OGH 3Ob177/18b

OGH3Ob177/18b19.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** eU, *****, vertreten durch die Gheneff‑Rami‑Sommer Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagten Parteien 1. W***** GmbH, *****, vertreten durch die Wiedenbauer Mutz Winkler & Partner Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, und 2. H***** GmbH & Co KG*****, vertreten durch die Greindl & Köck Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 117.395,36 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 13. August 2018, GZ 3 R 85/18t‑13, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00177.18B.1219.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin ist ein Transportunternehmen, das von der Erstbeklagten einen Ölkühler erwarb, der am Sitz der Klägerin in Kärnten in einen ihrer LKW eingebaut wurde. Die Erstbeklagte mit Sitz im Sprengel des Erstgerichts (Landesgericht Wels) hatte diesen Ölkühler als Händlerin von der Zweitbeklagten, einem auf Automobilzulieferung spezialisierten in Deutschland ansässigen Unternehmen, bezogen. Die Zweitbeklagte fungierte nur als Zwischenhändlerin des Ölkühlers, den sie originalverpackt weiterverkaufte. Die Klägerin begehrt von beiden Beklagten Schadenersatz an Reparaturkosten und Verdienstentgang für Stehzeiten, weil der gelieferte Ölkühler defekt gewesen sei und einen Motorschaden am LKW hervorgerufen habe.

Beide Vorinstanzen wiesen die Klage gegen die Zweitbeklagte zurück, nachdem diese eine Unzuständigkeitseinrede erhoben hatte.

Rechtliche Beurteilung

Konformatsbeschlüsse sind gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zwar grundsätzlich anfechtbar, wann die Klage – wie im vorliegenden Fall – ohne Sachentscheidungen aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde und somit im Ergebnis eine endgültige Verweigerung der Sachentscheidung über das Rechtsschutzbegehren vorliegt (RIS‑Justiz RS0044536 [T8], RS0044487 [T15] jüngst 6 Ob 128/18v). Hier zeigt die Klägerin, die in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zur Begründung der Zuständigkeit des Erstgerichts auch für die Zweitbeklagte nur mehr auf den Gerichtsstand für Deliktsklagen nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 zurückkommt, aber keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb ihr Rechtsmittel kurz begründet als nicht zulässig zurückzuweisen ist (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO):

1.  Die Klägerin geht – die wie das Rekursgericht – davon aus, dass sie gegenüber der Zweitbeklagten einen deliktischen Anspruch iSd Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 geltend macht, zweifelt also nicht an, dass weder der Handlungsort noch der Erfolgsort (wegen Kühlereinbaus in Kärnten) im Sprengel des angerufenen Erstgerichts liegen. Der Vorwurf an das Rekursgericht geht nur dahin, es habe übersehen, dass die Zweitbeklagte zwar die internationale Unzuständigkeit, nicht jedoch die örtliche Unzuständigkeit eingewendet habe, sodass (gemeint: nach Art 26 Abs 1 EuGVVO 2012) eine „Heilung“ (gemeint: Zuständigkeitsbegründung durch rügelose Einlassung) erfolgt sei.

2.1.  Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 regelt nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit (RIS‑Justiz RS0111094 [T5–T7]; 6 Ob 18/17s; 6 Ob 122/15g je mwN). Durch die rügelose Einlassung wird nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründet (5 Nc 15/09i = RIS‑Justiz RS0112765 [T1]; 8 Ob 67/15h; 6 Ob 122/15g). Wenn die Beklagte nur die fehlende inländische Gerichtsbarkeit und nicht auch die örtliche Unzuständigkeit eingewendet hat, ist bei Bejahung der inländischen Gerichtsbarkeit und Abhaltung einer mündlichen Streitverhandlung die örtliche Unzuständigkeit geheilt (5 Ob 188/03p = RIS‑Justiz RS0119313).

2.2.  Art 24 EuGVVO alt hat lediglich die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit eines bestimmten Gerichts eines Mitgliedstaats im Auge und stellt nicht etwa auf die Unzuständigkeit sämtlicher Gerichte dieses Mitgliedstaats ab. Ein ausdrückliches Bestreiten der internationalen Zuständigkeit ist (auch nach Art 26 Abs 1 EuGVVO 2012) nicht erforderlich, vielmehr reicht es aus, wenn sich aus dem Vorbringen des Beklagten ergibt, dass er den Mangel geltend machen will, der darin liegt, dass das angerufene Gericht aufgrund der internationalen Zuständigkeitsnormen nicht zuständig ist (RIS‑Justiz RS0120664; 8 Ob 67/13f). Eine nähere Begründung der Rüge ist nicht nötig.

3.  Die Zweitbeklagte hat hier weder konkret gegen die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 argumentiert, noch zu erkennen gegeben, dass sie nur die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte bestreite. Vielmehr hat sie mehrfach die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (und nicht der österreichischen Gerichte) wegen Fehlens eines tauglichen Anknüpfungspunkts nach der EuGVVO 2012 in Abrede gestellt und die Zurückweisung der Klage aufgrund (nicht weiter spezifizierter) Unzuständigkeit begehrt. Wenn das Rekursgericht darin eine umfassende Bestreitung der Zuständigkeit und damit auch eine Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts erblickte, stellt dies angesichts der aufgezeigten Rechtslage eine jedenfalls vertretbare Auslegung des Prozessvorbringens der Zweitbeklagten dar, die keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf (RIS‑Justiz RS0042828 [T3]).

4.  Der von der Klägerin ins Treffen geführte Umstand, dass sie das erstinstanzliche Vorbringen der Zweitbeklagten anders interpretiert und deshalb die Stellung eines Antrags iSd § 261 Abs 6 ZPO in der abgesonderten Verhandlung unterlassen habe, vermag daran nichts zu ändern: Ermöglicht die genannte Bestimmung doch einen Eventualantrag, der ein Zugeständnis der Unzuständigkeit nicht erfordert hätte; die Unterlassung eines solchen Antrags aus prozesstaktischen Überlegungen der Klägerin erfolgte daher auf ihr Risiko. Die ungenutzte Möglichkeit der Antragstellung nach § 261 Abs 6 ZPO schließt aber einen Überweisungsantrag nach § 230a ZPO aus.

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