OGH 4Ob155/19a

OGH4Ob155/19a26.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin D*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beklagten ***** Rundfunk, *****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Zahlung (Gesamtstreitwert 70.000 EUR), über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Mai 2019, GZ 4 R 32/19h-25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00155.19A.1126.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das beklagte Rundfunkunternehmen beauftragte die klagende Werbeagentur im Jahr 1995 mit einer Imagekampagne für den Sender Ö1. Kern der Kampagne war der von einem damaligen Mitarbeiter der Klägerin geschaffene Slogan „Ö1 gehört gehört“. Die Klägerin ließ sich die urheberrechtlichen Verwertungsrechte, Leistungsschutzrechte und sonstigen Eigentumsrechte daran von ihrem Mitarbeiter übertragen. Nach Ablauf der Kampagne wurde der Slogan vom Beklagten weiterverwendet. Die Klägerin stellte keine weiteren Forderungen deswegen. Erst im Jahr 2016, als der Beklagte eine Kampagne für 2017 ausschrieb (an welcher Ausschreibung sich die Klägerin nicht beteiligte), teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie seine Auffassung, dass die Rechte am Slogan, der auch in der neuen Kampagne verwendet werden müsse, ihm gehöre, nicht teile.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten zusammengefasst die Unterlassung, ohne ihre Zustimmung das Sprachwerk „Ö1 gehört gehört“ im Rahmen werblicher Maßnahmen zu verwenden. Weiters begehrt sie Beseitigung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Zahlung. Sie habe dem Beklagten kein unbefristetes Nutzungsrecht eingeräumt.

Der Beklagte bestritt die Eigentümlichkeit des Sprachwerks; im Übrigen habe ihm die Klägerin umfassende, zeitlich unbegrenzte und exklusive Nutzungsrechte eingeräumt.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die ergänzende Vertragsauslegung führe zwingend zum Ergebnis, dass dem Beklagten das zeitlich unbegrenzte Werknutzungsrecht an dem Slogan ohne die von der Klägerin gewünschte Beschränkung auf die Dauer der Kampagne 1995 übertragen worden sei. Dies sei auch das gemeinsame Verständnis der Parteien gewesen, zumal der Beklagte den Slogan auch nach Beendigung der Kampagne für die Bewerbung des Radiosenders Ö1 über rund 20 Jahre verwendet und die Klägerin dem nicht widersprochen habe.

Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, hängt typisch von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042776). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur vor, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936).

2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, bei Fehlen einer konkreten Vereinbarung die allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsregeln heranzuziehen und nach §§ 914 ff ABGB zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung, und weiter vom Willen der Parteien (also der dem Erklärungsempfänger erkennbaren Absicht des Erklärenden) auszugehen, der nicht irgendein unkontrollierbarer Parteiwille, sondern im Wesentlichen der „Geschäftszweck“ ist (RS0017915, RS0017756), ist jedenfalls vertretbar.

3. Der Einwand der Klägerin, die in Deutschland entwickelte Zweckübertragungstheorie (vgl J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann Urheberrecht12 § 31 UrhG Rz 147) sei in Österreich nicht herrschend (obwohl diese durchaus fester Bestandteil der Rechtsprechung ist, vgl RS0077666, RS0078128; 6 Ob 14/16a), begründet keine erhebliche Rechtsfrage, ist doch das Berufungsgericht schon aufgrund der allgemeinen Auslegungsregeln bei Verträgen (§§ 914 ff ABGB) vertretbar davon ausgegangen, dass im konkreten Fall das Werknutzungsrecht am Slogan „Ö1 gehört gehört“ auf Dauer übertragen wurde. Es liegt keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums des Berufungsgerichts vor, wenn dieses begründend ausführt, dass der Erfolg der von der Klägerin gestalteten Imagekampagne davon abhängig sei, den Verbrauchern das einmal geprägte Image durch die Weiterverwendung von etablierten Identifikationsmerkmalen gegenwärtig zu halten, und deshalb sowie aufgrund der jahrzehntelangen widerspruchslosen Duldung der Verwendung des Slogans durch den Beklagten zur Auffassung gelangt ist, dass das Nutzungsrecht am Slogan dem Beklagten zeitlich unbegrenzt übertragen worden sei.

4. Die Revision zeigt keine überzeugenden Gründe auf, die eine gegenteilige Vertragsauslegung nahelegen würden. Zusammengefasst liegt daher in der Beurteilung des Berufungsgerichts keine gravierende Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste. Die außerordentliche Revision ist somit zurückzuweisen.

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