European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00146.18M.0227.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
In der Medienrechtssache des Antragstellers Dr. Michael K*****gegen den Antragsgegner Markus W*****wegen §§ 9 ff MedienG wies das Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 16. Mai 2018, GZ 24 Hv 28/18h‑15, den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der Veröffentlichung einer Gegendarstellung ab.
Der dagegen gerichteten Berufung des Antragstellers gab das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht mit Urteil vom 1. August 2018, AZ 6 Bs 166/18i (ON 24), nicht Folge.
Dem Verfahren lag das Begehren des Antragstellers auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung in Bezug auf eine auf der mit „Forum“ betitelten Unterseite der Website www.***** erfolgte Veröffentlichung zugrunde. Der Medieninhaber Markus W***** hatte dazu unverzüglich die vom Antragsteller begehrte Veröffentlichung vorgenommen, jedoch (nur) in Form eines auf der Unterseite „Forum“ unter Hinweis auf die Gegendarstellung geschalteten Links. Um zum Text der Gegendarstellung zu gelangen, musste dieses Fenster erst geöffnet werden (US 4 ff des Ersturteils).
Die hier befassten Gerichte erachteten diese Veröffentlichung als gehörig im Sinn des § 13 Abs 3 MedienG, weil im Hinblick auf die farbliche Hervorhebung sowohl des Namens des Postenden als auch des Links selbst damit kein geringerer Auffälligkeitswert verbunden gewesen sei als mit einer „Direktveröffentlichung im Forum“, zumal die dortige anthrazitfarbene Schrift in Größe 10 weniger Aufmerksamkeit erregt hätte.
Das Oberlandesgericht setzte begründend hinzu, dass der Bestimmung des § 13 Abs 4 zweiter Satz MedienG zu entnehmen sei, dass eine „bloße“ Verlinkung auf der Seite der Primärveröffentlichung nicht grundsätzlich den Veröffentlichungswert der Gegendarstellung mindere (US 8).
In ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde führt die Generalprokuratur aus:
Nach § 13 Abs 3 MedienG ist die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung so zu veröffentlichen, dass ihre Wiedergabe den gleichen Veröffentlichungswert hat wie die Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht. Nach Abs 4 leg cit ist (auch) bei einer Veröffentlichung auf einer Website ein gleicher Veröffentlichungswert jedenfalls dann gegeben, wenn die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung im selben Teil und in der gleichen Schrift wie die Tatsachenmitteilung wiedergegeben wird (erster Satz). Bei einer Tatsachenmitteilung auf der Titelseite eines periodischen Druckwerks oder auf der Startseite einer Website genügt auf der Titelseite oder Startseite eine Verweisung auf die Gegendarstellung im Blattinneren oder ein Link zur Gegendarstellung.
Die erst durch die Mediengesetz‑Novelle 1992 (BGBl 1993/20) eingeführten Sondervorschriften für Primärveröffentlichungen auf der Titelseite eines periodischen Druckwerkes oder in einer Überschrift (§ 13 Abs 4 zweiter bis letzter Satz MedienG) sollten verhindern, dass „eine allzu schematische Handhabung ... zu einem unzweckmäßigen Erscheinungsbild sowie zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Mediums führen“ (JAB 851 BlgNR 18. GP 7). Die Mediengesetzänderung mit BGBl I 2005/49 hat Startseiten von Websites in die für Titelseiten geltende Privilegierung – und um eine solche handelt es sich aus Sicht des Medieninhabers zweifellos – des § 13 Abs 4 zweiter bis letzter Satz MedienG einbezogen.
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut greift die Privilegierung einer Verlinkung zur Gegendarstellung indes nur dann, wenn die Primärveröffentlichung auf der Startseite einer Website erfolgt ist. Ist die Primärveröffentlichung jedoch – wie hier – im sogenannten „Forum“, also auf einer Unterseite erfolgt, so gilt § 13 Abs 4 erster Satz MedienG, wonach die Gegendarstellung im selben Teil wie die Tatsachenmitteilung wiederzugeben ist, uneingeschränkt.
Für eine Ausdehnung des „Startseiten-Privilegs“ auf Veröffentlichungen außerhalb von Startseiten besteht keine Veranlassung. Dass durch die Schaltung eines Links anstelle der Wiedergabe des Volltextes unabhängig von dessen farblicher Gestaltung (und der Schriftgröße des Volltextes) jedenfalls ein geringerer Veröffentlichungswert (§ 13 Abs 3 MedienG; zum engen Vergleichsmaßstab vgl RIS-Justiz RS0074798) verbunden ist, ist evident, wird dem Medienkonsumenten doch ein weiterer, nicht von jedem auch vorgenommener Schritt abverlangt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Nach § 13 Abs 3 MedienG ist die Gegendarstellung über die nachträgliche Mitteilung so zu veröffentlichen, dass ihre Wiedergabe den gleichen Veröffentlichungswert hat wie die Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht. Der – für die Beurteilung, ob die Veröffentlichung „gehörig“ (vgl § 14 Abs 1, § 18 Abs 1 MedienG) erfolgte, grundlegende – Begriff des gleichen Veröffentlichungswerts entzieht sich einer formal-schematischen Auslegung und ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Es kommt darauf an, ob die Veröffentlichung in ihrem Gesamteindruck die gleiche Publizität aufweist wie die inkriminierten Passagen (vgl 15 Os 90/15x; Rami in WK² MedienG § 13 Rz 15; Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG3 § 13 Rz 11).
§ 13 Abs 4 MedienG enthält Sondervorschriften, die den Begriff des gleichen Veröffentlichungswerts präzisieren (Frohner/Haller MedienG6 § 13 Rz 8), die Grundsätze zur Beurteilung des gleichen Veröffentlichungswerts aber nicht verändern (vgl 13 Os 53/95). Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung ist (auch) bei einer Veröffentlichung auf einer Website ein gleicher Veröffentlichungswert jedenfalls dann gegeben, wenn die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung im selben Teil und in der gleichen Schrift wie die tatsächliche Mitteilung wiedergegeben wird. Bei einer Tatsachenmitteilung auf einer Titelseite eines periodischen Druckwerks oder auf der Startseite einer Website genügt auf der Titelseite oder Startseite eine Verweisung auf die Gegendarstellung im Blattinneren oder ein Link zur Gegendarstellung (Abs 4 zweiter Satz).
§ 13 Abs 4 erster und zweiter Satz MedienG normieren insofern keine notwendige, sondern eine hinreichende Bedingung für die Erzielung des gleichen Veröffentlichungswerts (arg: „jedenfalls“; „genügt“; vgl auch Rami in WK² MedienG § 13 Rz 16; Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG3 § 13 Rz 13).
Dass – umgekehrt – ein auf einer Unterseite einer Website unter Hinweis auf die Gegendarstellung geschalteter Link den gleichen Veröffentlichungswert keinesfalls– unabhängig von der konkreten publizistischen Gestaltung – erzielen könnte, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Denn aus den zitierten Bestimmungen über die Veröffentlichung einer Gegendarstellung kann nicht abgeleitet werden, dass der gleiche Veröffentlichungswert nicht auch durch andere Elemente der publizistischen Aufmachung erzielt werden kann.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
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