OGH 6Ob98/19h

OGH6Ob98/19h27.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V* P*, vertreten durch Solitzka & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei A* GmbH, *, vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in Nußdorf am Attersee, wegen 36.150 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. April 2019, GZ 2 R 50/19i‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E125633

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Eine Vertragsübernahme erfordert grundsätzlich die Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei (RS0032607). Eine wirksame Vertragsübernahme bedarf daher einer Vereinbarung zwischen Überträger und Übernehmer sowie der – zumindest schlüssig erteilten – Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners (RS0032607 [T2]). Die Zustimmung der verbleibenden Partei zum Vertragsübergang kann somit auch schlüssig erfolgen (RS0032629 [T7]). Dabei ist jedoch – wie generell bei schlüssigen Willenserklärungen – ein strenger Maßstab anzulegen; für den Erklärungsempfänger darf kein vernünftiger Grund für Zweifel an einem Rechtsfolgewillen des Erklärenden bestehen, wobei die gesamten Umstände des Einzelfalls heranzuziehen sind (vgl 2 Ob 164/12z mwN).

1.2. Die Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung (RS0043253). Daher begründet die Beurteilung von konkludenten Willenserklärungen in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO (RS0043253).

1.3. Im vorliegenden Fall wurde die Wohnung nicht vom Onkel der Klägerin, sondern – wie von diesem schon bei Abschluss des Maklervertrages in Aussichtgestellt – von der Klägerin und ihrem Bruder gekauft. Ein Auseinanderfallen der Vertragsparteien zwischen dem Wohnungskaufvertrag einerseits und dem Maklervertrag andererseits würde wohl nicht dem Parteiwillen entsprechen. Dazu kommt, dass die Maklerprovision vereinbarungsgemäß der Klägerin und ihrem Bruder in Rechnung gestellt wurde. Darin liegt eine zumindest schlüssige Zustimmung der Beklagten zu einer Vertragsübernahme, ist doch nicht anzunehmen, dass die Beklagte an jemand anderen als ihren Vertragspartner fakturiert, zumal ihr zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass „wahrscheinlich Nichte und Neffe die Wohnung kaufen werden“.

2.1. Daraus ist für den Rechtsstandpunkt der Klägerin jedoch nichts zu gewinnen. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin einen Aufklärungsfehler geltend. Die Verletzung von Informationspflichten bei Abschluss eines Vertrags, unrichtige oder unvollständige Angaben über eine Eigenschaft der vermittelten Kaufsache gewähren nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern billigen dem Geschädigten den Ersatz jenes Schadens zu, den er im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat; zu ersetzen ist der Vertrauensschaden, nicht aber das positive Erfüllungsinteresse (RS0016377[T4]). Zu behaupteten Fehlinformationen durch Immobilienmakler entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre, dh so, als ob er vom Beklagten ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre (vgl 6 Ob 135/16w; 1 Ob 75/18p). Eine Schadenersatzpflicht käme daher dann in Betracht, wenn die Klägerin die Wohnung bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht gekauft hätte (RS0016377[T11]).

2.2. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht festgestellt, dass ausschlaggebend für den Kauf die Aussicht war. Am 6. 1. 2017 war jedoch auf der Nachbarliegenschaft ein Wohnhaus zumindest fast fertiggestellt und der Ausblick beeinträchtigt. Die von der Klägerin geltend gemachte Wertminderung von 36.150 EUR stellt jedoch nicht den Vertrauensschaden, sondern das Erfüllungsinteresse dar. Dieses steht ihr jedoch gerade nicht zu. Die Klägerin hat nicht vorgebracht, dass sie die Wohnung um einen niedrigeren Preis erworben hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Unverbaubarkeit nicht gewährleistet ist. Vielmehr hat sie ganz im Gegenteil behauptet, sie hätte dann den Kaufvertrag „unter keinen Umständen abgeschlossen“. Damit ist aber die Geltendmachung einer Wertminderung aus dem Titel des Vertrauensschadens unschlüssig.

3.1. Das Klagebegehren erweist sich aber auch aus einer weiteren Erwägung als unberechtigt: Der Immobilienmakler ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB; er hat insbesondere alle wesentlichen allgemeinen Informationen über das Objekt zu erteilen (RS0109996). Der Immobilienmakler verletzt seine Pflichten nicht nur dann, wenn er den Auftraggeber nicht aufklärt, sondern auch dann, wenn seine Angaben nicht richtig oder aufgrund ihrer Unvollständigkeit missverständlich sind (RS0109996 [T2]). Der Makler hat gemäß § 3 Abs 1 MaklerG die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren und ist verpflichtet, diesem „die erforderlichen Nachrichten“ zu geben; es kann von ihm erwartet werden, über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen (RS0109996 [T7]). Der Makler hat seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen beratend einzubringen (RS0109996 [T12]).

3.2. Den Makler trifft aber keine besondere Nachforschungspflicht. Wenn für den Makler keine Veranlassung besteht, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln, darf er sie weitergeben und ist zu Nachforschungen nicht verpflichtet. Der Makler ist verpflichtet, sämtliche Informationen über das Geschäft, sowohl die günstigen wie die ungünstigen, weiterzugeben, er ist aber nicht verpflichtet, sich über die Wahrheit der ihm zugekommenen Informationen zu vergewissern. Er darf lediglich nicht den Eindruck erwecken, er habe den Wahrheitsgehalt überprüft. Eine Aufklärungspflicht, die einer anwaltlichen Beratungstätigkeit gleichkommt, trifft den Makler nicht (RS0112587). Wenn keine Gründe vorliegen, an den Informationen zu zweifeln, die der Makler vom Verkäufer erhalten hat, dann ist er grundsätzlich nicht zu weiteren Nachforschungen verpflichtet (vgl RS0112587 [T3, T5], RS0112586 [T2]). Eine Haftung für Fehlinformationen des Maklers ist nur zu bejahen, wenn ihn ein Verschulden trifft; für die Richtigkeit einer bloß weitergegebenen Information eines Dritten haftet der Makler aber grundsätzlich nicht (RS0112586).

3.3. Im vorliegenden Fall warb die Beklagte prominent mit dem „unverbaubaren Ausblick“. Der dem Exposé angeschlossene mit April 2014 datierte Lageplan einer Ziviltechnikergesellschaft zeigte allerdings eine zum damaligen Zeitpunkt unzutreffende Parzellierung der Nachbargrundstücke, die in Wahrheit bereits mit 22. 11. 2013 nicht von Osten nach Westen, sondern von Norden nach Süden geteilt waren. Bei dieser Sachlage ist aber das Ergebnis des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach für die Beklagte keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, den von der Ziviltechnikergesellschaft erstellten Lageplan näher zu überprüfen oder zu hinterfragen; nach der dargestellten Judikatur konnte die Beklagte auf die Richtigkeit dieses Lageplans vertrauen, zumal weder die Klägerin, noch ihr Bruder und ihr Onkel in den Gesprächen mit der Beklagten die Bebaubarkeit der Nachbargrundstücke besonders thematisierten.

4. Damit fehlt es aber an einem Schadenersatzansprüche auslösenden Sorgfaltsverstoß der Beklagten. Schon aus diesem Grund ist die vom Berufungsgericht ausgesprochene Klagsabweisung berechtigt. Auf die weiteren von der Klägerin relevierten Rechtsfragen ist daher nicht näher einzugehen, hängt doch die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab (vgl RS0088931).

5. Soweit die außerordentliche Revision auf § 2 UWG verweist, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass die Klägerin dazu in erster Instanz kein Vorbringen erstattet hat. Hinzu kommt, dass die Frage, ob aus dem UWG Schadenersatzansprüche der Marktgegenseite abgeleitet werden können, strittig ist und zuletzt in mehreren Entscheidungen offengelassen wurde (17 Ob 34/08m; https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20121217_OGH0002_0040OB00129_12T0000_000 ErwGr 1.3.). In der zuletzt genannten Entscheidung wurde jedenfalls ausgeführt, dass zwischen den Streitteilen ohnehin ein Vertrag bestand, sodass irreführende Angaben – Kausalität und Rechtswidrigkeitszusammenhang vorausgesetzt – ohnehin vertragliche Schadenersatzansprüche begründen; das UWG hätte als eigenständige Anspruchsgrundlage nur dann Bedeutung, wenn zwischen den Streitteilen – anders als im vorliegenden Fall – keine schuldrechtliche Sonderbeziehung bestünde. Mit den Ausführungen zu § 2 UWG wird von der Revision damit jedenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dargestellt.

6. Zusammenfassend bringt die Revision somit keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

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