European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0020NC00035.19Y.1021.000
Spruch:
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.
Begründung:
Die Klägerin strebt die Verpflichtung der beklagten Fluglinie mit Sitz in ***** zur Zahlung von 800 EUR sA aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 2. 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen an. Der bei der Beklagten gebuchte Flug von zwei Passagieren von Wien nach Hurghada am 7. 12. 2017 sei mehr als drei Stunden verspätet angekommen, die Passagiere hätten ihre daraus resultierenden Ansprüche der Klägerin zediert.
Die Klägerin beantragt beim Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN unter Anschluss der Klage die Ordination eines örtlich zuständigen Gerichts in Österreich. Die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts seien aufgrund des Zurückweisungsbeschlusses des Bezirksgerichts Schwechat vom 14. 2. 2019 nicht gegeben. Der Abflugort sei in Österreich (Flughafen Wien-Schwechat) gelegen, womit jedenfalls ein Naheverhältnis zum Inland bestehe. Die Rechtsverfolgung am Sitz der Beklagten in Ägypten sei aussichtslos, unmöglich bzw unzumutbar, insbesondere weil der Verfahrensaufwand unverhältnismäßig wäre und zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung bestehe. Die Klägerin beabsichtige eine Exekutionsführung in Österreich, insbesondere auf Vermögensgegenstände, welche von der Beklagten im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit immer wieder nach Österreich verbracht würden (insbesondere Flugzeuge und sonstige Betriebsmittel) bzw auf Forderungen, welche der Beklagten aus ihrer Geschäftstätigkeit in Österreich und gegen Schuldner in Österreich erwachsen.
Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.
1. Die Ordination hat zu unterbleiben, wenn ohnehin ein Gerichtsstand im Inland besteht, was der Oberste Gerichtshof anhand der Angaben im Ordinationsantrag zu prüfen hat (7 Nc 23/19w; 2 Nc 2/19w mwN). Ist bereits ein inländisches Gericht angerufen, so sind die Voraussetzungen für die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts so lange nicht gegeben, als dieses seine Zuständigkeit nicht rechtskräftig verneint hat (9 Nc 8/19d; RS0046443 [T6]). Da die Antragstellerin ihren Rekurs gegen die Zurückweisung der Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit zurückgezogen hat, liegt eine solche rechtskräftige Entscheidung vor.
2. Gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN hat der Oberste Gerichtshof unter anderem dann ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist (7 Nc 23/19w; 8 Nc 16/19y).
3. Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland liegt ua dann vor, wenn eine Exekutionsführung im Inland geplant ist, die ausländische Entscheidung in Österreich aber nicht vollstreckt würde (RS0046148 [T17]). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Behauptungen der Klägerin gegeben, weil zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung besteht (7 Nc 23/19w; 2 Nc 12/19s mwN; vgl auch 6 Nc 18/19b). Dem Ordinationsantrag ist daher stattzugeben, was auch unionsrechtlichen Überlegungen (effet utile) entspricht (7 Nc 23/19w; 4 Nc 11/19h).
4. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts erfolgte nach den Kriterien der Sachnähe (Abflugort) und der Zweckmäßigkeit (vgl 2 Nc 12/19s; RS0106680 [T13]).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)