European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E124880
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der
Beschluss
lautet:
Urkunden
Kaufvertrag vom 28. 8. 2018
Rangordnungsbeschluss vom 30. 8. 2018 TZ 4218/2018
Bestätigung nach § 18 K-GVG 2002 vom 14 9. 2018
Bewilligt wird
1 in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 1
1 Anteil: 1/1
S*
GEB. * ADR. *
im Rang TZ 4218/2018 zu ½ (hinsichtlich der Liegenschaft)
die Einverleibung des Eigentumsrechts
für J*
*
2 in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 1
1 Anteil: 1/1
S*
GEB. * ADR. *
im Rang TZ 4218/2018 zu ½ (hinsichtlich der Liegenschaft)
die Einverleibung des Eigentumsrechts
für V*
*
Verständigt werden
1. Dr. Herwig Hasslacher Rechtsanwalt, *
2. S*
3. J*
4. V*
5. Finanzamt S*
6. Gemeinde S*
7. Bezirkshauptmannschaft * S*
Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.
Begründung:
Der Erstantragsteller ist grundbücherlicher Alleineigentümer einer Liegenschaft (Baufläche und Garten). Zu TZ 4218/2018 ist die Rangordnung für die Veräußerung bis zum 30. 8. 2019 angemerkt.
Der Verkäufer (Erstantragsteller) und die beiden Käufer (Zweitantragsteller und Drittantragstellerin) beantragen die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer je zur Hälfte im Rang TZ 4218/2018. Vorgelegt wurden der Rangordnungsbeschluss, eine Negativbestätigung nach § 18 des Kärntner GVG 2002 sowie der Kaufvertrag, der folgende relevante Regelungen enthält:
„III.
………
Die Käufer sind zur ungeteilten Hand verpflichtet, den Kaufpreis längstens binnen einem Monat nach Vertragsunterfertigung und zwar als Treuhanderlag auf das vom Vertragsverfasse r … eingerichtete Treuhandkonto … zu bezahlen.
IV.
Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands in den tatsächlichen Besitz der Käufer erfolgt mit dem Tag des vollständigen Einlangen der Kaufpreiszahlung auf de m Treuhandkonto des Vertragsverfassers (Übergabetermin).
Ab diesem Zeitpunkt tragen daher die Käufer alle mit dem Vertragsobjekt verbundene n Rechte und Pflichten als Eigentümer und Besitzer, somit einerseits Vorteil und Nutzen, andererseits aber auch Last, Gefahr und Zufall. Dies gilt auch für die Kosten verbrauchsabhängiger (ablesbarer) Versorgungseinrichtungen, das sind Strom und Wasser.
Als Stichtag für den Übergang der auf den Vertragsgegenstand entfallenden Steuern, Gebühren (Kanal und Müllabfuhr) und sonstigen öffentlichen Abgaben sowie Gebäudeversicherung gilt jedoch jedenfalls der 01. Oktober 2018.
Bis zum Zeitpunkt der Übernahme dieser Kosten durch die Käuferseite sind diese Verpflichtungen ausschließlich von der Verkäuferseite zu erfüllen, sodass sowohl allfällige Guthaben als auch Rückstände aus dieser Abrechnung mit der Verkäuferseite zu verrechnen sind.
Die Vertragsteile haben sich wechselseitig aus den von ihnen übernommenen Verpflichtungen vollkommen schad‑ und klaglos zu halten.
Der Verkäufer verpflichtet sich, das Kaufobjekt von sämtlichen nicht kaufgegenständlichen Fahrnissen zu räumen und den Käufern zum Übergabetermin geräumt zu übergeben.
IX.
Sohin erteilen die Vertragsparteien ihre ausdrückliche Einwilligung, dass auch über alleiniges Ansuchen eines der Vertragsteile folgende Grundbuchshandlungen vorgenommen werden können:
Bei der Liegenschaft …
die Einverleibung des Eigentumsrechts je zur Hälfte für … und für …
X.
Die Vertragsparteien beauftragen und bevollmächtigen den Vertragsverfasser … dazu, sämtliche zur Rechtswirksamkeit dieses Vertrags erforderlichen Genehmigungen einzuholen und den Vertrag zu verbüchern.“
Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Seiner Ansicht nach enthält Punkt IV. erster Absatz des Kaufvertrags eine aufschiebende Bedingung, die das Zustandekommen des Vertrags vom Einlagen der Kaufpreiszahlung auf dem Treuhandkonto abhängig mache. Die Zahlung des Kaufpreises auf das Treuhandkonto sei nicht durch Urkunden iSd §§ 26 ff GBG nachgewiesen worden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Käufer nicht Folge. Die Vertragsbestimmung bringe zwar keine konditionale Verknüpfung zwischen vollständiger Kaufpreiszahlung und Verbücherung zum Ausdruck. Wenn aber schon der – weniger weitgehende – Besitzübergang vom Tag des vollständigen Einlangens der Kaufpreiszahlung abhängig gemacht werde und ab diesem Zeitpunkt die Käufer alle mit dem Vertragsobjekt verbundenen Rechte und Pflichten als Eigentümer und Besitzer tragen sollten, so werde doch durch den Inhalt der Urkunde der Zweifel erweckt, ob nicht doch die gesamte Kaufpreiszahlung als Bedingung des Kaufvertrags zu verstehen sei. Die physische Übergabe der Liegenschaft (Verschaffung des sogenannten Naturalbesitzes) ersetze zwar die grundbücherliche Eintragung nicht, räume aber dennoch dem besitzenden Erwerber eine weitergehende Rechtsstellung ein. Nach dem Vertragswortlaut könnten die Parteien auch beabsichtigt haben, den Anspruch der Käufer auf Verbücherung ihres Eigentums von der Bezahlung des Kaufpreises abhängig zu machen.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Verknüpfung der vollständigen Kaufpreiszahlung mit der Verschaffung des Naturalbesitzes im Zusammenhang mit der Verbücherung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Käufer ist zulässig und berechtigt.
1.1 Das Grundbuchsgericht hat nach § 94 Abs 1 GBG das Gesuch und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und der Urkundeninhalt nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich ist, sondern auch in der materiell‑rechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen lässt (RIS‑Justiz RS0060878).
1.2 Maßgeblich für die Auslegung einer Grundbuchsurkunde ist deren Wortlaut. Das Grundbuchsgericht darf grundsätzlich keinen vom Urkundenwortlaut abweichenden Parteiwillen ermitteln (RIS‑Justiz RS0060573 [T1]). Eine ergänzende oder vom Wortsinn der Grundbuchsurkunde abweichende Interpretation ist somit nicht zulässig (RIS‑Justiz RS0060573 [T3]; RS0060878 [T21]). Das Grundbuchsgericht darf zwar aus Urkunden unmittelbare logische Schlussfolgerungen ziehen. Es darf sich aber nicht auf Spekulationen oder gar Beweisaufnahmen darüber, wie eine beurkundete Erklärung tatsächlich gewollt war, einlassen (RIS‑Justiz RS0060573 [T5]).
2.1 Aufschiebend bedingte Rechte können vor Eintritt der Bedingung nicht im Grundbuch eingetragen werden (RIS‑Justiz RS0060269). Wird der Rechtserwerb von einer aufschiebenden Bedingung, insbesondere der Erbringung einer Gegenleistung abhängig gemacht, ist für die Einverleibung auch der Eintritt der Bedingung urkundlich unter Einhaltung der Vorschriften der §§ 26 ff GBG nachzuweisen (5 Ob 92/12h = RIS‑Justiz RS0060364 [T13]).
2.2 Wenn nach dem Inhalt eines Kaufvertrags dessen Verbücherung davon abhängt, dass der Kaufpreis beim Verkäufer oder auf einem dafür eingerichteten Treuhandkonto vollständig einlangt, so muss diese Bedingung urkundlich nachgewiesen werden (5 Ob 317/00d; 5 Ob 294/05d; 5 Ob 187/06w ua). Die Rechtsprechung sah in diesem Zusammenhang Formulierungen wie „dieser Kaufvertrag darf erst dann grundbücherlich durchgeführt werden, wenn der gesamte Kaufpreis bezahlt ist“ (5 Ob 317/00d) oder „eine Verbücherung dieses Vertrags darf nur erfolgen, wenn der gesamte Kaufpreis bei dem Vertragsverfasser und Treuhänder erlegt wurde“ (5 Ob 294/05d) oder „der Vertragsverfasser wird von beiden Vertragsparteien unwiderruflich angewiesen, die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags erst zu beantragen, wenn er über den gesamten Kaufpreis einschließlich allfälliger Verzugszinsen verfügt“ (5 Ob 172/08t) als aufschiebende Bedingung an.
2.3 Eine derartige konditionale Verknüpfung zwischen Zahlung des Kaufpreises und Verbücherung findet sich im vorgelegten Kaufvertrag nicht. Aufsandungserklärung und Auftrag an den Vertragsverfasser und Treuhänder zur grundbücherlichen Durchführung sind unbedingt formuliert. Punkt IV. des Kaufvertrags regelt die tatsächliche physische Übergabe der Liegenschaft sowie an diese anknüpfend die Verteilung von Gefahr, Nutzen, Kosten und die Verpflichtung des Verkäufers zur geräumten Übergabe. Die dort enthaltene Verknüpfung zwischen Zahlung des Kaufpreises und tatsächlicher Übergabe fand sich auch in der Vertragsurkunde, die zu 5 Ob 187/06w beurteilt wurde. Hier fehlt jedoch die– in der zitierten Entscheidung als aufschiebende Bedingung für die Verbücherung angesehene – Anweisung an den Vertragsverfasser, das Grundbuchsgesuch erst nach Einlangen des Kaufpreises auf dem Treuhandkonto einzubringen.
3. Das von den Vorinstanzen angenommene Eintragungshindernis liegt nicht vor. Andere Hindernisse sind nach der Aktenlage nicht gegeben.
4. Das Grundbuchsgesuch ist somit antragsgemäß zu bewilligen.
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