OGH 3Ob103/19x

OGH3Ob103/19x26.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Priv.‑Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr, Dr. Kodek und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Hämmerle & Hämmerle Rechtsanwälte GmbH in Rottenmann, gegen die beklagten Parteien 1. N***** GmbH, *****, 2. T*****, beide vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, wegen 24.126,50 EUR sA und Feststellung, über die [richtig:] außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Teilzwischenurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 10. April 2019, GZ 4 R 13/19t‑113, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00103.19X.0626.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Für die Streitwertgrenze der Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 2 ZPO ist der gesamte Entscheidungsgegenstand des Berufungsverfahrens maßgebend, auch wenn – wie hier – nur ein Teil davon Gegenstand des Revisionsverfahrens wird (RIS‑Justiz

RS0042408; 8 Ob 120/16d). Die Behandlung der außerordentlichen Revision der Klägerin hängt daher nicht von der beantragten Abänderung des Zulassungsausspruchs durch das Berufungsgericht iSd § 508 Abs 3 ZPO ab.

2. Die Beklagten zeigen in ihrer (somit richtig:) außerordentlichen Revision allerdings keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

2.1. Das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt sowie der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht bzw wann die Grenze der Zumutbarkeit weiterer oder erhöhter Verkehrssicherungspflichten erreicht oder überschritten ist, richtet sich generell nach den Umständen des Einzelfalls (

RS0110202).

Die Klägerin wurde bei einem von den beklagten Veranstaltern durchgeführten Pferde‑ und Reiterfest verletzt, als sie auf dem von den (geführten bzw gerittenen) Pferden im Schritttempo zurückzulegenden Weg etwa 10 bis 20 Meter vor den Pferden ging und durch ein völlig überraschend ausbrechendes Pferd niedergestoßen wurde.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten hafteten dem Grunde nach für den Schaden der Klägerin, weil sie diesen Unfall ganz leicht vermeiden hätten können, indem sie durch Einrichtung eines Ordnerdienstes dafür Sorge getragen hätten, dass die Besucher des Festes den Weg in gebührendem Abstand zeitlich nach bzw räumlich hinter den Pferden begehen, sodass ein nach vorne flüchtendes Pferd nicht wenige Meter vor ihm abgewandt gehende Besucher völlig unvorbereitet von hinten umrennen hätte können, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

Dass sich der Unfall im freien Weidegebiet ereignete, ist in diesem Zusammenhang ohne Relevanz, weil der Unfall der Klägerin nicht durch ein dort frei weidendes Tier verursacht wurde.

2.2. Die Verneinung eines Mitverschuldens der Klägerin durch das Berufungsgericht begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil die Beklagten in erster Instanz keinen Mitverschuldenseinwand erhoben haben.

2.3. Mit ihrer pauschalen Behauptung, es sei mangels Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden, weil die Klägerin deutsche Staatsangehörige sei, gelingt es den Beklagten ebenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Sie setzen sich nämlich mit der Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach für den auf der (deliktischen) Verletzung von allgemeinen Verkehrssicherungspflichten beruhenden Schadenersatzanspruch der Klägerin (auch) nach Art 4 Abs 1 der maßgeblichen Rom II‑VO an den Ort der Körperverletzung anzuknüpfen, also österreichisches Recht anzuwenden sei, inhaltlich überhaupt nicht auseinander.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte