OGH 1Ob5/19w

OGH1Ob5/19w23.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr.

 Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. K***** und 2. K*****, beide *****, beide vertreten durch die Dr. Udo Elsner Rechtsanwalt KG, Wien, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde P*****, vertreten durch die Graf Patsch Taucher Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Duldung der Leitungsführung und Einwilligung in die bücherliche Einverleibung des Leitungsrechts (Streitwert 40.000 EUR) sowie Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. November 2018, GZ 13 R 87/18m‑28, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 28. März 2018, GZ 26 Cg 85/16d‑24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00005.19W.0123.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks, das an keine öffentliche Verkehrsfläche grenzt. Sie begehren von der Beklagten als Eigentümerin von zwei an ihre Liegenschaft angrenzenden Grundstücken die Duldung der Führung einer Wasser-, Abwasser- sowie Stromleitung über deren Grundstücke, die Einverleibung des Rechts der Kanalanschluss-, Wasser- und Stromleitung auf diesen Grundstücken zugunsten des Grundstücks der Kläger sowie die Feststellung der Haftung für die aus der Weigerung der Duldung der Leitungsführung entstehenden Schäden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil der als Anspruchsgrundlage ins Treffen geführte – zwischen den Voreigentümern des Grundstücks der Kläger und der Beklagten abgeschlossene – Servitutsvertrag (mit diesem wurde ein Geh‑ und Fahrrecht „in dem für die Sicherstellung der Bebaubarkeit ... unbedingt erforderlichen Ausmaß“ eingeräumt) für die geltend gemachten Ansprüche keine Grundlage bietet. Das Berufungsgericht gab der von den Klägern erhobenen Berufung nicht Folge und hielt der Kritik, das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Kläger ihre Ansprüche auch auf das NÖ Kanalgesetz, das NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz 1978 bzw das NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 und die NÖ Bauordnung 2014 gestützt hätten, entgegen, dass sich diese auf die genannten Anspruchsgrundlagen gerade nicht gestützt, sondern nur aus dem Servitutsvertrag abgeleitete privatrechtliche Ansprüche geltend gemacht hätten. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Kläger ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Die Rechtsansicht, wonach sich das Klagebegehren nicht aus dem von den Rechtsvorgängern hinsichtlich ihrer Liegenschaft mit der Beklagten abgeschlossenen Servitutsvertrag ableiten lasse, wird in dritter Instanz nicht bekämpft. Die Revisionswerber wenden sich ausschließlich dagegen, dass sich die Vorinstanzen mit den landesrechtlichen Wasser- und Abwasserbestimmungen nicht auseinandergesetzt und der Klage auf Grundlage dieser Bestimmungen nicht stattgegeben haben, obwohl diese in erster Instanz ausdrücklich als Anspruchsgrundlage ins Treffen geführt worden seien.

2. Wie prozessuale Erläuterungen einer Partei zu verstehen sind, hängt ebenso wie die Beurteilung, ob dem Prozessvorbringen eine Beschränkung auf einen bestimmten Rechtsgrund entnommen werden kann, von der Auslegung des Vorbringens im Einzelfall ab und begründet daher in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0044273 [insbesondere T41, T43, T47, T49]).

3. Die Kläger beriefen sich in ihrer Klage hinsichtlich der Duldung einer Wasser- und Abwasserleitung (nicht aber hinsichtlich der Stromleitung) zwar auf landesgesetzliche Wasser- und Abwasserbestimmungen. Aufgrund des von der Beklagten – ersichtlich nur in Bezug auf diese Bestimmungen („ mit Ausnahme der […] Bezugnahme auf den Servitutsvertrag “) – erhobenen Einwands der Unzulässigkeit des Rechtswegs führten sie jedoch aus, zivilrechtliche Ansprüche im Verwaltungsverfahren nicht geltend machen zu können, weil für diese ausschließlich das Zivilgericht zuständig sei. Dass sich aus den einschlägigen Wasser- und Abwasserbestimmungen zivilrechtliche Ansprüche ergeben würden, behaupteten die Kläger in erster Instanz – im Unterschied zu ihrer Revision – nicht. In weiterer Folge argumentierten sie nur mehr zum Servitutsvertrag (einschließlich der Umstände seines Zustandekommens) als Grundlage ihrer Ansprüche.

4. In der Revision behaupten die Kläger ihre Klage auch auf bestimmte gesetzliche Wasser- und Abwasserbestimmungen gestützt zu haben. Sie legen aber nicht dar, weshalb es eine vom Obersten Gerichtshof auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung begründen sollte, dass ihr späteres – auf den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs replizierendes – Vorbringen, wonach ausschließlich zivilrechtliche Ansprüche erhoben würden, als Beschränkung der in der Klage behaupteten Anspruchsgrundlagen ausgelegt wurde. Angesichts der Beschränkung der Klage auf zivilrechtliche Ansprüche und da die Kläger solche in erster Instanz nicht aus den genannten Wasser- und Abwasserbestimmungen ableiteten – und diese Bestimmungen solche auch nicht einräumen (vgl nur § 18 Abs 2 NÖ Kanalgesetz 1977, wonach die angestrebte Duldungspflicht mit Bescheid aufzutragen ist und die Gerichte nur für die Festsetzung einer Entschädigung zuständig sind) –, bedarf die Entscheidung des Berufungsgerichts auch im Hinblick darauf, dass im Zweifel keine Beschränkung auf einen von mehreren Rechtsgründen anzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0037610 [T36]), keiner Korrektur. Insbesondere ist einem Kläger nicht zu unterstellen, sich auf Rechtsgrundlagen des Verwaltungsrechts stützen zu wollen, die keine zivilrechtlichen Ansprüche begründen.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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