OGH 3Ob175/18h

OGH3Ob175/18h21.9.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** H*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. (nunmehr) V***** GmbH & Co KG, 2. (nunmehr) V***** GmbH, beide *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Wörgetter LL.M., Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 124.749,77 EUR und Feststellung (Streitwert 12.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Juni 2018, GZ 2 R 37/18k‑62, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00175.18H.0921.000

 

Spruch:

I. Die Bezeichnungen der beklagten Parteien werden wie aus dem Spruch ersichtlich berichtigt.

II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

I. Die Änderung der Firmen der beklagten Parteien nach Beginn des Prozesses ist aus dem offenen Firmenbuch (FN ***** bzw FN *****) ersichtlich. Die Bezeichnungen der beklagten Parteien sind daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.

II. Der Kläger begehrt von der Erstbeklagten als Rechtsnachfolgerin seiner Steuerberaterin und der Zweitbeklagten als Komplementärin der Erstbeklagten Schadenersatz und die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden. Er behauptet eine fehlerhafte steuerrechtliche Beratung im Zusammenhang mit der Übertragung des Sonderbetriebsvermögens des Klägers auf seinen Sohn.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage zur Gänze ab. Das Berufungsgericht bejahte einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht der Steuerberaterin und den Eintritt eines Schadens beim Kläger. Der Kläger habe jedoch die Kausalität der Pflichtverletzung für den bei ihm eingetretenen Vermögensnachteil nicht nachweisen können.

Gegen die Abweisung der Klagebegehren zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht gesicherter Rechtsprechung, dass es bei einem Verstoß gegen eine Beratungs- oder Aufklärungspflicht am Geschädigten liegt, den Kausalzusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen (6 Ob 308/00p, 3 Ob 191/17k; RIS-Justiz RS0022686 [insb T8, T9, T16, T17, T19, T22, T25]; RS0022862 [insb T2 bis T5]). Der Geschädigte muss also darlegen und nachweisen, dass er anders disponiert hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre (RIS-Justiz RS0022686 [T25]). Das Gesagte wird von der Rechtsprechung auch im Zusammenhang mit Aufklärungspflichten vertreten, auf die ein Schaden wegen steuerlicher Mehrbelastung abgeleitet wurde (1 Ob 233/07g = RIS-Justiz RS0022686 [T19]; bzw RS0022862 [T2]).

2. Das Vorbringen des Klägers zu den von ihm behaupteten Handlungsalternativen ist durch die positiven Feststellungen des Erstgerichts widerlegt. Es liegt damit also kein non liquet vor; der dem Kläger obliegende Beweis scheiterte vielmehr daran, dass das Erstgericht zur Tauglichkeit der behaupteten Alternativen vom Gegenteil überzeugt war. Damit stellen sich die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen zu Beweislastregeln bzw dem zu erreichenden Beweismaß nicht: Kommen die Regelungen über die Beweislast doch nur dann zur Anwendung, wenn die Beweisergebnisse nach der Überzeugung des Gerichts nicht ausreichen, um einen entscheidungswesentlichen Tatumstand als erwiesen oder als nicht erwiesen anzunehmen, sodass die freie Beweiswürdigung zu keinem Ergebnis führt (RIS-Justiz RS0039903).

3. Wenn die Revision (im Zusammenhang mit der Verlängerung des Baurechts durch den Sohn des Klägers) davon ausgeht, dass ein Schaden bei korrekter Aufklärung nicht eingetreten wäre, ist das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sich der Kläger hier von den Feststellungen des Erstgerichts entfernt (RIS-Justiz RS0043312).

4.1 Die behaupteten Mangelhaftigkeiten des Verfahrens wurden überprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

4.2 In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO hat der Rechtsmittelwerber darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RIS-Justiz RS0037095 [T4, T5]). Das wurde vom Kläger unterlassen, der sich nur vage auf „weiteres Vorbringen und Beweise“ bzw „die einzuräumende Möglichkeit des Gegenbeweises“ beschränkte.

4.3 Auch bei einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes muss der Rechtsmittelwerber die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensverstoßes für die Entscheidung dartun (zB 2 Ob 65/12s). Abgesehen davon, dass der Kläger nicht aufzeigt, von welchen Feststellungen das Berufungsgericht unter Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (also ohne neuerliche Beweisaufnahme) ausgegangen ist, hat der Kläger auch zur behaupteten Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes die Relevanz nicht aufgezeigt, sodass seiner Mängelrüge kein Erfolg beschieden und die Zulässigkeit des Rechtsmittels darauf nicht gestützt werden kann.

5. Auch der Vorwurf der Aktenwidrigkeit begründet keine erhebliche Rechtsfrage. Entgegen der Revision ist das Berufungsgericht nicht davon ausgegangen, dass der Kläger bei korrekter Beratung die nachteilige Vorgehensweise dennoch gewählt hätte. Vielmehr liegt der angefochtenen Entscheidung zugrunde, dass das vom Kläger erstattete Vorbringen zur Kausalität des Schadens durch die Feststellungen widerlegt wurde. Im Übrigen ging das Berufungsgericht auch davon aus, es sei sonst kein Vorbringen erstattet worden, mit dem die Verursachung eines Schadens plausibel gemacht wurde (vgl 6 Ob 231/10d), was– im Einklang mit der eingangs referierten Rechtsprechung – zur Klagsabweisung führte, weil der Kläger die Kausalität der Pflichtverletzung eben nicht nachweisen konnte.

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