OGH 15Os153/17i

OGH15Os153/17i23.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl E***** und Johanna K***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 7. August 2017, GZ 61 Hv 116/16m‑69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00153.17I.0523.000

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A./ sowie betreffend den Angeklagten E***** in der zu A./ und B./ gebildeten Subsumtionseinheit, demzufolge auch in den Strafaussprüchen sowie im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten E***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen verfehlten Subsumtionsfreispruch enthält (vgl Lendl, WK‑StPO § 259 Rz 1), wurde Karl E***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB (A./ und B./) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3 und 5 und 161 Abs 1 StGB (C./) sowie Johanna K***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB (C./) schuldig erkannt.

Danach haben sie – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – in S*****

A) am 26. Juni 2009 Karl E***** als verantwortlicher Geschäftsführer der Karl E***** GmbH und somit verantwortlicher Geschäftsleiter der Karl E***** GmbH & Co KG „gemeinsam mit Johanna K***** als Beitragstäterin“ Bestandteile des Vermögens der genannten Unternehmen, welche Schuldner mehrerer Gläubiger waren, beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger vereitelt, „und zwar durch Einräumung eines wechselseitigen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots auf den Liegenschaften EZ ***** und *****, beide KG *****, wobei der Schaden zum Nachteil der Sa***** Sparkasse 178.772,10 Euro zum Nachteil der G***** GmbH 55.044 Euro, insgesamt sohin 233.816,10 Euro betragen hat“;

B) Karl E***** allein als verantwortlicher Geschäftsführer der Karl E***** GmbH und somit verantwortlicher Geschäftsleiter der Karl E***** GmbH & Co KG, welche Schuldner mehrerer Gläubiger waren, in der Zeit von 1. August 2008 bis 31. Juli 2010 durch Tätigen von Überentnahmen in der Höhe von 65.599,43 Euro einen Bestandteil des Vermögens „veräußert“ und dadurch die Befriedigung der Gläubiger vereitelt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die inhaltlich nur den Schuldspruch A./ betreffenden, gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die sich auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO stützen.

Das Erstgericht ging zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:

Mit am 26. Juni 2009 unterfertigten Vereinbarungen räumte der Angeklagte E***** der Angeklagten K***** betreffend die ihm gehörenden 410/670 Anteile an der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, sowie an seinem Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, jeweils ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ein. Weiters räumte auch die Angeklagte K***** dem Angeklagten E***** betreffend die ihr gehörenden 360/670 Anteile an der erstgenannten Liegenschaft sowie ihren Hälfteanteil an der zweitgenannten Liegenschaft jeweils ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot ein (US 5 f). Durch die Einräumung des wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots bezüglich der beiden Liegenschaften sei „der Haftungsfonds betreffend die Karl E***** GmbH und die Karl E***** GmbH & Co KG tatsächlich verringert“ worden und hätten „dadurch – und auch durch Vereitelung der Durchgriffsrechte der Gläubiger – die G***** GmbH und die Sa***** Sparkasse“ einen Befriedigungsausfall erlitten (US 6).

Zutreffend zeigt die Mängelrüge auf, dass die (implizite) Konstatierung, die in Rede stehenden Liegenschaften stünden – auch aufgrund eines „Durchgriffsrechts“ der (vgl aber US 5, wonach der Erstangeklagte nur der Sa***** Sparkasse gegenüber als „Bürge und Zahler“ haftete) Gläubiger – im Vermögen der Gesellschaften, das durch die Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbots verringert worden sei, offenbar unzureichend begründet ist (Z 5 vierter Fall).

Denn die Annahme, dass jemand (vertraglich) als „Bürge und Zahler“ für einen bestimmten Kredit haftet, führt – auch mangels gesetzlich angeordneter Haftung – selbst unter dem Blickwinkel eines wirtschaftlichen Vermögensbegriffs (vgl dazu Kienapfel/Schmoller BT2 § 146 Rz 117 ff; Kirchbacher in WK2 StGB § 156 Rz 7a; RIS‑Justiz RS0094739, RS0094171, RS0094825) nicht dazu, dass das Vermögen des Bürgen zum Vermögen des Kreditnehmers wird. Erwägungen, die die Annahme tragen könnten, das Vermögen des Bürgen sei dem Vermögen des Schuldners (hier: der Karl E***** GmbH und die Karl E***** GmbH & Co KG) zuzurechnen, sind dem Urteil nicht zu entnehmen.

Warum die Liegenschaftsanteile der Angeklagten K***** im Vermögen der beiden Gesellschaften stünden, blieb zur Gänze unbegründet.

Bleibt anzumerken, dass die Entscheidungsgründe für die Annahme eines „einheitlichen Haftungsfonds“, innerhalb dessen zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen nicht zu differenzieren ist (von einem solchen wird in der Rechtsprechung bislang nur bei Privat- und Betriebsvermögen eines Einzelhandelskaufmanns gesprochen; vgl RIS‑Justiz RS0094756), keine Grundlage in tatsächlicher Hinsicht bieten.

Dieses Begründungsdefizit zwingt zur Aufhebung des Schuldspruchs A./ sowie der zu A./ und B./ gebildeten Subsumtionseinheit. Ein Eingehen auf das – inhaltlich nur gegen A./ gerichtete – weitere Vorbringen der Beschwerden (Z 5 und Z 9 lit a) erübrigt sich daher.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Der Vollständigkeit halber ist mit Blick auf den zweiten Rechtsgang darauf hinzuweisen, dass sofern abermals ein 300.000 Euro nicht übersteigender Schaden angenommen wird (zur Beschränkung des Verschlechterungsverbots auf Sanktionen vgl RIS‑Justiz RS0098900), eindeutige Konstatierungen zu einer allfälligen Hemmung der Verjährung nach § 58 Abs 1 StGB zu treffen sein werden, weil ausgehend von der Strafdrohung des § 156 Abs 1 StGB die diesbezügliche Verjährungsfrist gemäß § 57 Abs 3 StGB fünf Jahre beträgt.

Die Angeklagte K***** soll die ihr zu A./ vorgeworfene Beitragshandlung am 26. Juni 2009 gesetzt haben; die erste staatsanwaltliche Anordnung einer Beweisaufnahme (§ 58 Abs 3 Z 2 StPO) erfolgte am 3. Oktober 2014 (ON 20; Anordnung der Vernehmung als Beschuldigte). Wann durch die Einräumung des wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots die Befriedigung zumindest eines Gläubigers tatsächlich vereitelt oder geschmälert wurde und das Delikt damit vollendet war (vgl dazu RIS‑Justiz RS0115184), hat das Erstgericht hingegen nicht festgestellt.

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