OGH 2Ob213/18i

OGH2Ob213/18i29.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** R*****, vertreten durch Dr. Robert Galler und Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, Wien 2, vertreten durch Dr. Ingrid Schwarzinger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 51.050,10 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 28. August 2018, GZ 22 R 178/18g‑102, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00213.18I.1129.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin war Patientin in der Sonderkrankenanstalt des beklagten Sozialversicherungsträgers. Auf dem Weg vom Speisesaal in ihr Zimmer rutschte sie auf dem Gang „auf einer Flüssigkeit“ aus, stürzte und verletzte sich dadurch.

1. Die Revisionswerberin meint, eine höchstgerichtliche Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, nämlich „im Zusammenhang mit dem Ausrutschen auf einer Flüssigkeit in der Krankenanstalt“ existiere nicht.

Rechtliche Beurteilung

Dass Rechtsprechung zu einem

vergleichbaren Sachverhalt fehlt, begründet jedoch noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0122015 [T4]). Rechtsprechung über die Haftung von Betreibern von Krankenanstalten oder Kuranstalten gegenüber Patienten oder Kurgästen oder auch Dritten aus Vertrag oder Verkehrssicherungspflichten im Allgemeinen ist durchaus vorhanden (vgl nur RIS-Justiz RS0021902, RS0023950).

2. Im Übrigen hängt der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (RIS-Justiz RS0110202; vgl auch RS0111380). Entscheidungen über Verkehrssicherungspflichten sind daher nur dann revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlief, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf (RIS-Justiz RS0110202 [T14]). Von einer erheblichen Fehlbeurteilung abgesehen liegt keine Frage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor, wenn das Berufungsgericht die Rechtsprechung zu Inhalt und Umfang von Verkehrssicherungspflichten, insbesondere zu deren Beschränkung bei Erkennbarkeit der Gefahr beachtet hat (RIS-Justiz RS0111380 [T1]).

3. Das Berufungsgericht hat die in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zu den Verkehrssicherungspflichten zutreffend dargestellt und im vorliegenden Einzelfall vertretbar deren haftungsbegründende Verletzung verneint. Das gilt insbesondere für das von der Klägerin ins Treffen geführte Organisationsverschulden. Dass der auf dem Gang verlegte PVC‑Boden an der Sturzstelle nicht die erforderlichen „Reibbeiwerte“ aufgewiesen hätte, vermochte die Klägerin nicht unter Beweis zu stellen (vgl 10 Ob 53/15i).

Dazu kommt, dass Ö-Normen, die nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, nicht als Gesetz im Sinne des § 1311 ABGB angesehen werden können (RIS-Justiz RS0038622 [T17]). Dass die vom Erstgericht herangezogene „seit 2009 geltende“ Ö-Norm Z 1261 durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt worden wäre, steht weder fest, noch hat dies die Klägerin auch nur behauptet.

4. Die Klägerin, die auch ein Abweichen von ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs behauptet, jedoch keine einzige Entscheidung (und auch keine Literaturstelle) zitiert, zeigt in ihrer Revision somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

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