OGH 12Os97/19k

OGH12Os97/19k12.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ruckendorfer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Alexander J***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Dezember 2018, GZ 55 Hv 35/17v‑101, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00097.19K.0912.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Alexander J***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (1./), des „Vergehens“ (richtig: Verbrechens) der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB (2./) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3 und 4, 161 Abs 1 StGB (3./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

1./ mit dem Vorsatz sich sowie die B***** Gesellschaft mbH und die L***** GmbH durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig „in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag zu bereichern“, andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die die Getäuschten (zu ergänzen [US 8]: in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag) an ihrem Vermögen schädigten und zwar durch die wahrheitswidrige Vorgabe, er sei ein redlicher Unternehmer und würde die investierten Beträge vorwiegend für den Einkauf von Waren bzw zur Erlangung einer staatlichen Förderung benötigen und es seien bei seinem Geschäftsmodell große Gewinne zu erwarten, zu Investitionen in die L***** GmbH und deren Tochterunternehmen B***** Gesellschaft mbH, wobei er tatsächlich vorwiegend plante, sich in weiterer Folge durch überhöhte Managementvergütungen und private Entnahmen selbst zu bereichern und zwar

I./ Mag. Marcus Be***** zu Investitionen in die B***** Gesellschaft mbH und zwar

A./ am 25. Oktober 2011 von 24.100 Euro;

B./ im Zeitraum 25. Oktober 2011 bis 25. Juni 2013 in wiederholten Angriffen von weiteren 175.900 Euro;

II./ Ilyas G***** am 15. März 2012 zur Investition von insgesamt 150.000 Euro in zwei Tranchen in die L***** GmbH;

2./ im Zeitraum 19. April 2012 bis 5. November 2012 als Geschäftsführer der L***** GmbH einen Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger dadurch geschmälert, dass er die für dienstlich veranlasste Aufwendungen ausgestellte Visa Business Goldcard zur Bezahlung privater Ausgaben in der Höhe von insgesamt zumindest 6.394,36 Euro verwendete;

3./ im Zeitraum von Anfang 2011 bis September 2012 als Geschäftsführer grob fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der L***** GmbH und der B***** Gesellschaft mbH dadurch herbeigeführt, dass er nach § 159 Abs 5 StGB kridaträchtig handelte, indem er Geschäftsbücher so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die „Ware, Vermögensbilanz“ (ersichtlich gemeint: wahre Vermögens-, Finanz-) und Ertragslage der genannten Unternehmen erheblich erschwert wurde sowie durch Auszahlung überhöhter Management- und Personalgehälter und der Verwendung der in Punkt 2./ genannten Kreditkarte für private Zwecke einen übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der genannten Unternehmen in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Die (zu 3./ erhobene) Mängelrüge (Z 5 erster Fall, der Sache nach Z 3) bezieht sich mit der Kritik, wonach die Anführung des – sich auf zwei Gesellschaften beziehenden – Tatzeitraums im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) undeutlich sei, auf keinen entscheidenden Umstand (vgl Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 8.191).

Gleiches gilt, soweit die Tatrichter (zu 1./) davon ausgingen, dass sich der Bereicherungsvorsatz des Angeklagten nicht nur auf sich selbst, sondern „allenfalls“ auch auf Gil A***** bezog (vgl § 146 StGB: „sich oder einen Dritten“; zur diesbezüglichen Zulässigkeit wahlweiser Feststellungen RIS-Justiz RS0098710 [T14]).

Der Vorwurf, die (den Schuldspruch 2./ betreffende) Konstatierung (US 8 f), wonach der Angeklagte mit der Kreditkarte Zahlungen „für rein private Zwecke“ tätigte, lasse nicht deutlich erkennen, ob sich diese Behebungen „im privaten Bereich“ entfalteten, ist schlicht unverständlich.

Die (offensichtlich versehentliche) Annahme des Schöffensenats, wonach in Bezug auf den Sorgfaltsmaßstab bei § 159 StGB auf einen einsichtigen und besonnenen „Arbeiter“ (US 20) abzustellen sei, fällt nicht in den Tatsachenbereich, sondern stellt lediglich eine – mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht bekämpfbare – rechtliche Erwägung in den Entscheidungsgründen dar (vgl dazu Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.183).

Die weitere Beschwerde (nominell Z 5 zweiter und fünfter Fall) macht nicht deutlich, welcher entscheidende Umstand davon berührt sein soll, ob der Angeklagte ein Monatsgehalt von 6.250 Euro durchgehend oder „nur am Schluss“ bezogen hat.

Gleiches gilt für die Frage, ob der Angeklagte von einem „redlichen Konzept“ oder einem Businessplan gesprochen hat.

Der Einwand, die Tatrichter hätten den vom Angeklagten vorgelegten Gesellschaftsvertrag der B***** Gesellschaft mbH samt einem umfassenden Businessplan berücksichtigen müssen, legt nicht dar, weshalb diese Verfahrensergebnisse den Feststellungen betreffend Täuschungshandlungen zum Nachteil des Mag. Be***** erörterungsbedürftig entgegenstehen sollen.

Letzteres trifft auch für die Angaben des Zeugen G***** zu, wonach er zwar nicht davon ausgegangen sei, dass er sein Beteiligungsinvestment an der L***** GmbH im Fall des wirtschaftlichen Misserfolgs dieser Gesellschaft zurückbekommen werde, er aber sehr wohl damit gerechnet habe, Gewinne aus einer staatlichen Förderung zu lukrieren.

Ob es dem Angeklagten als Folge seines kridaträchtigen Handelns unmöglich war, sich einen Überblick über die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage seiner Gesellschaften zu verschaffen oder ihm diese Einsicht erheblich erschwert wurde, ist für die Frage, ob der Angeklagte grob fahrlässiges Verhalten im Sinn des § 159 Abs 1 StGB gesetzt hat, nicht entscheidend. Die darauf bezogenen Einwände der Mängelrüge (Z 5 erster und dritter Fall) können daher auf sich beruhen.

Aus welchem Grund die Konstatierung, wonach das kridaträchtige Verhalten des Angeklagten für die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit „zumindest mitkausal“ war, für die Tatbeurteilung nach § 159 Abs 1 StGB nicht ausreichen soll, erklärt die (auf Z 5 und 9 lit a gestützte) Rüge nicht (zur Mitkausalität vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS00118309; Kirchbacher in WK 2 StGB § 159 Rz 9, 19, 70; Kienapfel/Höpfel/Kert AT 15 Z 10 Rz 5).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, die täuschungsbedingte „Hingabe von Geldbeträgen“ durch Mag. Be***** und Ilyas G***** stelle im Hinblick auf die Beteiligung des Erstgenannten an der B***** Gesellschaft mbH (im Ausmaß von 26 %) samt Eintragung ins Firmenbuch und des Zweitgenannten an der L***** GmbH (im Ausmaß von 6,76 %) keine vermögensschädigende Handlung dar, macht sie nicht klar, weshalb die Beteiligung an – vom Angeklagten durch Auszahlung überhöhter Management- und Personalgehälter (Schuldspruch 3./) – kridaträchtig geführten Unternehmen, über die mangels kostendeckenden Vermögens kein Insolvenzverfahren eröffnet werden konnte (US 10), eine äquivalente Gegenleistung darstellen soll (vgl dazu Kirchbacher/Sadoghi in WK 2  StGB § 146 Rz 67).

Mit dem Vorwurf des Fehlens von Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen in Bezug auf das Schuldspruchfaktum 1./I./ übergeht der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig die – genau dazu getroffenen – Konstatierungen auf US 5 f.

Entsprechendes gilt, soweit der Beschwerdeführer (zu 3./) Festellungen in Bezug auf überhöhte Management- und Personalkosten vermisst und dabei die Ausführungen der Tatrichter zu den „wirtschaftlich nicht zu rechtfertigenden Privatausgaben aus dem Unternehmensvermögen“ (US 9) ignoriert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass in Bezug auf die dem Angeklagten zu 2./ und 3./ angelastete Verwendung der für dienstliche Belange gewidmeten Kreditkarte von Subsidiarität des § 159 Abs 1 StGB gegenüber § 156 Abs 1 StGB auszugehen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0124805). Dies gereicht dem Angeklagten im Hinblick auf die Aburteilung weiterer kridaträchtiger Handlungen (Auszahlung überhöhter Management- und Personalgehälter [US 3, 9 f] allerdings nicht zum Nachteil (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte