European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00074.19A.0723.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Streitteile lösten den Vorstandsvertrag des Beklagten mit Auflösungsvereinbarung vom 16. 6. 2016 auf. Dem Beklagten wurde darin eine Abfindung in Höhe von sechs Bruttomonatsgehältern zuerkannt. Die Vereinbarung enthielt auch eine Generalbereinigungsklausel. Die Vorinstanzen gaben dem Begehren der Klägerin auf Ersatz einer Steuernachzahlung aus der Abfindung statt. In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision hält der Beklagte dem die Generalbereinigungsklausel („sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag“) entgegen, die auch steuerliche Nachforderungen aus der Abfindungszahlung erfasst habe, soweit sie den in Österreich zu versteuernden Teil betroffen habe. Das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Nachforderung nicht zu den „wechselseitigen Ansprüchen aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag“ zähle. Damit zeigt der Beklagte keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
1. Hat das Finanzamt die Haftung des Arbeitgebers aufgrund des § 72 EStG für zu wenig abgezogene Lohnsteuer in Anspruch genommen, so tritt der Arbeitgeber – hier die Klägerin – in die Rechte des ursprünglichen Gläubigers (Republik Österreich) ein; er ist in einem solchen Fall befugt, vom Arbeitnehmer – hier dem Beklagten – als Steuerschuldner den Ersatz der bezahlten Schuld gemäß § 1358 ABGB zu fordern (RS0032266).
2. Die Auslegung einer Vereinbarung stellt regelmäßig keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar(s RS0044358; zum Vergleich im Besonderen RS0113785). Das ist auch hier nicht der Fall.
Das Berufungsgericht brachte mit seinen Ausführungen zum Ausdruck, dass Gegenstand der Generalbereinigungsklausel die wechselseitigen Forderungen der Streitteile aus dem bisherigen Vertragsverhältnis, nicht aber Forderungen sind, die den Gegenstand der Abfindungsvereinbarung als solcher bilden. Diese Abgrenzung ist nach dem aus der Vereinbarung hervorgehenden Parteiwillen der Streitteile nicht weiter zu beanstanden:
Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass mit einer in einer Auflösungsvereinbarung enthaltenen Generalklausel, nach der die wechselseitigen Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis bereinigt und verglichen sein sollen, auch Streitigkeiten aus denjenigen Ansprüchen mitverglichen sein sollen, die erst durch die Auflösungsvereinbarung geschaffen werden. Auch war der Parteiwille der Streitteile klar darauf gerichtet, dass die dem Beklagten zu leistende Abfindungszahlung der Höhe nach sechs Bruttomonatsgehälter betragen sollte. Dass dem Beklagten ein bestimmter Nettobetrag zufließen sollte, wurde nicht vereinbart. Anders als bei echten Nettolohnvereinbarungen (vgl 9 ObA 72/03h) sollte daher den Beklagten das Steuerrisiko treffen. Seine Ansicht, dass die Klägerin infolge der Nachforderung durch die Abgabenbehörde den ihm überhöht ausbezahlten Betrag nicht zurückfordern dürfte, hätte zur Folge, dass die Klägerin mehr bezahlen und der Beklagte mehr erhalten würde, als es der klaren Vereinbarung einer Abfindungszahlung nach Maßgabe der Bruttomonatsgehälter entspräche. Ein derartiges Verständnis ist den Streitteilen daher nicht zuzusinnen. Auch die Ergänzung der Auflösungsvereinbarung vom 21. 7. 2016 (Aufsplittung der Versteuerung nach tschechischem und österreichischem Recht) legt hier kein anderes Ergebnis nahe. Die Ergänzung erfolgte erst geraume Zeit nach Abschluss der Abfindungsvereinbarung und betraf auch nicht den innerstaatlich zu versteuernden Teil der Bruttoabfindung. Das Verständnis der Vorinstanzen, dass die Generalklausel dem Klagsanspruch hier nicht entgegensteht, ist danach nicht weiter korrekturbedürftig.
3. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen.
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