OGH 2Nc37/19t

OGH2Nc37/19t21.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der beim Arbeits- und Sozialgericht Wien zu AZ ***** anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Mag. C***** G*****, vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun, Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Befangenheitsanzeige ***** im Revisionsverfahren zu AZ ***** den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0020NC00037.19T.1021.000

 

Spruch:

Es besteht ein zureichender Grund, die Unbefangenheit ***** in der Rechtssache AZ ***** in Zweifel zu ziehen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Für das im Spruch genannte Verfahren ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der ***** Senat zuständig. ***** ist Mitglied dieses Senats und zeigt selbst Gründe an, aus denen allenfalls der objektive Anschein seiner Befangenheit entstehen könnte.

Konkret verweist die Anzeige darauf, dass der anzeigende ***** an einem Institut der beklagten Partei als Lehrbeauftragter tätig sei. Er fühle sich zwar persönlich in keiner Weise befangen. Dieses Naheverhältnis könnte jedoch den Anschein erwecken, dass er gegenüber der genannten Partei nicht völlig unbefangen sei.

Die Befangenheitsanzeige ist begründet:

1. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach § 22 Abs 2 GOG haben Richter Gründe anzuzeigen, die ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen geeignet sind; darüber ist nach § 22 Abs 3 GOG auch ohne Ablehnung durch eine Partei im Verfahren nach den §§ 23 bis 25 JN zu entscheiden.

2. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSd § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl RS0045949).

3. Im vorliegenden Fall könnte aufgrund der regelmäßigen entgeltlichen Tätigkeit für eine der Parteien für einen objektiven Beobachter zumindest der Eindruck entstehen, dass die richterliche Entscheidung von einer Nahebeziehung zu dieser Partei, sohin von sachfremden Motiven, beeinflusst sein könnte (vgl EGMR 24. 9. 2003, Nr 62435/00 [ Pescador Valero/Spanien ]). Der Senat ist zwar überzeugt, dass das nicht zutrifft. Im Interesse des Vertrauens in eine in jeder Hinsicht unabhängige und unparteiliche Rechtsprechung genügt aber schon der äußere Anschein einer möglichen Befangenheit für die Erfüllung des Tatbestands nach § 19 Z 2 JN.

4. Aus diesem Grund ist im Sinn der letztgenannten Bestimmung auszusprechen, dass ein zureichender Grund vorliegt, die Unbefangenheit des anzeigenden ***** in Zweifel zu ziehen. Das schließt seine Mitwirkung an der Entscheidung aus.

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