OGH 1Ob225/18x

OGH1Ob225/18x5.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Mag. Korn und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. I*, vertreten durch Dr. Stefan Hoffmann und Dr. Thomas Herzog, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1. M* und 2. E*, beide *, vertreten durch Mag. Gudrun Pixner, Rechtsanwältin in Traunkirchen, wegen 20.000 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. September 2018, GZ 3 R 100/18y‑22, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 29. Mai 2018, GZ 1 Cg 43/17v‑18, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124713

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 1.465,55 EUR (darin 244,26 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin war mit dem Sohn der Beklagten verheiratet. Sie tätigte Aufwendungen (Investitionen und Arbeitsleistungen) für den Ausbau einer auf deren Liegenschaft befindlichen Wohnung, die sie gemeinsam mit dem Sohn der Beklagten als Ehewohnung nutzte. Die Klägerin begehrt nunmehr – nach Ehescheidung und Auszug aus der Wohnung – den Ersatz der dadurch erzielten Wertsteigerung.

Das Berufungsgericht hob das klagestattgebende Urteil des Erstgerichts auf, weil dieses den (Rest‑)Nutzen der von der Klägerin getätigten Aufwendungen gemäß § 273 ZPO geschätzt habe, obwohl die Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Bestimmung nicht vorgelegen seien. Im Übrigen ging es davon aus, dass der Klägerin ein Kondiktionsanspruch gegen die Beklagten zustehe, weil diese – als Eigentümer der Liegenschaft, deren Wert durch die Aufwendungen der Klägerin gesteigert worden sei – als Empfänger der Leistungen der Klägerin anzusehen seien. Die Beklagten seien daher ungeachtet des zugunsten ihres Sohnes eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbots passiv legitimiert.

Das Berufungsgericht ließ den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob auch in der vorliegenden Konstellation (eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Sohnes, dem außerdem bereits die Übergabe der Liegenschaft in Aussicht gestellt wurde) Bereicherungsansprüche gegen die Liegenschaftseigentümer zulässig seien. Es sei auch eine Klarstellung dazu angezeigt, ob eine im Aufteilungsverfahren – für die Aufgabe der von der Wertsteigerung betroffenen Ehewohnung – zuerkannte Ausgleichszahlung den Bereicherungsanspruch gegenüber den beklagten Liegenschaftseigentümern vermindere.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (RIS-Justiz RS0043685 [T6]) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung des Rekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO; RIS‑Justiz RS0043691).

1. Einem Lebensgefährten oder Ehegatten, der Aufwendungen auf die Liegenschaft der Eltern seines früheren Lebensgefährten (Ehegatten) tätigte, um sodann während der (ehelichen) Lebensgemeinschaft auf dieser Liegenschaft zu wohnen, steht nach Beendigung der (ehelichen) Lebensgemeinschaft gegenüber dem Liegenschaftseigentümer ein Anspruch im Sinn des § 1435 ABGB auf Vergütung des verbliebenen Restnutzens seiner Aufwendungen zu (RIS‑Justiz RS0104476; 4 Ob 2021/96a; 8 Ob 13/05b; 3 Ob 93/10p).

Die Rekurswerber halten dem Bereicherungsanspruch der Klägerin primär entgegen, dass wie dies auch festgestellt wurde an ihrer Liegenschaft zur „Absicherung der Rechtsposition“ ihres Sohnes, dem bereits die Übergabe der Liegenschaft in Aussicht gestellt und ein Nutzungsrecht an der darauf befindlichen Wohnung zugesichert worden sei, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt wurde. Die Beklagten seien daher nicht als Empfänger der von der Klägerin getätigten Aufwendungen anzusehen, weshalb es ihnen an der Passivlegitimation fehle.

Die Bejahung der Passivlegitimation durch das Berufungsgericht begründet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Dass es für die Frage der Passivlegitimation bei Beteiligung mehrerer Personen an einer Vermögensverschiebung auf die vorgestellte Zweckbeziehung bei Leistungserbringung ankommt (RIS‑Justiz RS0033737), wird von den Rekurswerbern nicht bezweifelt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre Leistungen erkennbar dem Sohn der Beklagten und nicht den beklagten Liegenschaftseigentümern erbringen wollte, vermag der Rekurs nicht substantiiert darzulegen. Das zu Gunsten des Sohnes verbücherte Veräußerungs- und Belastungsverbot begründet selbst wenn es im Grundbuch eingetragen ist – kein dingliches Recht an der Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0126487; Winner in Rummel 4 § 364c ABGB Rz 23 mwN), sondern räumt bloß einen Anspruch auf Unterlassung bestimmter Verfügungen ein, weshalb eine Werterhöhung der dem Verbot unterliegenden Liegenschaft dem daraus Berechtigten nicht zugute kommt. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass dem Sohn der Beklagten eine nicht näher konkretisierte Übertragung der Liegenschaft „in Aussicht gestellt“ und ihm ein (bloß obligatorisches) Nutzungsrecht daran eingeräumt wurde, liegt die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Klägerin ihre Leistungen – zumindest im Zweifel – den Beklagten erbringen wollte, im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums.

2. Dem Argument der Rekurswerber, dass ein Bereicherungsanspruch der Klägerin um den Vorteil der unentgeltlichen Benützung der Wohnung zu kürzen sei, ist zu entgegnen, dass die auf der Liegenschaft der Beklagten befindliche Wohnung von der Klägerin (gemeinsam mit ihrem damaligen Ehegatten) während der Ehe erkennbar unentgeltlich benutzt werden sollte. Da dieser Zweck erfüllt wurde, steht den Beklagten für den dadurch eingetretenen Nutzen der Klägerin nach erkennbarer Rechtsgrundlage kein – zur Aufrechnung berechtigender – Bereicherungsanspruch zu. Das steht in Einklang mit der von den Rekurswerbern zitierten Entscheidung zu 3 Ob 556/90, in der ausgeführt wurde, dass „zweifelsfrei ein unentgeltliches familienhaftes Wohnen“ des Sohnes und seiner (ersten) Frau vorlag, solange die Eltern ihn beherbergten um ihm zu helfen und ihn (finanziell) zu unterstützen. Ein Vergütungsanspruch wurde erst ab jenem Zeitpunkt angenommen, ab dem sein Wohnen im Zusammenhang mit der Erwartung einer Erbeinsetzung stand.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Im Zwischenstreit über die (mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte) Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS‑Justiz RS0123222).

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