OGH 15Os34/19t

OGH15Os34/19t10.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juli 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen Ludwig D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 25. September 2018, GZ 613 Hv 3/17f‑265, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00034.19T.0710.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ludwig D*****, Vlade S*****, Orkan M*****, Jozef St***** und Georg D***** von dem wider sie erhobenen Vorwurf, sie hätten von Anfang 2016 bis 27. Juli 2016 in M***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Radomir V***** als Mittäter (§ 12 StGB) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz einen verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, bei den von ihnen zum Kauf angebotenen Bildern handle es sich um Originalbilder des Pablo Picasso (sowie um solche des Emil Nolde), (teilweise) unter Verwendung falscher Urkunden, und zwar auf den Rückseiten der Bilder angebrachter falscher Echtheitsbestätigungen des Sohnes des Pablo Picasso, zur Bezahlung eines 300.000 Euro weit übersteigenden Betrags und damit zu einer Handlung zu verleiten versucht, die den Käufer im genannten Betrag am Vermögen schädigen sollte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

 

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verfehlt ihr Ziel.

 

Der Freispruch der Angeklagten Ludwig D*****, Vlade S*****, Orkan M*****, Jozef St***** und Georg D***** beruht zusammengefasst auf folgenden Feststellungen der Tatrichter: Bei den hier gegenständlichen, im Eigentum des in Serbien wohnhaften Radomir V***** stehenden (auf US 6 ff näher beschriebenen) Bildern handle es sich um elf mit dem Namenszug „Picasso“ (sowie, auf der Rückseite, jeweils mit falschen Echtheitsbestätigungen dessen Sohnes) und drei mit dem Namenszug „Nolde“ versehene, tatsächlich nicht von Pablo Picasso und Emil Nolde stammende, in Fälschungsabsicht hergestellte „Anmutungskopien“ (US 8 f; vgl ON 230 sowie Beilage ./C zu ON 247). Mittelsleute hätten die Angeklagten Vlade S***** und Orkan M***** ersucht, Kaufinteressenten für die genannten Bilder zu finden. Diese hätten daraufhin den Kontakt zu den Angeklagten Georg und Ludwig D***** hergestellt. Letzterer habe die Bilder (über einen weiteren Mittelsmann) verdeckten Ermittlern des Bundeskriminalamts zum Kauf angeboten, wobei es – teils auch in Anwesenheit des Georg D***** – zu mehreren Treffen gekommen sei, bei welchen von den verdeckten Ermittlern ein in London lebender „reicher Russe“ als Kaufinteressent namhaft gemacht worden sei (US 10 ff). Zur Präsentation der Bilder sei in der Folge ein Treffen in Wien vereinbart worden, zu welchem der Angeklagte Jozef St***** diese von Slowenien nach Österreich verbracht habe. Bei der schließlich am 27. Juli 2016 in Anwesenheit aller Angeklagter und eines verdeckten Ermittlers durchgeführten Besichtigung habe Jozef St***** drei der angeblich von Picasso stammenden Bilder vorgelegt und die übrigen elf vermeintlich von Picasso und Nolde stammenden Bilder in einer Mappe bzw seinem Fahrzeug verwahrt (US 12 f).

Es könne nicht festgestellt werden, „dass die Angeklagten einen verdeckten Ermittler bzw den russischen Kaufinteressenten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, und zwar darüber, dass die angebotenen Bilder Originalbilder des Malers Pablo Picasso und anderer Maler darstellten, zu einer Handlung zu verleiten versuchten, die diese am Vermögen schädigen sollte, und zwar zur Bezahlung eines 300.000 Euro jedenfalls weit übersteigenden Geldbetrags, wobei die Tat insgesamt einen noch festzustellenden, 300.000 Euro jedoch jedenfalls übersteigenden Gesamtschaden zur Folge haben sollte, wobei sie den Betrug begingen, indem sie zur Täuschung falsche Urkunden, und zwar falsche Echtheitsbestätigungen des Sohnes des Pablo Picasso, welche an den Rückseiten der Bilder angebracht waren, verwendeten, noch, dass die Angeklagten dies zumindest ernstlich für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen“ (US 13 f).

Damit könnten weder die zur Erfüllung des (von der modifizierten Anklageschrift [ON 146 iVm ON 264 S 18] umfassten) Tatbestands des (schweren) Betrugs „erforderliche Täuschung, Bereicherung oder Schädigung“ in objektiver und subjektiver Hinsicht noch (in Ansehung einer Subsumtion des inkriminierten Verhaltens unter § 223 Abs 2 StGB [dazu ON 264 S 18 und 20 ff]) festgestellt werden, „dass die Angeklagten zumindest ernstlich für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, falsche Urkunden, nämlich falsche Echtheitsbestätigungen des Sohnes des Pablo Picasso, welche an den Rückseiten der Bilder angebracht waren, zu gebrauchen“ (US 13 f iVm US 32 f).

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung der in der Hauptverhandlung am 25. September 2018 gestellten Anträge auf Vernehmung der Zeugen Martin Su*****, Franz E*****, Mario T*****, Mag. Patricia P***** und Claude P***** sowie auf Beischaffung des Aktes AZ 22 St 268/14k der Staatsanwaltschaft Wien zum Beweis dafür, dass der Angeklagte Jozef St***** bereits vor dem Tatgeschehen keine Echtheitszertifikate (insbesondere der Picasso Foundation) für die gegenständlichen Bilder erlangen konnte und ihm stets mitgeteilt worden sei, dass es sich um Fälschungen handle (ON 264 S 18 f und 29). Weil die Tatrichter diesen Umstand ohnedies als erwiesen ansahen (US 12 und 15), verletzt die Nichtaufnahme der beantragten Beweise aber keine Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens (§ 55 Abs 2 Z 3 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0099135). Das im Rechtsmittel zur ergänzenden Fundierung der Anträge erstattete weitere – im Übrigen weitgehend bloß beweiswürdigende – Vorbringen ist prozessual verspätet und damit unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

Der Undeutlichkeit der Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptenden Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider ist den Entscheidungsgründen unzweifelhaft zu entnehmen (RIS‑Justiz RS0117995; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 419), dass das Schöffengericht einen auf Gebrauch falscher Urkunden – nämlich falscher Echtheitsbestätigungen des Sohnes des Pablo Picasso, welche an den Rückseiten der Bilder angebracht waren – gerichteten Eventualvorsatz der Angeklagten nicht angenommen hat (US 14 iVm US 33).

Entgegen dem weiteren Vorbringen (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter im Zusammenhang mit dieser und den weiteren oben dargestellten Negativfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 13 f iVm US 32 f) hinreichend mit den Angaben der Angeklagten Ludwig und Georg D***** (US 16 f, 21), der Zeugen Luigi G***** (US 15, 30 f), Radica A***** (US 14 f, 31), Julia M***** (US 30) und des „verdeckten Ermittlers 1“ (US 28 f) sowie den Ausführungen des Sachverständigen Dr. G***** (US 14, 31 f) auseinandergesetzt, wobei das Erstgericht – dem Gebot gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – nicht gehalten war, diese als nicht zur Überführung der Angeklagten geeignet angesehenen Angaben in all ihren Details gesondert zu erörtern (RIS‑Justiz RS0106642).

Weshalb die von der Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) ins Treffen geführten „Ergebnisse der Telefonüberwachung (ON 29, 33, 34, 36, 42, 43 und 52)“ und die im Rechtsmittel wiedergegebenen Passagen aus überwachten Gesprächen nicht näher bezeichneter Personen in einem (aus Z 5 zweiter Fall) erörterungspflichtigen Widerspruch zu den kritisierten Negativfeststellungen stehen sollten, wird nicht deutlich, weil den relevierten Gesprächsteilen die fehlende Echtheit der Bilder zugestehende Äußerungen eines der Angeklagten gerade nicht zu entnehmen sind.

Die im Zusammenhang mit der Konstatierung, es könne nicht festgestellt werden, „dass die Angeklagten ein oder mehrere Bilder ohne vorangehende [ersichtlich gemeint: ergänzende] Begutachtung durch Sachverständige bzw Experten oder Einholung eines Zertifikats der Picasso Foundation verkauft hätten“ (US 13), relevierte Frage, ob diese Sachverständigen oder Experten von den Angeklagten oder den Käufern hätten beigezogen werden sollen, betrifft keine entscheidende Tatsache. Denn (entsprechenden Vorsatz vorausgesetzt) wäre als maßgebliche Tathandlung allein die (allenfalls bloß versuchte) Täuschung der Letztgenannten– unabhängig von der Initiative für die Befassung eines Sachverständigen – anzusehen (vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK2 § 146 Rz 124 ff). Im Übrigen gingen die Tatrichter der Beschwerde zuwider hinreichend deutlich davon aus, dass nach Ansicht der Angeklagten ein potentieller Kunstkäufer (wie hier der verdeckte Ermittler 1) einen Gutachter oder Experten seines Vertrauens beiziehen würde (US 16 f, 18, 21 ff, 24 f, 28 f).

Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) macht das Vorbringen nicht klar, weshalb die – ersichtlich auf den Bezug habenden Angaben des Sachverständigen (ON 247a S 10 und 14 f) beruhende – Schlussfolgerung, dass Menschen selbst nach vorliegenden Expertisen zur fehlenden Echtheit eines als Original erachteten Bildes nicht bereit wären, dieses Ergebnis zu akzeptieren, und weiter versuchen würden, dieses unter Beiziehung von (anderen) Experten zu verkaufen (US 32), den Kriterien logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen (RIS‑Justiz RS0099413) widerspräche.

Indem die Beschwerdeführerin – gestützt auf jeweils besonders hervorgehobene Teile der Ausführungen der oben genannten Angeklagten und Zeugen, des Sachverständigen, der bezeichneten „Ergebnisse der Telefonüberwachung“ sowie auf die Umstände der Verwahrung der Bilder und der Anreise zu deren Präsentation durch den Angeklagten Jozef St***** – für ihren Standpunkt günstigere Schlussfolgerungen reklamiert, beschränkt sie sich darauf, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter zu bekämpfen.

Mit Blick auf die solcherart nicht erfolgreich in Frage gestellten Negativfeststellungen (zur subjektiven Tatseite) ist der Geltendmachung der behaupteten Feststellungsmängel (Z 9 lit a) die Grundlage entzogen. Im Übrigen wird nicht dargelegt, welche konkreten Konstatierungen zu auch nicht näher bezeichneten Tathandlungen der einzelnen Angeklagten (auf Basis der „in der Anklageschrift umfassend dargelegten Erwägungen“, auf welche „zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen“ werde [siehe aber § 285 Abs 1 erster Satz StPO; vgl RIS‑Justiz RS0100172]) zu treffen gewesen wären.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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