OGH 8ObA12/19a

OGH8ObA12/19a29.4.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. 

Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. 

Stefula als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Nicolai Wohlmuth in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Emberger Molzbichler Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 11.000 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 5.500 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2019, GZ 8 Ra 1/19d‑28, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00012.19A.0429.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Dienstvertrag des beklagten Arbeitnehmers enthielt eine Konkurrenzklausel, nach der der Arbeitnehmer im Ereignisfall dem klagenden Arbeitgeber „eine Konventionalstrafe im gleichen Ausmaß [schuldet], als der Arbeitgeber bei einem von ihm verschuldeten Anlass an den Arbeitnehmer an Kündigungsentschädigung bezahlen müsste, jedoch höchstens drei Monatsentgelte (drei Gehälter und anteilige Sonderzahlungen)“.

Die Vorinstanzen vertraten die Ansicht, die Höhe der Konventionalstrafe sei hinreichend bestimmbar, weil sie an die abstrakte (hypothetische) Kündigungsentschädigung anknüpfe. Sie hänge ausschließlich davon ab, wann das Dienstverhältnis ende. Die Kündigungsfrist für die Klägerin habe hier gemäß § 20 Abs 2 AngG drei Monate betragen, sodass der Beklagte im Fall eines berechtigten Austritts gemäß § 29 AngG Anspruch auf Kündigungsentschädigung für mindestens drei Monate hätte. Weil der Vertrag die Konventionalstrafe mit höchstens drei Monatsentgelten begrenze, sehe er im vorliegenden Fall eine Konventionalstrafe in Höhe einer dreimonatigen Kündigungsentschädigung vor. Gegen eine konkrete Berechnung der Kündigungsentschädigung spreche, dass es diesfalls der Arbeitnehmer durch Erklärung eines – wenn auch unberechtigten – Austritts am Tag vor Ablauf der Kündigungsfrist in der Hand hätte, die Konventionalstrafe auf ein einziges Tagesentgelt zu reduzieren.

Ob eine Vereinbarung im

Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung keine erhebliche

Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dar, wenn sich die Entscheidung im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung zur Vertragsauslegung bewegt (RIS‑Justiz RS0044298). Dies ist hier der Fall. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung entspricht dem Grundsatz, dass im Zweifel die Auslegung den Vorzug hat, die eine wirksame und

sinnvolle Anwendung der strittigen Bestimmung ermöglicht (8 Ob 19/14y; RS0017787).

2. Nach der vereinbarten Konkurrenzklausel hatte der Arbeitnehmer für die Dauer seiner Tätigkeit beim Arbeitgeber und für die Zeit von einem Jahr nach einer etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses „1. in keinem Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers tätig zu sein, und zwar weder mittelbar noch unmittelbar, 2. ein solches Unternehmen weder zu errichten noch zu erwerben, 3. weder mittelbar noch unmittelbar an der Gründung oder dem Betrieb eines solchen Unternehmens mitzuwirken, 4. sich an einem solchen Unternehmen – ganz gleich in welcher Rechtsform – nicht finanziell zu beteiligen“. Diese Bestimmung bezog sich nach der Vereinbarung „auf Wettbewerbsunternehmen, die gleichartige oder ähnliche Erzeugnisse herstellen oder vertreiben sowie auf Tätigkeiten im Arbeitsgebiet des Arbeitgebers“, und galt ausdrücklich „ohne räumliche Beschränkung“.

Das Erstgericht vertrat mit Billigung des Berufungsgerichts die Ansicht, die Konkurrenzklausel enthalte aufgrund der konkreten Umstände eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Beklagten iSd § 36 Abs 1 Z 3 AngG, sodass von ihrer Unwirksamkeit auszugehen wäre. Der Beklagte habe aber nicht bloß seine bei der Klägerin erworbenen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten konkurrenzierend eingesetzt, sondern aufgrund der konkreten Kenntnisse über die Kundenbeziehungen der Klägerin gezielt Kunden abgeworben. Eben solche Geschäftspraktiken zu verhindern sei aber der jedenfalls berechtigte Kern einer Konkurrenzklausel. Eine solche Art von konkurrenzierender Tätigkeit sei auch dann nicht zu billigen, wenn anderenfalls das Fortkommen des Dienstnehmers stark erschwert wäre. Dieser Verstoß führe zur Konventionalstrafe.

Auch die Auslegung einer

Konkurrenzklausel ist mangels besonderer Interpretationsregeln nach den Bestimmungen der §§ 914 f ABGB vorzunehmen (RS0111387 [T1]; Reissner in Reissner/Neumayr, ZellKomm3 § 36 AngG Rz 58). Es ist damit auch bei einer Konkurrenzklausel gemäß § 914 ABGB nicht „an dem buchstäblichen Sinne“ zu haften, sondern es kommt auf die Parteienabsicht an (vgl 9 ObA 130/14d; Reissner in Reissner/Neumayr, ZellHB AV‑Klauseln Besonderer Teil 62. Klausel Rz 62.26). Vereinbaren Parteien, dass der Arbeitnehmer ein Jahr nach Beendigung des Dienstverhältnisses kein konkurrenzierendes Unternehmen eröffnen oder sich daran beteiligen darf, so gehen sie auch davon aus, dass er während dieser Zeit auch keine Kunden des Arbeitgebers abwerben darf. Es liegt insoweit eine – mitvereinbarte – sogenannte Kundenschutzklausel vor (vgl 9 ObA 59/15i). Eine Kundenschutzklausel ist grundsätzlich zulässig (8 ObA 58/08z = RS0118907 [T3]), stellt eine besondere Art einer Konkurrenzklausel dar (8 ObA 72/13s Pkt 2.1; Reissner in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 36 Rz 55 f; ders in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 36 AngG Rz 42 f) und geht weniger weit als eine generelle Konkurrenzklausel (J. Reich‑Rohrwig/Winkler in Artmann/Karollus, AktG II6 § 79 Rz 111). Mag nun das (ausdrückliche) Verbot, sich überhaupt konkurrenzierend zu verhalten, im Einzelfall aufgrund der Umstände unbillig und damit unwirksam sein, so verbleibt es aufgrund des Vertragswillens doch bei dem mitvereinbarten, weniger weitgehenden Verbot, dem Arbeitgeber ein Jahr lang keine Kunden abzuwerben. Insoweit ist kein Grund ersichtlich, dies für eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Angestellten zu halten. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung ist nicht korrekturbedürftig.

3. Mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0101811 [T1]) ist die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

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