OGH 30Ds4/18v

OGH30Ds4/18v23.10.2018

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 23. Oktober 2018 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Rothner und Dr. Hofer als Anwaltsrichter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Kammeranwalt-Stellvertreters gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 22. Jänner 2018, AZ D 16/17 (DV 39/17), TZ 19, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Oberstaatsanwalt Mag. Schneider, LL.M., des Kammeranwalt-Stellvertreters der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer Mag. Kammler und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0300DS00004.18V.1023.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** (wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 3 DSt) gemäß § 38 Abs 1 DSt vom Vorwurf freigesprochen, er habe eine fällige Forderung der U***** AG im Betrag von 238,80 Euro sA trotz Fälligkeit am 1. Oktober 2016 nicht bezahlt, sodass diese am 10. Februar 2017 zu AZ ***** des Bezirksgerichts Linz habe eingeklagt werden müssen.

 

Der Kammeranwalt‑Stellvertreter bekämpft dieses Erkenntnis mit Berufung wegen Nichtigkeit (nominell Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO).

 

Die Rüge (der Sache nach Z 9 lit a; vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 562) reklamiert fehlende Voraussetzungen für die Anwendung von § 3 DSt weil – zusammengefasst – angesichts der Konstatierungen, wonach schon zuvor „sieben Klagen wegen offener Prämienzahlungen aus diversen Versicherungen“ anhängig waren, die „allesamt in Folge getätigter Zahlung nach Klagseinbringung einer Erledigung zugeführt worden seien“, sowie zufolge unberücksichtigt gebliebener disziplinarrechtlicher Vorstrafenbelastung ebenso wegen verspäteter Zahlungen das Verschulden nicht geringfügig sei und die durch die Tat verursachten Folgen aufgrund der Kenntnis der Mitarbeiter des Bezirksgerichts Linz vom Zahlungsverzug nicht unbedeutend seien.

Solcherart argumentiert sie allerdings nicht auf Basis des gesamten Erkenntnissachverhalts (zum entsprechenden Erfordernis vgl RIS‑Justiz RS0099810, RS0099724). Danach hat nämlich der Beschuldigte „nach Unstimmigkeiten im Lastschriftverfahren“ „auf individuelle Prämienzahlung per Erlagschein“ umgestellt und zur Vorbeugung eines Prämienrückstands mit dem Landesdirektor des Versicherungsunternehmens vereinbart, „dass er von einem allfälligen Prämienrückstand durch seinen persönlichen Betreuer informiert wird“. Tatsächlich wurde er an einem nicht näher festgestellten Tag im Februar 2017 „auf den Prämienrückstand aufmerksam gemacht“, worauf er am 16. Februar 2017 – noch vor Zustellung des Zahlungsbefehls an ihn – die Zahlung bewirkte (ES 3).

Diese – auf das konkrete Kundenverhältnis angepasste – Sondervereinbarung relativiert die Unterlassung der Prämienzahlung zum eigentlichen Fälligkeitszeitpunkt am 1. Oktober 2016. Ein Verzug zwischen der – datumsmäßig nicht exakt festgestellten – Verständigung durch den persönlichen Betreuer und der am 16. Februar 2017 bewirkten Zahlung ist den Konstatierungen des Disziplinarrats nämlich nicht zu entnehmen, sodass der vorliegende Sachverhalt schon in objektiver Hinsicht keine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Disziplinarvergehens im Sinne eines Verstoßes gegen § 4 RL‑BA 2015 (vgl auch RIS‑Justiz RS0112871; RS0055373, RS0096663) bietet.

Damit bleibt für eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Voraussetzungen der Anwendbarkeit von § 3 DSt– auch dem Erkenntnis insoweit zuwider (ES 4) – kein Raum, weshalb auf die Rechtsmittelausführungen nicht weiter einzugehen war.

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