OGH 4Ob166/18t

OGH4Ob166/18t23.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Gabler Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Ingrid Juliane Gaismayer, Rechtsanwältin in Wien, 2) G***** regGenmbH, *****, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in Wien, und 3) S***** W*****, vertreten durch Dr. Georg Angermaier, Rechtsanwalt in Wien, wegen 145.516,23 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2018, GZ 2 R 7/18s‑50, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00166.18T.1023.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin führte im Auftrag der Beklagten Schlosserarbeiten an einer städtischen Wohnhausanlage in Wien durch. Dem Vertrag lagen die ÖNORM B2110, die allgemeinen Vertragsbestimmungen der Drittbeklagten sowie besondere Bestimmungen im Angebot zugrunde. Die maßgebenden Vertragsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

„Die Schlussrechnung bzw Teilschlussrechnung kann erst nach Gesamtfertigstellung aller Gewerke und Übernahme des gesamten Bauvorhabens bzw des Bauabschnitts gelegt werden. Schluss - und Teilschlussrechnungen sind spätestens sechs Wochen nach Übernahme mit sämtlichen Abrechnungsunterlagen vorzulegen.

Die Bezahlung der Teilschluss- und Schlussrechnung hat innerhalb von 60 Tagen mit 3 % Skontoabzug oder innerhalb von 90 Tagen netto, jeweils ausnahmslos im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu erfolgen. Die Zahlungs- und Skontofrist beginnt ab dem Rechnungseingang beim AG mit sämtlichen geprüften Unterlagen. Die Bezahlung der Teilschluss- und Schlussrechnung ist erst nach der schriftlichen Freigabe durch die örtliche Bauaufsicht und dem W***** möglich. Eine aus diesem Grund eventuell erfolgte spätere Zahlung bewirkt eine entsprechende Verlängerung der Skonto- und Zahlungsfrist.“

Zwischen den Vertragsparteien war vereinbart, dass die Gewerke dann als fertiggestellt gelten, wenn alle abgerufenen Leistungen erfüllt sind. Im Anschluss daran sollten die Beklagten zur Übernahme der Gewerke einladen. Die Beklagten riefen nicht alle im Leistungskatalog des Angebots angegebenen Leistungen ab. Das Bauvorhaben wurde am 14. 7. 2011 von den Beklagten übernommen. Die von diesem Termin verständigte Klägerin war bei diesem Termin nicht vertreten. Zum Zeitpunkt der Übernahme waren alle von den Beklagten abgerufenen Leistungen ordnungsgemäß erbracht. Nach weiterer Korrespondenz legte die Klägerin am 14. 12. 2011 Schlussrechnung.

Die Klägerin begehrte 145.516,23 EUR sA an restlichem Werklohn. Die Schlussrechnung hafte in dieser Höhe unberichtigt aus. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 11. 12. 2014 sei der restliche Werklohn noch nicht verjährt gewesen.

Die Beklagten erhoben den Einwand der Verjährung. Da die Werkleistungen im Juli 2011 übergeben worden seien, hätte die Schlussrechnung Ende August 2011 gelegt werden müssen. Mit diesem Zeitpunkt habe die Verjährung zu laufen begonnen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1.1  Die Klägerin führt zunächst aus, dass die Zahlung der Schlussrechnung erst nach der schriftlichen Freigabe durch die örtliche Bauaufsicht und den W***** möglich gewesen sei. Dabei handle es sich um eine Bedingung für den Eintritt der Fälligkeit.

1.2  Gemäß § 1486 Z 1 ABGB verjähren Werklohnforderungen binnen drei Jahren. Ein nicht schon pauschal vereinbarter Werklohn wird erst mit Übermittlung der Rechnung fällig; damit beginnt grundsätzlich auch die Verjährungsfrist (RIS‑Justiz RS0021821; RS0034319).

In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass der Beginn der Verjährung des Werklohns durch eine verspätete Rechnungslegung nicht hinausgeschoben werden kann (RIS‑Justiz RS0021965). Die Verjährungsfrist beginnt daher mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem eine Rechnungslegung nach der Verkehrsüblichkeit objektiv möglich ist (RIS‑Justiz RS0021887; RS0021821 [T19]). Ist der Werkvertrag noch nicht zur Gänze erfüllt, so ist als Beginn der verkehrsüblichen Rechnungslegungsfrist der Zeitpunkt anzunehmen, zu dem der Auftragnehmer aufgrund der Umstände des jeweiligen Falls erkennen konnte, dass der Auftraggeber das Werk bereits für vollendet hält oder die Vollendung offenbar nicht mehr will (6 Ob 236/15x). Wurde ein Zeitpunkt für die Rechnungslegung vereinbart, so ist nach der Rechtsprechung dieser für den Beginn der Verjährung maßgebend (RIS‑Justiz RS0021821 [T14]; vgl auch RS0034154 [T3]).

1.3  Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Die Beurteilung, wonach die Klägerin erkennen konnte, dass die Beklagten im Einklang mit den getroffenen Vereinbarungen die Werkleistungen als fertiggestellt betrachteten, und wonach mit dem Übernahmetermin am 14. 7. 2011 die sechswöchige Rechnungslegungsfrist begann, weshalb die Verjährungsfrist bei Klagseinbringung am 11. 12. 2014 jedenfalls abgelaufen gewesen sei, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.

1.4  Die Klägerin weist in der außerordentlichen Revision zutreffend darauf hin, dass sie – entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts – im erstinstanzlichen Verfahren ein ausreichend konkretes Vorbringen zum vereinbarten Erfordernis der Freigabe der Schlussrechnung durch die örtliche Bauaufsicht erstattet hat. Die dazu in der außerordentlichen Revision angestellten Überlegungen zum Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunkts sind für die Entscheidung allerdings nicht relevant: Die Zahlungsfrist laut ÖNORM B2110 dient dazu, die Schlussrechnung zu prüfen (siehe Pkt 8.3.1.2 und 8.3.7.2 der ÖNORM). Ist die Rechnung nicht prüfbar, so muss sie zur Verbesserung zurückgestellt und neu vorgelegt werden (Pkt 8.3.7.1). Fehlen nur einzelne Unterlagen, so ist die Rechnung soweit wie möglich zu prüfen. In einem solchen Fall wird die Zahlungsfrist bis zur Prüfbarkeit der Rechnung verlängert (Pkt 8.3.7.2 und 8.4.1.3).

Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass diese Regelungen den Auftraggeber (Besteller) vor einer vorzeitigen Zahlungspflicht (aus Gründen in der Sphäre des Auftragnehmers) schützen sollen, ist nicht korrekturbedürftig. Die Zahlungs- bzw Prüffrist knüpft an eine zeitgerechte Rechnungslegung an. Wird die Rechnungslegung vom Auftragnehmer verzögert, so ist die Zahlungsfrist ab dem fiktiven Zeitpunkt der zeitgerechten Rechnungslegung zu berechnen. Der Beginn der Verjährungsfrist kann aber nicht durch eine spätere tatsächliche Rechnungslegung weiter hinausgeschoben werden. Dieselben Überlegungen gelten für eine Prüfung und Freigabe der Schlussrechnung durch die örtliche Bauaufsicht.

2.1  Den Überlegungen der Klägerin zur Zustellung des Übernahmeprotokolls kommt für die Entscheidung keine Relevanz zu. Da für die Klägerin beim angekündigten Übernahmetermin niemand erschienen ist, wurde das Übernahmeprotokoll zulässigerweise (Pkt 10.2.4 der ÖNORM B2110) in deren Abwesenheit abgefasst. Die dazu in der ÖNORM getroffenen Regelungen beziehen sich auf (tatsächliche) Feststellungen zur Übernahme des Werkes, zu dessen Zustand und zur Einhaltung der Leistungsfristen. Die vorgesehenen Rechtsfolgen (bei Zustimmung oder Unterlassung einer Stellungnahme des Auftragnehmers) betreffen nach dem klaren Wortlaut nur die Anerkennung von Mängeln oder des Leistungsverzugs.

2.2  Soweit die Klägerin in der außerordentlichen Revision ausführt, dass die vereinbarten Leistungen teilweise noch offen gewesen seien und im Juli 2011 noch Gespräche über die Ausführung von Arbeiten stattgefunden hätten, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab. Aus diesem Grund liegen auch die dazu geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel nicht vor.

2.3  Da die ÖNORM B2110 im hier fraglichen Punkt abbedungen wurde, kommt auch dem Argument der Klägerin, laut ÖNORM habe der Auftragnehmer und nicht der Auftraggeber zur Übernahme der Leistungen aufzufordern, keine Bedeutung zu.

3.  Insgesamt gelingt es der Klägerin mit ihren Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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