, Haube, Handschuhe und Taschenlampe) getroffen. In diesem Umfang verletzt der Konfiskationsausspruch § 19a Abs 1 StGB.

2./ Dem Verfall unterliegende Vermögens- und Ersatzwerte (§ 20 Abs 1 und Abs 2 StGB) sowie der Wertersatz (§ 20 Abs 3 StGB) dürfen nur dem tatsächlichen Empfänger mittels Verfall abgenommen werden. Sind Vermögenswerte mehreren Personen zugekommen, ist daher bei jedem Empfänger nur der von ihm tatsächlich rechtswidrig erlangte Vermögenswert oder der diesem entsprechende Betrag im Sinn des § 20 StGB für verfallen zu erklären (RIS‑Justiz RS0129964; Fuchs/Tipold in WK 2 StGB § 20 Rz 34). Da das Gericht ohne Feststellungen zum Ausmaß der erlangten Vermögenswerte und deren betragsmäßige Zuordnung zu den einzelnen Angeklagten bloß pauschal „die sichergestellten Bargeldbeträge“ für verfallen erklärte, verletzt das Verfallserkenntnis § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB (vgl Fuchs/Tipold in WK‑StPO § 443 Rz 19).

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Gesetzesverletzungen den Verurteilten zum Nachteil gereichen, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Von den aufgehobenen Aussprüchen rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichermaßen als beseitigt (RIS‑Justiz RS0100444).

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