OGH 1Ob92/19i

OGH1Ob92/19i27.5.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** mbH, *****, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Mag. A***** B*****, vertreten durch Dr. Werner J. Loibl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.689,60 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2018, GZ 34 R 108/18m‑20, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 30. Mai 2018, GZ 43 C 136/17h‑15, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00092.19I.0527.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht begründete seinen nachträglichen Zulassungsausspruch nach § 508 Abs 3 ZPO damit, durch seine Beurteilung der Angemessenheit des von der Klägerin begehrten Werklohns ohne (amtswegige) Einholung eines Sachverständigengutachtens könnte es die bei Anwendung des § 273 ZPO bestehenden Grenzen der Ermessensentscheidung überschritten haben. Entgegen dem– den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

1. Die Klägerin begehrt vom Beklagten gemäß § 1152 ABGB das angemessene Entgelt für von ihr erbrachte Leistungen (Besorgen, Liefern, Zusammenbauen und Aufstellen von Möbeln eines bestimmten Möbelhauses). Angemessen ist jenes Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das unter ähnlichen Umständen Geleistete ergibt (RIS‑Justiz RS0021636 [T1]); dazu gehört insbesondere der zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs erforderliche zeitliche Arbeitsaufwand. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, denen das Berufungsgericht „keine rechtliche Relevanz“ zumaß, waren Mitarbeiter der von der Klägerin beigezogenen Subunternehmerin 113,5 Stunden mit den vom Beklagten beauftragten Arbeitsleistungen beschäftigt. Selbst wenn diese verrechneten Stunden tatsächlich angefallen sind, ergibt sich daraus aber noch nicht deren Notwendigkeit. Soweit eine nähere Klärung der für eine exakte Beurteilung der Höhe einer Werklohnforderung maßgeblichen Umstände nicht möglich oder unverhältnismäßig schwierig ist, kann bei der Bestimmung der Anspruchshöhe § 273 ZPO angewendet werden (vgl 1 Ob 37/12s).

2. Das Berufungsgericht kam unter Anwendung von § 273 Abs 1 ZPO zum Ergebnis, dass der notwendige („angemessene“) Arbeitsaufwand lediglich 53 Stunden betrug. Zur Frage der Angemessenheit der Leistungen der Klägerin und damit zur Anspruchshöhe durfte es diese Beweisbefreiungsnorm (vgl RS0045268) heranziehen. Dass von der amtswegigen Einholung eines Sachverständigengutachtens Abstand genommen werden kann, ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionswerberin bereits aus dem Gesetz, kann doch noch § 273 Abs 1 ZPO bei Festsetzung des Betrags nach freier Überzeugung sogar ein von einer Partei angebotenes Beweismittel „übergangen“ werden.

3. Die Revisionswerberin, die allein die unterlassene Einholung eines (von ihr in erster Instanz gar nicht beantragten) Sachverständigengutachtens als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt, legt nicht ausreichend dar, warum ein Sachverständiger beizuziehen gewesen wäre. Sie setzt sich mit den Erwägungen des Berufungsgerichts zur Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO nicht auseinander und führt nicht aus, warum dessen Argumente nicht zutreffen sollten. Sie behauptet nicht einmal, dass ein Sachverständiger zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre und setzt auch der Annahme des Berufungsgerichts, man könne unter Bedachtnahme auf die allgemeine Lebenserfahrung ohne weiteren Verfahrensaufwand zu einem ausreichend verlässlichen Ergebnis gelangen, inhaltlich nichts entgegen. Damit vermag sie keine (entscheidungsrelevante) Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vom Gewicht einer erheblichen Rechtsfrage aufzuzeigen.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO), beschränkt sich die Revisionswerberin doch auf die Geltendmachung eines (vermeintlichen) Verfahrensmangels und greift sie die inhaltliche Beurteilung gar nicht an.

5. Eine Kostenentscheidung entfällt, weil der Beklagte keine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

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