European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040NC00001.19P.0123.000
Spruch:
Dem Delegierungsantrag wird stattgegeben.
Anstelle des Bezirksgerichts Amstetten wird das Bezirksgericht Perg als das zur Führung des Pflegschaftsverfahrens zuständige Gericht bestimmt.
Begründung:
Der Vater brachte beim zuständigen Bezirksgericht Amstetten einen Antrag auf „pflegschaftsgerichtliche Verfügung gemäß §§ 179 ff ABGB“ ein. Damit verband er den Antrag an den Obersten Gerichtshof, die Pflegschaftssache gemäß § 31 JN aus Gründen der Zweckmäßigkeit an das Bezirksgericht Perg zu delegieren. Der Antragsteller brachte vor und bescheinigte, dass er selbst Richter des Bezirksgerichts Amstetten und die Mutter Richterin des Bezirksgerichts Melk sei. Es sei daher davon auszugehen, dass sämtliche Richterinnen und Richter des Bezirksgerichts Amstetten, aber auch aller umliegenden Bezirksgerichte im Sprengel des Landesgerichts St. Pölten befangen seien, und die Pflegschaftssache, sofern sie im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien behandelt werden solle, an ein weiter entferntes Gericht übertragen werden müsste. Die Eltern verfügten über keine Nahebeziehungen zu Richterinnen oder Richtern des (im Sprengel des Landesgerichts Linz bzw des Oberlandesgerichts Linz gelegenen) Bezirksgerichts Perg, das nur rund 25 km vom Wohnort der Familie entfernt sei. Für das Scheidungs- und Aufteilungsverfahren hätten die Eltern bereits die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Perg vereinbart. Wie sich aus § 26 Abs 3 GOG ergebe, sollten eine Familie betreffende Scheidungs-, Aufteilungs- und Kindschaftsverfahren tunlichst vom selben Gericht und vom selben Rechtsprechungsorgan behandelt werden. Es sei daher sowohl im Hinblick auf die Zusammenhänge mit dem Scheidungsverfahren als auch wegen der größeren Nähe zum Wohnort der Parteien zweckmäßig, dass die Pflegschaftssache vom Bezirksgericht Perg geführt werde.
Das Bezirksgericht Amstetten legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor, ohne sich selbst gemäß § 31 Abs 3 JN zur Frage der Zweckmäßigkeit einer Delegierung zu äußern.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei auch im außerstreitigen Verfahren (vgl RIS-Justiz RS0046292) anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Frage der Zweckmäßigkeit ist nach den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beurteilen (vgl RIS-Justiz RS0046333).
Unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten und bescheinigten Umstände (Zusammenhang mit den weiteren familienrechtlichen Verfahren, Nähe zum Wohnort der Parteien) liegt die beantragte Delegierung im wohlverstandenen Interesse der Parteien und ist somit als zweckmäßig zu beurteilen.
Von der Einholung einer Äußerung des an sich zuständigen und vom Antragsteller auch angerufenen Gerichts nach § 31 Abs 3 letzter Satz JN konnte unter diesen Gegebenheiten abgesehen werden (vgl RIS-Justiz RS0113776).
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