OGH 1Ob149/18w

OGH1Ob149/18w26.9.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** S*****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, *****, vertreten durch die JAEGER LOIDL WELZL SCHUSTER SCHENK Rechtsanwälte OG, Linz, wegen 1.325,70 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Juni 2018, GZ 14 R 98/18g‑21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 22. März 2018, GZ 21 C 154/17g‑17, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00149.18W.0926.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 1988 beim Landesschulrat für Oberösterreich tätig, zunächst als Vertragsbedienstete, seit 1993 als Beamtin des Bundes. Sie ist in der Personalabteilung für Landeslehrer beschäftigt und speziell für Berufsschullehrer zuständig. Sie erhielt vom beklagten Land bis 31. 12. 2015 eine Verwendungsgruppenzulage ausbezahlt, zuletzt von 49,10 EUR brutto pro Monat.

Jedenfalls seit dem Jahr 1968 erhalten Bundesbedienstete beim Landesschulrat für Oberösterreich (vom Land) eine solche Verwendungsgruppenzulage, weil sie gleichartige Arbeiten wie Landesbedienstete zu leisten haben und der Bund im Gegensatz zum Land diese Zulage nicht gewährt. Entsprechend einem Beschluss der Landesregierung vom 5. 12. 1988 wurde die Höhe der Verwendungsgruppenzulage je nach Verwendungsgruppe entsprechend gestaffelt.

Die Verwendungsgruppenzulage war immer wieder ein Thema, das der Rechnungshof aufgriff. Auch in den Jahren 2015 und 2016 prüfte diese der Rechnungshof und sah neuerlich die (auch) in Oberösterreich praktizierte Gewährung zusätzlicher Vergütungen kritisch. In seinem Bericht empfahl er dem beklagten Land, von den zusätzlichen Geldzahlungen an Bundesbedienstete, die bei den Schulbehörden des Bundes tätig sind, aus „rechtlichen, wirtschaftlichen und Effizienzgründen“ ehestmöglich abzusehen und die Zahlungen einzustellen.

Als Reaktion auf den Rechnungshofbericht erließ die Bundesministerin für Bildung und Frauen am 25. 1. 2016 einen an den Landesschulrat für Oberösterreich gerichteten Erlass, der auszugsweise lautet: „... Für Bundesbedienstete sind ausschließlich die dienst‑ und besoldungsrechtlichen Vorschriften des Bundes anwendbar. Eine zusätzliche Vergütung der Länder – wie in diesen Fällen durch langjährige Praxis und ohne bundesgesetzliche Grundlage gewährt – ist daher unzulässig.

Den Verwaltungsbediensteten und Schulaufsichtsorganen ist es daher ab sofort untersagt, Vermögensvorteile für Tätigkeiten, die in den Arbeitsplatzbeschreibungen bzw Aufgabenprofilen gemäß § 18 Bundes‑Schulaufsichtsgesetz enthalten sind und innerhalb der Dienstzeit erbracht werden, anzunehmen.

Die Verwaltungsbediensteten und Schulaufsichtsorgane sind hievon nachweislich in Kenntnis zu setzen.

Als Reaktion darauf verfasste der Landesschulrat für Oberösterreich am 4. 2. 2016 ein Schreiben an alle Bezieher/innen von solchen Zulagen, in dem unter Bezugnahme auf den Erlass der Bundesministerin festgehalten wird, dass die bislang gewährten Zulagen nicht weiter ausbezahlt werden können und allfällige abweichende frühere Vereinbarungen hiermit auch von Seiten des Landes beendet werden. Dieses Schreiben erhielt auch die Klägerin ausgehändigt.

Sie begehrt nun die Zahlung der seit 1. 1. 2016 „fällig gewordenen Verwendungsgruppenzulage“ sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftig fällig werdende Zulagen „mindestens“ so lange, als sie sich in einem aktiven Dienstverhältnis zum Bund befinde und beim Landesschulrat tätig sei. Durch die langjährige Gewährung der Zulage ohne Widerrufsvorbehalt sei ein konkludentes „Zulagenvertragsverhältnis“ mit dem Land zustande gekommen. Ihre Pragmatisierung habe an diesem Vertragsverhältnis nichts geändert. Die Zulage sei im öffentlichen Interesse und diene dem Ausgleich des an einem bestimmten Dienstort bestehenden Entgeltgefälles zwischen Bundes‑ und Landesbediensteten; dadurch werde die Arbeitsmotivation erhöht. Verpönte Motive gebe es nicht, insbesondere verstoße die Zulage bzw deren Annahme durch sie weder gegen strafrechtliche Bestimmungen noch gegen das im BDG verankerte Verbot der Geschenkannahme. Eine Kündbarkeit des speziellen „Zulagenvertragsverhältnisses“ gebe es nicht. Hilfsweise werde der Anspruch auch auf Schadenersatz gestützt.

Das beklagte Land wendete ein, dass der Rechnungshof in einem Bericht betreffend die Schulbehörden in Oberösterreich die Zahlungen kritisiert habe. Daraufhin sei über Weisung der Bundesministerin für Bildung und Frauen die Einstellung der Zahlung der Verwendungsgruppenzulage erfolgt. Die Auszahlung der Verwendungsgruppenzulage verstoße gegen die Korruptionsstraftatbestände des StGB. Diese Weisung sei auch der Klägerin zugestellt worden. Im Übrigen habe die Zulage keine gesetzliche Deckung; selbst nach den Bestimmungen des VBG würden die sondervertraglichen Zulagen einer Zustimmung des Bundeskanzlers bedürfen. Das Land habe gegenüber Bundesbediensteten keine Dienstrechtskompetenz. Ein Vertragsverhältnis liege nicht vor, im Übrigen sei mit Schreiben vom 4. 2. 2016 die Vereinbarung aufgekündigt worden. In der Weisung der zuständigen Bundesministerin sei auch ein wichtiger Grund zur sofortigen Auflösung der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung gelegen. Überdies seien die geltend gemachten Ansprüche verjährt und präkludiert.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen, seien gemäß § 879 (Abs 1) ABGB nichtig. Die Verwendungszulage des Landes sei jedenfalls keine Aufmerksamkeit von geringem Wert; es handle sich bei der Auszahlung der Verwendungsgruppenzulage um einen ungebührlichen Vorteil „im Sinne des § 305 Abs 4 StGB“. Die Bezahlung einer Zulage zwecks Motivationssteigerung stelle eine Beeinflussung im Sinn des § 307b StGB dar. Das Land würde sich bei einer weiteren Zahlung der Verwendungsgruppenzulage „der qualifizierten Anfütterung“ schuldig machen. Es habe das Dauerschuldverhältnis erfolgreich ex tunc aufgelöst. Die Klägerin könne ihr Klagebegehren auf kein bestehendes Schuldverhältnis stützen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Rechtlich führte es aus, die Klägerin stehe in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und sei Beamtin. Sie sei für den Landesschulrat für Oberösterreich in jenem Verwaltungsbereich tätig, in dem diesem die Besorgung von Angelegenheiten der Landesvollziehung übertragen sei (Art 97 Abs 2 B‑VG; § 1, § 3, § 6 Oö Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz 1986, LGBl 1986/18 idgF). Das für den Entgeltanspruch des Beamten maßgebliche Gehaltsgesetz regle die Besoldung öffentlich Bediensteter des Bundes grundsätzlich abschließend. Das beklagte Land sei im Zusammenhang mit der strittigen Vereinbarung kein „Dritter“; die Klägerin sei vielmehr im Rahmen der „mittelbaren Schulverwaltung“ tätig. Ihr Dienstgeber sei weiterhin die „Republik Österreich“; für die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung wäre eine ausdrückliche Genehmigung der Zulage bzw deren Entgegennahme durch das zuständige Bundesministerium erforderlich gewesen. Eine bloß stillschweigende Genehmigung einer im Gesetz keine Deckung findenden Zulage reiche nicht aus. Zwar sei das Land keine „nachgeordnete“ Dienststelle (des Bundes), dennoch könne „für diesen besonderen Fall der Vollziehung“ nichts anderes gelten als für einen Sondervertrag, der durch eine nachgeordnete Dienststelle des Bundes eingegangen werde. Die Genehmigung liege jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Anweisung an die Bediensteten, solche Zulagen nicht entgegenzunehmen, nicht vor. Die Tätigkeit der Klägerin als Bundesbeamtin für den Landesschulrat sei keine „lebende Subvention“ an das Land. Dies ergebe sich schon aus der Bezahlung des Mehraufwands durch das Land gemäß § 20 Abs 3 Bundes‑Schulaufsichtsgesetz (BGBl 1962/240 idF vor BGBl I 2017/138). Ein Anspruch der Klägerin auf die Verwendungsgruppenzulage sei nie wirksam begründet worden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Streitwert insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit von privatrechtlichen Entgeltvereinbarungen zwischen einem Bundesbeamten und jenem öffentlichen Rechtsträger, für den der Bundesbeamte „funktional tätig“ werde, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Klägerin erhobene – von der Beklagten beantwortete – Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Voranzustellen ist, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und die Zulässigkeit des Rechtswegs vom Gericht zweiter Instanz in einem Zwischenverfahren rechtskräftig und damit bindend bejaht wurde (vgl § 42 Abs 3 JN).

2. Die Klägerin steht als Beamtin in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bei öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnissen unterliegen Dienstgeber und Dienstverhältnis dem Legalitätsprinzip. Es gelten Vorrang und grundsätzlich auch Vorbehalt des Gesetzes. Jede nicht dem Gesetz entsprechende Gestaltung ist rechtswidrig und hat jedenfalls pro futuro keinen Bestand (Rebhahn, Vertrauensschutz in gesetzlich determinierten Dienstverhältnissen, DRdA 2002, 202). Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Rechte und Pflichten im Rahmen eines öffentlich‑rechtlichen Beamtendienstverhältnisses nur soweit entstehen können, wie dies das Gesetz vorsieht. In der Sache geht es auch darum, inwieweit budgetäre Belastungen auf eine demokratische Willensbildung in einem Gesetzgebungsverfahren zurückgeführt werden können (9 ObA 46/09v mwN).

3. Die Klägerin ist beim Landesschulrat für Oberösterreich tätig. Landesschulräte sind Bundesbehörden (vgl Art 81a Abs 2 B‑VG) und – bis zum 31. 12. 2018 – vom Bundes‑Schulaufsichtsgesetz (kurz: BSchulAufG) erfasst (vgl Juranek, Die Reform der österreichischen Schulverwaltung oder Vom Landesschulrat zur Bildungsdirektion, S&R 2/2017, 4 [5]). Auf die Klägerin als Bundesbeamtin findet das Gehaltsgesetz 1956 (kurz: GehG) Anwendung, wonach ihr Monatsbezug grundsätzlich aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen besteht (§ 3 Abs 2 GehG). Spezielle Regelungen für Beamte des Schulaufsichtsdienstes finden sich in § 164 bis § 169 GehG. Eine bestimmte betriebliche Übung ist bei öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnissen schon im Ansatz nicht geeignet, eine Erweiterung der dienstvertraglichen Ansprüche gegenüber dem Dienstgeber zu begründen (9 ObA 46/09v = RIS‑Justiz RS0112291 [T3]).

4. Die Klägerin ist im Landesschulrat in der Personalabteilung für Landeslehrer beschäftigt. Sie ist damit in jenem Bereich tätig, in dem dem Landesschulrat mit Landesgesetz die Besorgung von Angelegenheiten der Vollziehung des Landes übertragen worden ist (Art 97 Abs 2 B‑VG; § 1, § 3, § 6 Oö Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz 1986). Gemäß § 20 Abs 3 BSchulAufG hat das Land dafür dem Bund jenen Teil des Personal‑ und Sachaufwands zu ersetzen, der ihm hiedurch entsteht. Zutreffend ist das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin davon ausgegangen, dass sie keine „lebende Subvention“ des Bundes für das Land ist. Dieses ist weder dienst‑ noch besoldungsrechtlich für sie zuständig. Die von ihr erbrachten Tätigkeiten, die in den Arbeitsplatzbeschreibungen bzw Aufgabenprofilen gemäß § 18 BSchulAufG enthalten sind und innerhalb der Dienstzeit erbracht werden, sind durch ihre Bezüge des Bundes abgegolten.

5. Die Ausbezahlung der Verwendungsgruppen-zulage bis zum 31. 12. 2015 fußte auf einem Beschluss der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. 12. 1988, dessen Rechtsgrundlage sich nicht mehr nachvollziehen lässt (Bericht des Rechnungshofs GZ 001.504/334‑1B1/15, TZ 45.1 [2], S 217) und die das Land auch nicht angeben kann (Bericht des Rechnungshofs GZ 001.510/015‑1B1/16, TZ 16.1 [1] und 16.2, S 71 f). Zwischen der Klägerin und dem beklagten Land besteht weder ein Dienstverhältnis noch sonst ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis. Für das behauptete „Zulagenvertragsverhältnis“ gibt es keine (landes‑)gesetzliche Grundlage. Die Klägerin erbringt unmittelbar auch keine Leistung für das Land.

Auf Dienstverhältnisse zwischen dem beklagten Land und dessen Dienstnehmern auf Basis einer privatrechtlichen Vereinbarung ist grundsätzlich das Oö Landes‑Vertragsbedienstetengesetz (LGBl 1994/10 idgF; kurz: Oö LVBG) anzuwenden. Danach unterliegt gemäß dessen § 4 Abs 1 der Dienstvertrag dem Schriftlichkeitsgebot. Nur in Ausnahmefällen können im Dienstvertrag Regelungen getroffen werden, die von den Bestimmungen des für Landesvertragsbedienstete geltenden (oberösterreichischen) Landesdienstrechts abweichen. Solche Dienstverträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen (§ 57 Abs 1 Oö LVBG). Zwischen den Parteien liegt kein schriftlicher Vertrag vor; demzufolge fehlt es auch an der Bezeichnung als „Sondervertrag“. Damit scheidet das Oö LVBG als Grundlage für eine privatrechtliche Vereinbarung aus. Schon mangels Beschäftigung im Landesdienst kann auch keine „betriebliche Übung“ bestehen, die Grundlage des Bestehens einer verbindlichen Zusage der Verwendungsgruppenzulage für Bundesbeamte sein soll.

Auch die Klägerin vermag nicht konkret darzulegen, auf welcher rechtlichen Grundlage sie wann und mit wem eine Vereinbarung mit dem Land über die Zulage getroffen hätte. Besteht aber keine Vereinbarung und auch keine gesetzliche Grundlage für die Auszahlung der Verwendungsgruppenzulage an sie, wurden die Klagebegehren zu Recht abgewiesen.

6. Soweit sich die Klägerin auf Schadenersatz beruft, vermag sie kein rechtswidriges Verhalten der Beklagten aufzuzeigen. Allein der Umstand, dass ihr die Beklagte, die nicht ihre Dienstgeberin ist und bei der sie nicht beschäftigt ist, die Zulage nicht mehr zahlt, kann nicht Grundlage für ein Schadenersatzbegehren sein. Dass sie etwa im Vertrauen auf die Weitergewährung der Zulage ein anderes Arbeitsverhältnis ausgeschlagen hätte, behauptet sie nicht einmal ansatzweise.

7. Die von beiden Parteien behaupteten sekundären Feststellungsmängel sind für die rechtliche Beurteilung nicht von Relevanz.

8. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 ZPO.

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