OGH 4Ob82/19s

OGH4Ob82/19s5.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden unddie Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „Original Hoch- und Deutschmeister“ Kapelle des K. und K. Infanterieregiments Hoch- und Deutschmeister Nr 4, *****, vertreten durch Hon.‑Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Musikkapelle Hoch- und Deutschmeister – k. u. k. Wiener Regimentskapelle IR4, *****, vertreten durch Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG in St. Pölten, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Zahlung (Stufenklage) sowie Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 29. März 2019, GZ 129 R 21/19k-13, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 1. Februar 2019, GZ 43 Cg 2/19w-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00082.19S.0705.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:

„Einstweilige Verfügung:

Zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens der klagenden Partei wird es der beklagten Partei ab sofort bis zur Rechtskraft des über das Unterlassungsbegehren ergangenen Urteils verboten, die Bezeichnungen 'Hoch- und Deutschmeister' und/oder 'Deutschmeister' oder ähnliche Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Zusammenhang mit musikalischen Veranstaltungen (Konzerten) oder Tonträgern der beklagten Partei zu benutzen oder benutzen zu lassen, und zwar auch dann, wenn dies mit Zusätzen wie 'Wiener' und/oder 'Musikkapelle' und/oder 'Kapelle des Sankt Georgs-Ordens' und/oder unter Hinzufügung eines Kreuzzeichens (mit oder ohne Wappen) oder ähnlicher Bildzeichen geschieht. Das Verbot bezieht sich insbesondere auch auf den Slogan 'Die Deutschmeister kommen'.

Das Mehrbegehren, der beklagten Partei die Verwendung der Bezeichnungen 'Hoch- und Deutschmeister' oder 'Deutschmeister' auch bei Benützung ihres Vereinsnamens 'Musikkapelle Hoch- und Deutschmeister – k. u. k. Wiener Regimentskapelle IR4' zu untersagen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 734,20 EUR bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin 122,37 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Sicherungsantrags vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 734,20 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Rekursverfahrens (darin 122,37 EUR USt) und die mit 734,20 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 122,37 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Rekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten des Rekursverfahrens sowie die gesamten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung hat sie endgültig selbst zu tragen.

 

Begründung:

Der Kläger ist ein im Vereinsregister eingetragener Verein, der aus dem Musikensemble mit der Bezeichnung „Original Hoch- und Deutschmeisterkapelle“ hervorgegangen ist. Er ist Inhaber der Wortmarke „Hoch- und Deutschmeister“, die am 23. März 1977 angemeldet und am 23. Juni 1977 im Markenregister des österreichischen Patentamts für die Dienstleistungsklasse 41 (Musikalische Darbietungen) eingetragen wurde. Durch eine Anmeldung dieser Marke über das Zusatzprotokoll von Madrid (WIPO) wurde der Schutz dieser Marke per 16. November 1981 auch auf die Bundesrepublik Deutschland ausgedehnt und ist weiterhin aufrecht.

Im Jahr 1988 wurde dieselbe Marke „Hoch- und Deutschmeister“ durch den Kläger neuerlich angemeldet, gleichfalls für die Dienstleistungsklasse 41. Die Marke wurde im Markenregister des österreichischen Patentamts eingetragen. Dieser Schutz ist weiterhin aufrecht. Die Wortmarke „Hoch- und Deutschmeister“ wurde am 22. August 2017 zu Gunsten des Klägers auch als Unionsmarke angemeldet. Sie wurde am 8. Dezember 2017 für die Klassen 09, 16 und 41 eingetragen.

Der Beklagte ist seit 1977 gleichfalls als Verein konstituiert und als Musikensemble im Wettbewerb mit dem Kläger tätig. Er trägt seinen nunmehrigen Vereinsnamen „Musikkapelle Hoch- und Deutschmeister - k. u. k. Wiener Regimentskapelle IR4“ seit 1983. Auf seiner Website „deutschmeister.info“ führt der Beklagte den Namen „Hoch- und Deutschmeister“ und als Zusatz „k. u. k. Wiener Regimentskapelle IR4“. Der Youtube-Kanal des Beklagten läuft unter dem Namen „Hoch- und Deutschmeister kuk Wiener Reg.Kap. IR4“ und die Facebook-Seite unter dem Namen „Hoch- und Deutschmeister kuk Wiener Regimentskapelle IR4“. Auf seiner Website und auf seiner Facebook-Seite wirbt der Beklagte mit dem Spruch: „Die Deutschmeister kommen!“. Weiters wirbt er auf der Bewerbungs-Seite der Website mit dem Spruch: „Ich will zu den Deutschmeistern“. Auch diverse Konzerte, Beiträge und Veranstaltungen des Beklagten im In- und Ausland wurden seit 2017 mit diesen Namen bzw mit diesem Slogan beworben.

Gestützt auf § 9 UWG und § 51 MSchG begehrt der Kläger zur Sicherung seines gleichlautenden Unterlassungsbegehrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Beklagten verboten werden soll, die Bezeichnungen „Hoch- und Deutschmeister“ und/oder „Deutschmeister“ im geschäftlichen Verkehr insbesondere im Zusammenhang mit musikalischen Veranstaltungen (Konzerten) oder Tonträgern des Beklagten zu benutzen oder benutzen zu lassen, und zwar auch dann, wenn dies mit Zusätzen wie „k.u.k. [Wiener] Regimentskapelle IR4“ und/oder „Wiener“ und/oder „Musikkapelle“ und/oder „Kapelle des Sankt Georgs-Ordens“ und/oder unter Hinzufügung eines Kreuzzeichens (mit oder ohne Wappen) oder ähnlicher Bildzeichen geschieht, wobei sich das Verbot insbesondere auch auf den Slogan „Die Deutschmeister kommen“ beziehe. Der Kläger warf dem Beklagten vor, dass er wiederholt die vom Kläger geschützte Marke „Hoch- und Deutschmeister“ alleine oder mit Zusätzen verwende und damit im geschäftlichen Verkehr auftrete. Kern der klägerischen Marke sei der Wortbestandteil „Deutschmeister“, weshalb allein die Verwendung dieses Bestandteils eine Verletzung der aufrechten Kennzeichenrechte des Klägers sei.

Der Beklagte wandte mangelnde Verwechslungsgefahr ein, er spiele als Kommerzband um einen 1/8 Ton höher. Die Bezeichnung „Hoch- und Deutschmeister“ sei sprachgebräuchlich und könne nicht markenrechtlich geschützt werden.

Das Erstgericht bejahte den Unterlassungsanspruch und erließ die einstweilige Verfügung. Es ging davon aus, dass eine Verwechslungsgefahr gegeben sei, zumal der Beklagte in jüngerer Zeit verstärkt die Wortfolge „Hoch- und Deutschmeister“ verwende, was in das Markenrecht des Klägers eingreife. Ein Freihaltebedürfnis für die Worte „Hoch- und Deutschmeister“ oder nur „Deutschmeister“ sei nicht ausreichend konkret vorgebracht worden.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Beklagten nicht Folge und schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Es hielt fest, dass der Kläger seine Ansprüche betreffend die Verwendung seines markenrechtlich geschützten Vereinsnamens sowohl auf § 9 UWG als auch auf § 51 MSchG stützen könne. Der im Rekurs des Beklagten erhobene Verjährungseinwand verstoße gegen das Neuerungsverbot und sei zudem auch inhaltlich nicht berechtigt. Ein (in erster Instanz zudem nicht ausreichend eingewandtes) Freihaltebedürfnis sei inhaltlich nicht überzeugend. Der Begriff „Hoch- und Deutschmeister“ sei nicht allgemein sprachgebräuchlich oder verkehrsüblich. Mangels Rechtsfrage erheblicher Bedeutung sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs, in dem der Beklagte unter anderem damit argumentiert, dass es ihm durch die einstweilige Verfügung nicht mehr möglich sei, den Wortlaut seines Vereinsnamens im geschäftlichen Verkehr und im Zuge der Rechnungslegung zu verwenden.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung auch die Verwendung seines Vereinsnamens untersagt haben. Das Rechtsmittel ist teilweise berechtigt.

1. Aus den teilweise nur schwer verständlichen Ausführungen im Revisionsrekurs ergeben sich keine nachvollziehbaren Einwendungen gegen den aus der Marke „Hoch- und Deutschmeister“ abgeleiteten Unterlassungsanspruch des Klägers.

1.1 Im Rechtsmittel wird nicht schlüssig erklärt, weshalb durch die Änderung des klägerischen Vereinsnamens wegen der Aufnahme des Wortes „Original“ ein böswilliger Erwerb der hier gegenständlichen Marke „Hoch- und Deutschmeister“ vorliegen soll. Ob die klagende Partei selbst unlauter gehandelt hat, ist zudem nicht Gegenstand des Verfahrens und muss daher für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ohne Relevanz bleiben (RIS-Justiz RS0077853). Auf die weiteren Ausführungen zur historischen Entwicklung der Deutschmeister und zum Vorwurf, dass keine Rechtsnachfolge zwischen dem klagenden Verein und der Militärmusik in der österreichischen Monarchie bestehe, musste damit nicht näher eingegangen werden.

1.2 Die gerügte Aktenwidrigkeit zur Statutenänderung kann die Berechtigung der Revision im Zusammenhang mit der eingewandten Verjährung schon mangels Relevanz nicht stützen. Ungeachtet dessen, ob der Beklagte die Bezeichnung „Hoch- und Deutschmeister“ als Verein bereits seit 35 Jahren verwendet, hat er in jüngster Zeit wiederholt Handlungen gesetzt, die das Markenrecht des Klägers verletzten, sodass die dreijährige Verjährungsfrist markenrechtlicher Unterlassungsansprüche (vgl 4 Ob 143/04i) noch nicht abgelaufen ist.

1.3 Entgegen dem Revisionsrekurs ist das Klagebegehren durch die Wortfolge „oder ähnliche Bezeichnungen“ auch nicht unbestimmt, zumal eine solche Formulierung vom Obersten Gerichtshof in vergleichbaren Konstellationen mehrfach gebilligt wurde (vgl 4 Ob 111/16a, 3 Ob 256/15s, 4 Ob 188/16z uvm).

2. Hingegen zeigt das Rechtsmittel zutreffend auf, dass es dem Beklagten durch die einstweilige Verfügung unmöglich gemacht wird, seinen eigenen Vereinsnamen weiter zu verwenden.

2.1 Dabei handelt es sich um rein rechtliche Ausführungen und Darstellungen, wobei der Prüfung der Rechtsfolgen keine Klärung von Tatfragen voranzugehen hat, sodass ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot nicht vorliegt (vgl etwa 4 Ob 153/03h).

2.2 Nach der Rechtsprechung kann einem Beklagten im Wege einer einstweiligen Verfügung nicht verboten werden, im geschäftlichen Verkehr seinen protokollierten Firmennamen zu verwenden (RS0004997). Diese Judikatur wurde auch auf den Namen einer politischen Partei (4 Ob 213/05k) oder eines Landtagsklubs (4 Ob 219/15g) angewandt. Der Beklagte darf nicht gezwungen werden, den Namen entweder zu ändern oder seine Geschäftstätigkeit einzustellen (4 Ob 219/15g; 4 Ob 196/98x). Dem liegt zugrunde, dass eine einstweilige Verfügung grundsätzlich keinen irreversiblen Zustand schaffen darf (RS0009418 [T5]). Zulässig ist ein einstweiliges Verbot nur dann, wenn der Beklagte ohnedies nicht verpflichtet ist, einen bestimmten Namen zu führen (4 Ob 180/99w [zur GesBR]).

2.3 Der Beklagte ist ein eingetragener Verein. Nach § 3 Abs 2 Z 1 VerG 2002 müssen die Statuten jedenfalls den Vereinsnamen (§ 4 Abs 1 VerG 2002) enthalten. Eine Änderung des Vereinsnamens erfordert daher eine Änderung der Statuten (Krejci/S. Bydlinski/Weber-Schallauer, Vereinsgesetz 2002², § 14 VerG Rz 2), die der Vereinsbehörde anzuzeigen ist. Im geschäftlichen Verkehr muss sich der Beklagte dieses Namens bedienen (§ 63 Abs 2 GewO). Damit gleicht die Rechtslage im Wesentlichen der Änderung einer Firma. Die unter Punkt 2.2 referierte Rechtsprechung ist daher auch für einen Namen eines eingetragenen Vereins anzuwenden.

3. Das Begehren war somit zu weit gefasst, sodass dem Revisionsrekurs, teilweise Folge zu geben war.

4. Die Entscheidung über die Kosten erster, zweiter und dritter Instanz gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Der Kläger hat seinen Sicherungsantrag zu weit gefasst; der Beklagte ist dem Sicherungsbegehren im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren zur Gänze entgegengetreten. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung sind Unterliegen und Obsiegen im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren mit jeweils 50 % zu bewerten. Als Bemessungsgrundlage sind nur 35.000 EUR heranzuziehen.

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