OGH 6Ob160/19a

OGH6Ob160/19a24.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei H*****, vertreten durch Jeannée Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegnerinnen der gefährdeten Partei 1. O***** GmbH in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Markus Singer, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Seilerstätte 17/3. Stock, als selbstständig vertretungsbefugter Liquidator, 2. G*****, vertreten durch Mag. Nicole Neugebauer‑Herl, Rechtsanwältin in Wien, wegen Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses und Unterlassung (AZ 34 Cg 80/17x des Handelsgerichts Wien), über den Rekurs der Erstbeklagten, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 3. Juli 2019, GZ 13 Nc 11/19w‑3, mit dem der Ablehnungsantrag der Erstbeklagten gegen den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Wien Dr. K***** und die Richter des Oberlandesgerichts Wien Dr. H***** sowie Mag. S***** zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00160.19A.0924.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Dr. Heinrich Fassl, 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 88–90/12, ist schuldig, der Antragstellerin die mit 1.831,68 EUR (darin 305,28 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Zwischen den Parteien behängt zu AZ 34 Cg 80/17x des Handelsgerichts Wien ein Rechtsstreit, in dem die Klägerin einen Generalversammlungsbeschluss der Erstbeklagten anficht und von den Beklagten die Unterlassung bestimmter Handlungen begehrt.

In diesem Verfahren war zunächst Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, mit der Vertretung der Erstbeklagten betraut. Mit Beschluss vom 25. 2. 2019 wurde allerdings Dr. Markus Singer, Rechtsanwalt in Wien, zum selbstständig vertretungsbefugten Liquidator gemäß § 89 Abs 2 GmbHG bestellt, der am 2. 4. 2019 auch im Firmenbuch eingetragen wurde. Hinsichtlich der zuvor vertretungsbefugten X***** wurde ausgesprochen, dass diese nur mehr gemeinsam mit dem Liquidator vertretungsberechtigt ist. Mit E‑Mail vom 5. 6. 2019 teilte der Liquidator dem vorgenannten Rechtsanwalt mit, dass er „sämtliche [diesem] gewährte Vollmachten, von wem auch immer, mit sofortiger Wirkung (und Maßgabe der Einschreitungsnotwendigkeit im Sinne der RAO) widerrufe; [der Rechtsanwalt sei] – bis zu einer allfälligen Neuerteilung einer Vollmacht durch [den Liquidator] – nur mehr berechtigt (und verpflichtet), im Rahmen der 14 Tage tätig zu werden, die die RAO vorsieht.“ Am 16. 7. 2019 gab der Liquidator dem Oberlandesgericht Wien im Verfahren 13 Nc 11/19w bekannt, dass die Erstbeklagte ihn mit der weiteren Rechtsvertretung beauftragt und bevollmächtigt hat.

In diesem Verfahren hatte das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 3. 7. 2019 (ON 3) den Ablehnungsantrag der Erstbeklagten, vertreten durch den Rechtsanwalt, vom 24. 5. 2019 gegen die aus dem Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Richter des Oberlandesgerichts zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde dem Rechtsanwalt am 9. 7. 2019 zugestellt.

Am 23. 7. 2019 erhob der Rechtsanwalt für die Erstbeklagte Rekurs gegen diese Entscheidung, den die Klägerin fristgerecht beantwortete und dabei auf die mangelnde Vertretungslegitimation des Rechtsanwalts verwies.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 1 Ob 362/97k klargestellt, dass bei Verneinung der Vertreterstellung eines Rechtsanwalts das von diesem namens der Partei eingebrachte Rechtsmittel zurückzuweisen ist. Dr. Heinrich Fassl ist jedenfalls seit 19. 6. 2019 nicht mehr legitimiert, für die Erstbeklagte einzuschreiten; der Liquidator gab am 16. 7. 2019 dem Gericht – und gemäß § 112 ZPO auch der Klägerin und der Zweitbeklagten – bekannt, dass (nunmehr) er mit der Rechtsvertretung beauftragt und bevollmächtigt sei. Der am 23. 7. 2019 vom genannten Rechtsanwalt namens der Erstbeklagten eingebrachte Rekurs war somit zurückzuweisen.

2. Der Aktenlage ist zu entnehmen, dass der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 25. 2. 2019 infolge Anfechtung durch die Erstbeklagte noch nicht rechtskräftig ist. Dies ändert aber nichts daran, dass die Einschränkung der Vertretungsbefugnis der X***** und die Einräumung der selbstständigen Vertretungsbefugnis an den Liquidator sofort wirksam wurde:

Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats des Obersten Gerichtshofs wirkt die Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung sofort, ohne dass der Ausspruch einer vorläufigen Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit iSd § 44 AußStrG erforderlich wäre (RS0120299 [T2]). Auch nach § 75 Abs 4 AktG ist die Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft sofort wirksam (6 Ob 244/11t ZfS 2012, 45 [Haslwanter] = GesRZ 2012, 311 [Hochedlinger]).

Nach § 89 Abs 2 GmbHG kann das Gericht – wie im vorliegenden Fall – aus wichtigen Gründen neben oder anstelle der geborenen Liquidatoren (ehemalige Geschäftsführer) andere Liquidatoren ernennen. Gegen diese Entscheidung kann zwar Rekurs erhoben werden; die in der Entscheidung 6 Ob 244/11t breit erörterten Erwägungen zum sofortigen Verlust der Funktion von abberufenen Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung bereits mit Zustellung des Abberufungsbeschlusses sind aber auch in dieser Konstellation beachtlich. Eine Differenzierung zwischen Privatstiftung, Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung ließe sich insoweit nicht argumentieren.

3. Es entspricht nunmehr ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das Ablehnungsverfahren einen Zwischenstreit darstellt, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RS0126588). Schreitet der Einschreiter – wie hier – eigenmächtig ein, hat er die damit verbundenen Kosten jedenfalls dann zu ersetzen, wenn ihn ein Verschulden trifft (Zib in Fasching/Konecny II/1³ [2015] § 38 ZPO Rz 39 unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 82/12h); daran besteht hier kein Zweifel, war Dr. Heinrich Fassl doch mit E‑Mail vom 5. 6. 2019 vom Liquidator ausdrücklich mitgeteilt worden, dass sämtliche Vollmachten widerrufen seien.

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