European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00097.19G.0911.000
Spruch:
Der
Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 6. Juni 2019, GZ 10 Hv 55/18z‑84, und dessen
Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 6. Juni 2019, GZ 10 Hv 55/18z‑84, wurde Ramsan T***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./), des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (B./I./) und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B./II./) schuldig erkannt. Mit gleichzeitig gefasstem Beschluss wurde zudem eine bedingte Entlassung widerrufen.
Nach Verkündung des Urteils und Rechtsmittelbelehrung gab der Angeklagte nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin einen
Rechtsmittelverzicht ab (ON 83 S 20).
Nachdem der Angeklagte mit Eingabe vom 6. Juni 2019 (ON 85) mitgeteilt hatte, das Urteil doch nicht annehmen zu wollen und „Berufung“ zu erheben, führte er in seinem Schreiben vom 13. Juni 2019 (ON 87) aus, „eine [...] Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde einlegen“ zu wollen. Inhaltlich brachte der Angeklagte vor, er habe das Urteil deshalb angenommen, weil er von der Rechtsanwältin und der Bewährungshelferin „beeinflusst“ worden sei. Weiters verwies er darauf, aufgrund von Versprechungen der Polizei ein „falsches Geständnis“ abgelegt zu haben und davon ausgegangen zu sein, dass ihm trotz des Rechtsmittelverzichts eine zweiwöchige Frist zur Erhebung einer „Beschwerde“ offenstehe. Zudem kritisierte er, dass „kein ordentliches Gutachten“ eingeholt worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies der Vorsitzende des Schöffengerichts „die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde (ON 87)“ gemäß § 285a Z 1 StPO zurück.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 285a Z 1 StPO hat das Landesgericht, bei dem eine Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet wird, diese zurückzuweisen, wenn sie zu spät angemeldet oder von einer Person eingebracht wurde, der die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zukommt oder die auf sie verzichtet hat.
Ein nach Urteilsverkündung in Anwesenheit des Verteidigers von einem prozessfähigen Angeklagten erklärter
Rechtsmittelverzicht ist unwiderruflich (RIS‑Justiz RS0116751, RS0099945). Ein – nicht auf einem Fehlverhalten des Gerichts beruhender – Motivirrtum (etwa über die Tragweite oder die Widerrufbarkeit) ist für die Wirksamkeit einer derartigen prozessualen Erklärung unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0100103, RS0116751; Ratz, WK‑StPO § 284 Rz 8).
Die Beschwerde wiederholt die in den schriftlichen Eingaben des Angeklagten enthaltenen Ausführungen. Damit zeigt sie weder konkrete Anhaltspunkte für eine vor Abgabe des Rechtsmittelverzichts eingetretene prozessuale Diskretions- oder Dispositionsunfähigkeit auf noch wird eine unrichtige Information über Inhalt, Voraussetzungen oder (mögliche) Folgen einer Rechtsmittelerklärung durch den Vorsitzenden des Schöffengerichts behauptet. Es war ihr daher nicht Folge zu geben.
Daraus ergibt sich die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (angemeldete) Berufung und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO; RIS‑Justiz RS0100545).
Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil es nicht zu einem Rechtsmittelverfahren iSd § 390a Abs 1 StPO gekommen ist (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 11).
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