OGH 1Ob19/18b

OGH1Ob19/18b30.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Dr. F* E*, vertreten durch Mag. Doris Steinhausen, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin U* E*, vertreten durch die Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG, Wien, wegen nachehelicher Vermögensaufteilung, über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Dezember 2017, GZ 43 R 468/17b‑90, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 21. August 2017, GZ 3 Fam 53/14m‑80, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121468

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass er in einem zusätzlichen Punkt 5a lautet:

„Der Antragsgegnerin wird die Ermächtigung erteilt, die erste Ratenzahlung teilweise zur vollständigen Tilgung der Kreditverbindlichkeit des Antragstellers gegenüber der Bank * zu Kontonummer *‑2202 zu verwenden.“

 

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens obliegt dem Erstgericht.

 

Begründung:

Die Streitteile schlossen am 24. 6. 1995 die Ehe, die kinderlos blieb; die Frau hatte bereits eine minderjährige Tochter. Die eheliche Gemeinschaft wurde Ende Dezember 2010 aufgehoben und die Ehe im Mai 2014 (rechtskräftig) geschieden.

Die Frau brachte einen Geldbetrag von rund 101.000 EUR aus einem Hausverkauf in die Ehe mit. In den Jahren nach der Heirat verbrauchten die Ehegatten das Geld für ihre Lebensführung, zahlten damit Urlaube, kauften Möbel und verwendeten es für Leasingraten für ein Auto. Für ihre Lebensführung verwendeten sie auch Geldgeschenke ihrer Eltern, die der Höhe nach nicht näher feststellbar sind. Der Mann verdiente als Turnusarzt in einem steirischen Krankenhaus zwischen 27.000 und 35.000 S monatlich. Anfang 2002 eröffnete er neben seiner Vollzeitbeschäftigung im Krankenhaus eine Wahlarztordination, die zwei Mal pro Woche geöffnet hatte. Die Frau war nicht berufstätig. Im Sommer 2006 gab der Mann seine bisherige Berufstätigkeit auf und eröffnete eine Ordination in Oberösterreich, die pro Jahr einen Gewinn zwischen etwa 80.000 und 90.000 EUR erbrachte.

2002 erwarben die Ehegatten eine Eigentumswohnung in Wien, wobei sie übereinkamen, dass die Frau alleinige Wohnungseigentümerin werden sollte, um einen Zugriff der Gläubiger des Mannes im Falle einer Haftung aus seiner beruflichen Tätigkeit zu verhindern. Der Ankauf der Wohnung samt dem zugehörigen Kfz‑Abstellplatz wurde durch die Aufnahme von vier Bauspardarlehen und eines Fremdwährungskredits finanziert; in diesem Zusammenhang wurden zugunsten einer Bausparkasse Pfandrechte in Höhe von rund 112.300 und 37.400 EUR einverleibt; für den zur Rückzahlung des Fremdwährungskredits 2007 aufgenommenen Einmalbarkredit bei der *bank (Kontonummer *‑2201) wurde ein Höchstbetragspfandrecht von 150.000 EUR eingetragen; als weitere Sicherheiten wurden Ansprüche aus einer „Lebensversicherung“ (Standard Life) abgetreten und eine „Ablebensrisikoversicherung“ verpfändet.

Schon 2006 hatte der Mann zur Finanzierung der Übernahme der Ordination bei der *bank einen Kredit über 240.000 EUR aufgenommen und als Sicherheiten die erwähnte „Ablebensrisikoversicherung“ sowie die weitere „Lebensversicherung“ (Standard Life) verpfändet. Nachdem die Parteien jahrelang über ihre finanziellen Verhältnisse gelebt hatten und der Mann überhöhte Privatentnahmen aus dem Ordinationsbetrieb auf das Privatkonto überwiesen hatte, nahm er im Februar 2010 einen (weiteren) „Einmalbarkredit“ bei der *bank (Kontonummer ‑2202) in Höhe von 130.000 EUR auf, wobei als offizieller Verwendungszweck die „Abdeckung betrieblicher Verbindlichkeiten“ angegeben wurde; als Sicherheiten wurden die beiden (bereits verpfändeten) „Ablebensrisikoversicherungen“, und eine weitere „Risikolebensversicherung“ (Allianz) herangezogen sowie eine neu abzuschließende „Lebensversicherung“ (Gothaer) und die Ansprüche aus der „Lebensversicherung“ Standard Life verpfändet. Die Kreditvaluta wurden im Umfang von 60.000 EUR für die Zahlung von Professionistenrechnungen für die Wohnungs‑ und Gartenrenovierung verwendet, weitere 70.000 EUR zur Abdeckung des Ordinationskontos, dessen Guthaben wegen der überhöhten Privatentnahmen nicht zur Zahlung der fälligen Steuern ausreichte. Nachdem im Jahr 2010 eine (weitere) Steuernachforderung von rund 61.000 EUR ergangen war, für deren Begleichung aufgrund der laufenden Privatentnahmen und der dadurch fehlenden Rücklagen kein Geld vorhanden war, musste der Mann im Oktober 2010 neuerlich einen Kredit bei der *bank (Kontonummer ‑2203) über 60.000 EUR aufnehmen, wobei der Verwendungszweck „Steuernachzahlung (betrieblich)“ angegeben wurde. Für diesen dienten als Sicherheiten das bereits einverleibte Höchstbetragspfandrecht sowie vier der bereits erwähnten Lebensversicherungen.

Ende 2010 waren als Aktivvermögen der Ehegatten die Eigentumswohnung samt Kfz‑Abstellplatz (Verkehrswert im Jahr 2016 519.000 EUR) sowie die Ansprüche bzw Anwartschaften aus den Lebensversicherungsverträgen vorhanden. Die Verbindlichkeiten des Mannes als Kreditnehmer aus den unmittelbar zum Erwerb und zur Renovierung der Wohnung aufgenommenen Krediten (vier Bauspardarlehen und ein Kredit bei der *bank) betrugen rund 242.000 EUR. Nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft reduzierte er bis Ende 2016 diese Verbindlichkeiten auf rund 153.200 EUR. Die beiden 2010 aufgenommenen Kredite hafteten Ende 2010 mit rund 188.400 EUR aus; aufgrund der vom Mann geleisteten Rückzahlungen verminderte sich der Saldo Ende 2016 auf rund 81.200 EUR.

Der Antragsteller begehrt zuletzt im Rahmen seines Aufteilungsantrags lediglich die Zuerkennung einer angemessenen Ausgleichszahlung für die der Antragsgegnerin verbleibende Ehewohnung (Eigentumswohnung). Neben den für die zahlreichen Kreditverbindlichkeiten verpfändeten „Ablebensversicherungen“ gebe es noch eine „Rentenversicherung“ (Standard Life); da diese auch zugunsten des „Ordinationskredits“ verpfändet sei, unterliege dieser Vermögensbestandteil nicht der Aufteilung.

Die Antragsgegnerin strebt an, das Allein‑[wohnungs‑]eigentum an der Wohnung zu behalten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers seien sämtliche Versicherungsverträge in die Aufteilung miteinzubeziehen.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Ehewohnung der Frau verbleibt (Punkt 1.), ihr das gesamte Wohnungsinventar ins Alleineigentum übertragen werde, soweit es nicht ohnehin schon ihr gehört (Punkt 2.), dass die Verbindlichkeiten aus den vier Bauspardarlehen sowie dem Kredit bei der *bank (‑2201) von der Frau im Innenverhältnis allein zurückzuzahlen seien (Punkt 3.), ein Lebensversicherungsvertrag (Polizzennummer 885500) mit allen Rechten und Pflichten der Frau übertragen wird (Punkt 4.), die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung in Höhe von 300.000 EUR zuzüglich 4 % Zinsen in drei gleichen Raten binnen 6, 18 bzw 30 Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens zu zahlen habe (Punkt 5.) sowie dass zur Sicherstellung des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung sowie eines allfälligen Regressanspruchs für den Fall der Inanspruchnahme des Mannes aus den unter 3. genannten Krediten zugunsten des Antragstellers ein Pfandrecht in Höhe von 300.000 EUR samt 4 % Verzugszinsen ab Fälligkeit ob den Miteigentumsanteilen der Frau begründet werde. Die darüber hinausgehenden Anträge, insbesondere auf Aufteilung der weiteren Versicherungsverträge und Kreditverbindlichkeiten wies es ab (Punkt 7. und 8.) und verpflichtete die Antragsgegnerin zu anteiligem Kostenersatz. Rechtlich vertrat es die Auffassung, das eheliche Vermögen sei im Verhältnis 1:1 aufzuteilen, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Frau aufgrund der einvernehmlich gestalteten Lebensverhältnisse keiner Beschäftigung nachgegangen sei, sondern sich um den Haushalt und die Erziehung ihrer Tochter gekümmert habe. Da sie die Wohnung im Wert von 519.000 EUR behalte, habe sie auch die konnexen Schulden aus den fünf Finanzierungskrediten von [insgesamt] 242.063,47 EUR zu tragen, womit sich ein „aufzuteilender Wohnungswert“ von 276.936,53 EUR ergebe. Von diesem stehe dem Antragsteller die Hälfte als Ausgleich zu, sohin 138.468,27 EUR. Zu seinen Gunsten seien jedoch weiters die nach der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft von ihm weiterhin alleine gezahlten Rückzahlungsraten auf die genannten Kredite im Gesamtbetrag von 88.790,36 EUR zu berücksichtigen, wodurch sich ein ihm zustehender Ausgleich von 227.258,63 EUR ergebe. Weiters sei im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen, dass er erhebliche Schulden [formell] in seinem Ordinationsbetrieb anhäufen habe müssen, weil private Ausgaben und Entnahmen die Liquidität des Betriebs gefährdet hätten. Da somit de facto unternehmerisches Vermögen für die private Lebensführung verwendet worden sei, entspreche es der Billigkeit, auch die Frau an der Rückzahlung dieser Verbindlichkeiten zu beteiligen. In Summe hätten sowohl der „Umbau‑ und Konsumkredit“ (Kontonummer ‑2202) als auch der „Steuerkredit“ (Kontonummer ‑2203), die wegen ihrer Formalzugehörigkeit zum Unternehmen nicht der Aufteilung unterlägen, der Abdeckung von Privatausgaben in Höhe von 190.000 EUR gedient. Damit sei es nur billig, der Frau den Ersatz etwa der Hälfte dieser „Kosten“ aufzuerlegen, insbesondere auch weil ein großer Teil des erstgenannten Kredits zur Finanzierung der Renovierung der Ehewohnung verwendet worden sei und dieses Vermögen durch die Aufteilung alleine der Frau zukomme. Die Ausgleichszahlung sei allerdings nicht streng rechnerisch zu ermitteln, sondern mit einem runden Betrag von 300.000 EUR festzusetzen. Allein für die privaten Verbindlichkeiten bei der Bausparkasse sei eine „Lebensversicherung“ (Polizzennummer 885500) verpfändet, die der Frau zu übertragen sei, weil sie in unmittelbarem Zusammenhang mit den Krediten stehe und sie diese allein zurückzuzahlen habe. Die übrigen „Lebensversicherungen“ seien für die Aufnahme des Ordinationsgründungskredits sowie für weitere nicht der Aufteilung unterliegende Kredite verpfändet worden und wegen der Unternehmenszugehörigkeit nicht aufzuteilen. Um der Frau eine ausreichende Frist zur Aufbringung der Geldmittel für die Ausgleichszahlung zu geben, sei die Zahlung in drei Raten zu bewilligen. Zur Sicherung des Mannes sei ein Pfandrecht an den Liegenschaftsanteilen der Frau zu begründen. Dieses solle einerseits die Forderung auf Leistung der Ausgleichszahlung sichern und andererseits auch Sicherheit bieten, dass die Frau ihre Verpflichtungen aus den ihr zur Zahlung auferlegten Kreditverbindlichkeiten erfüllt.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Antragsgegnerin den angefochtenen Beschluss teilweise dahin ab, dass es die Ausgleichszahlung auf 200.000 EUR reduzierte und die Anordnung der Begründung eines Pfandrechts zugunsten des Antragstellers zur Sicherung seines Anspruchs auf die Ausgleichszahlung und zur Sicherung eines allfälligen Regressanspruchs bei Inanspruchnahme des Antragstellers durch die Gläubiger ersatzlos entfallen ließ; es sprach weiter aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zugelassen werde. Richtig sei, dass die vorehelichen Finanzmittel der Frau nicht der Aufteilung unterlägen, weil sie allein von ihr in die Ehe eingebracht worden seien. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen sei der Betrag jedoch für die gemeinsame Lebensführung verbraucht und damit „umgewidmet“ worden, was zu einer unabgrenzbaren Vermischung des Erlöses mit den übrigen den Streitteilen zur Verfügung stehenden Mitteln geführt habe. Damit könne zwar die von der Frau begehrte Aufwertung nicht mehr vorgenommen werden. Der Betrag sei jedoch bei der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die unbestrittene Quote von 1:1 seien „daher 50.000 EUR als für den Ehegatten verbraucht zugunsten der Antragsgegnerin zu buchen“. Zu beachten sei auch, dass beide Parteien Geschenke ihrer Eltern erhalten hätten, sodass der von der Frau eingebrachte Erlös aus einem Hausverkauf bei der Ausmessung der Ausgleichszahlung im Rahmen der Billigkeit jedenfalls seinen Niederschlag finden müsse. Ebenfalls zu beachten sei, dass Sie unstrittig in der Ordination des Antragstellers mitgeholfen habe. Insgesamt seien die von der Frau eingebrachten Finanzmittel sowie ihre Mitwirkung am Erwerb durch die Betreuung der Ordination noch zu berücksichtigen, wobei das Rekursgericht unter Anwendung des § 34 AußStrG eine Ausgleichszahlung von 200.000 EUR für angemessen erachte. Unzutreffend sei hingegen ihr Einwand, die Entscheidung des Erstgerichts würde ihre wirtschaftliche Vernichtung bedeuten: Der Antragsteller habe Aufteilungsvorschläge gemacht, die eine Übertragung der Wohnung an ihn oder deren Verwertung vorgesehen hätten; die Antragsgegnerin habe diese aber durchwegs abgelehnt. Wolle sie die Ehewohnung in ihrem Alleineigentum behalten, liege es an ihr, dem Antragsteller dafür einen Ausgleich zu schaffen. Es bestünden auch keine Bedenken gegen die Berücksichtigung der von diesem nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft geleisteten Kreditrückzahlungen für die Ehewohnung, die in dieser Zeit von der Antragsgegnerin allein genutzt worden sei. Im Hinblick auf den vergleichsweise „geringen Wert des Rückkaufswerts“ der Standard‑Life‑„Versicherung“ müsse darauf nicht eingegangen werden. Die vom Erstgericht angeordnete pfandrechtliche Sicherstellung könne hingegen entfallen, da die Ausnutzung des Höchstbetragspfandrechts „in der Sphäre des Antragstellers“ liege. Da die Beurteilung des konkreten Sachverhalts im Vordergrund gestanden sei und Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG genannten Qualifikation nicht zu lösen gewesen seien, sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von beiden Parteien erhobenen Revisionsrekurse sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:

1.1. Zutreffend hat bereits das Rekursgericht darauf hingewiesen, sie ihrem früheren Ehemann einen angemessenen Ausgleich zu schaffen hat, wenn sie darauf beharrt, das Eigentum an der Ehewohnung zu behalten. Auch der Billigkeitsgrundsatz bietet keine Grundlage dafür, jenem Ehegatten, dem die Wohnung – noch dazu auf eigenen Wunsch – verbleibt, die an sich zur Herstellung gleichwertiger Verhältnisse gebotene Ausgleichszahlung zu erlassen oder auf einen symbolischen Betrag zu vermindern (vgl 1 Ob 240/17a). Wie noch näher darzustellen sein wird, beträgt die Aufteilungsmasse „netto“ etwas mehr als 100.000 EUR. Bei einer Vermögensaufteilung im Verhältnis 1:1 können daher keinem Ehegatten wesentlich mehr als 50.000 EUR verbleiben.

1.2. Soweit sie ausführt, dem Antragsteller verblieben „verschiedenste Ablebensversicherungen“ sowie die „Lebensversicherung“ Standard Life (mit einer garantierten Kapitalabfindung in der Höhe von 86.313 EUR), ist ihr entgegenzuhalten, dass jene Lebensversicherungsverträge, die allein unternehmerische Verbindlichkeiten absichern von vornherein bei der Aufteilung nicht zu berücksichtigen sind und dass Ansprüchen aus reinen Ablebensversicherungsverträgen (Risikoversicherungsverträgen) mangels Verwertbarkeit nicht als Ersparnisse qualifiziert werden können. Zum eigens erwähnten Vertrag mit Standard Life (Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht) hat schon das Rekursgericht richtig darauf hingewiesen, dass dieser wegen seines geringen während der ehelichen Gemeinschaft erworbenen Werts letztlich nicht von Bedeutung ist. Auch die Revisionsrekurswerberin verweist ausdrücklich auf die vorgelegte Vertragsurkunde (./BA), aus der hervorgeht, dass zum 31. 10. 2010 ein Rückkaufswert von etwas mehr als 12.000 EUR bestand. Diesen Wert hat sie schon in ihrem Rekurs angegeben; er wird vom Revisionsrekursgegner zugestanden.

1.3. Zu dem ihr „mit allen Rechten und Pflichten“ übertragenen Versicherungsvertrag, der auch der Besicherung von ihr zu übernehmender Kreditverbindlichkeiten dient, moniert sie, dass sie lediglich Kosten zu tragen hätte, wogegen keine Rechte vorhanden seien, da es sich um eine Ablebensversicherung handelt. Dem ist entgegenzuhalten, dass die ihr übertragene günstige Rechtsposition darin besteht, dass im Falle des Ablebens des Mannes während der Versicherungsdauer die Versicherungssumme ausgezahlt wird und zur teilweisen Abdeckung der Kreditverbindlichkeiten verwendet werden kann. Warum es bedenklich sein sollte, sie im Gegenzug – im Innenverhältnis – dazu zu verpflichten, die laufenden Prämien für diese Risikoversicherung zu zahlen, ist nicht erkennbar, zumal es sich dabei um Verbindlichkeiten handelt, die in einem inneren Zusammenhang mit (dem Erwerb) der Ehewohnung iSd § 81 Abs 1 Satz 2 EheG stehen.

1.4. Ihre Ausführung, die von ihr in die Ehe eingebrachten Mittel in Höhe von rund 100.000 EUR seien nicht in angemessener Weise berücksichtigt worden, da „der Betrag zur Gänze hätte berücksichtigt werden müssen“, bleibt inhaltlich begründungslos, weshalb darauf nicht einzugehen ist. Im Übrigen ist auf die diesbezüglichen Erwägungen zum Revisionsrekurs des Mannes zu verweisen.

1.5. Ähnliches gilt für ihre Forderung, ihre Mitwirkung in der Ordination „zumindest im Ausmaß von 100.000 EUR“ zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass sie selbst zugesteht, dass dafür keine ausreichenden Feststellungen vorliegen, hat sie dazu im Verfahren erster Instanz auch kein konkretes Tatsachenvorbringen erstattet. Auch in diesem Zusammenhang ist sie zudem auf die Behandlung des Revisionsrekurses des Mannes zu verweisen.

1.6. Mit ihrer wiederholt vorgetragenen Argumentation, ihr werde eine unangemessene und nicht ausreichend ausgeglichene Belastung aufgebürdet, weil das auf der Eigentumswohnung lastende Höchstbetragspfandrecht von 150.000 EUR zur Besicherung verschiedener – nicht der Aufteilung unterliegenden – „Kredite und Konten“ des Antragstellers diene und revolvierend ausgenützt werden könne, entfernt sie sich von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts, in denen insbesondere von einer „revolvierenden“ Ausnützbarkeit keine Rede ist. Der Umfang des Pfandrechts wird durch den Pfandvertrag bestimmt, zu dem die Revisionsrekurswerberin aber keine konkreten Behauptungen aufstellt. Dass sie als Eigentümerin des Pfandobjekts einer derart weitgehenden Sachhaftung zugestimmt hätte, behauptet sie selbst nicht. Auch im Verfahren erster Instanz hat sie dazu kein Vorbringen erstattet.

Festgestellt wurde die Besicherung von Kreditverbindlichkeiten durch das Höchstbetragspfandrecht lediglich für den ohnehin von ihr zurückzuzahlenden Kredit (‑2201) und für einen weiteren Kredit (‑2203), der bereits zur Gänze zurückgezahlt ist und sie daher nicht mehr belasten kann. Über die gerichtliche Feststellung hinaus hat der Revisionsrekursgegner aber zugestanden, dass das Pfandrecht auch der Absicherung der Kreditforderungen der Bank aus dem Kredit ‑2202 dient, der zum 31. 12. 2016 noch mit etwas mehr als 81.000 EUR aushaftete. (Nur) Insoweit besteht die von der Revisionsrekurswerberin aufgezeigte Gefahr, sie könne im Falle eines Zahlungsverzugs des Mannes auch im Wege der Sachhaftung für diese Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden, die nach der Aufteilungsentscheidung allein er zu tilgen hat. Ihr Verlangen, ihre Verpflichtung zur Leistung der festgesetzten Ausgleichszahlung nur gegen Ausfolgung einer Löschungserklärung für das Höchstbetragspfandrecht auszusprechen, geht unter den vorliegenden Umständen aber erheblich zu weit, deckt dieses doch – wie dargestellt – auch ihre eigenen Verbindlichkeiten aus dem Kredit ‑2201 (im Ausmaß von zuletzt rund 52.500 EUR) ab. Keinesfalls ist der Mann verpflichtet, diesen Kredit aus eigenen Mitteln abzudecken, was aber erforderlich wäre, um von der Bank die von der Frau gewünschte Löschungserklärung zu erlangen.

Stattdessen erscheint es ausreichend, die Frau zu ermächtigen, die erste Rate der Ausgleichszahlung nicht zur Gänze an den Mann zu leisten, sondern im notwendigen Ausmaß dafür zu verwenden, den vom Höchstbetragspfandrecht zusätzlich erfassten Kredit zu tilgen, womit ihr Risiko einer dem Innenverhältnis widersprechenden Inanspruchnahme durch die Bank beseitigt würde. Insoweit ist dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin Folge zu geben und eine entsprechende Anordnung in den Aufteilungsbeschluss aufzunehmen. Im Übrigen kommt ihm aber keine Berechtigung zu.

 

2. Zum Revisionsrekurs des Antragstellers:

2.1. Zutreffend zeigt er auf, dass für die Reduktion der von der Frau zu leistenden Ausgleichszahlung durch das Rekursgericht um 50.000 EUR wegen ihrer – nicht näher festgestellten – Mithilfe in der Ordination keine Rechtsgrundlage zu erkennen ist. Das Gesetz regelt im aufteilungsrechtlichen Zusammenhang die Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehepartners in § 83 Abs 2 EheG, wonach als Beitrag zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse auch die Leistung des Unterhalts, die Mitwirkung im Erwerb, die Führung des gemeinsamen Haushalts, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand zu werten ist. Die vom Rekursgericht vorgenommene gesonderte Bewertung der Mithilfe der Frau bei der Gewichtung der beiderseitigen Beiträge entspricht somit nicht dem Gesetz. Vielmehr ist zu fragen, in welchem Verhältnis die Beiträge der Ehegatten zur Vermögensbildung insgesamt zueinander stehen. Danach ist die sogenannte Aufteilungsquote zu bestimmen.

Weder aus den Feststellungen des Erstgerichts noch aus den Verfahrensbehauptungen der Parteien kann aber abgeleitet werden, dass die Beiträge der Frau insgesamt schwerer zu gewichten wären als jene des Mannes, der durch seine – teilweise mehrfache – Berufstätigkeit weit überwiegend die finanziellen Mittel erwirtschaftet hat. Auch nach ihrem eigenen Vorbringen war sie nur in durchaus untergeordnetem Ausmaß in der Ordination tätig, wo sie sich um Terminvereinbarungen sowie die gelegentliche Reinigung gekümmert habe. Ein gemeinsames Kind war nicht zu betreuen. Dass sie allein mit ihrer Haushaltsführung einen gleichwertigen Beitrag zur Vermögensbildung geleistet hätte, ist nicht erkennbar. Ist das Erstgericht, dessen Entscheidung der Mann wiederhergestellt haben möchte, unter den dargestellten Umständen daher insgesamt von gleichwertigen Beiträgen der Ehegatten ausgegangen, kann darin keine Benachteiligung der Revisionsrekursgegnerin erblickt werden.

Nicht nachvollziehbar ist die in diesem Zusammenhang geäußerte Ansicht der Revisionsrekursgegnerin, im Übrigen müssten auch ihre „Ansprüche gemäß § 91 EheG“ Berücksichtigung gefunden haben, da dem Antragsteller die Ordination verbleibe und er sie bei seiner Pensionierung gewinnbringend verkaufen könne. Damit bleibt insbesondere unerklärt, durch welche festgestellten Sachverhaltsdetails welche Tatbestands-voraussetzungen des § 91 Abs 1 oder Abs 2 EheG erfüllt sein sollten.

2.2. Schwer verständlich sind auch die Erwägungen des Rekursgerichts zu den von der Frau in die Ehe eingebrachten Geldmitteln, die „für die gemeinsame Lebensführung verbraucht und damit umgewidmet“ bzw insoweit umgewidmet worden seien, als es zu einer „unabgrenzbaren Vermischung“ mit den übrigen den Streitteilen zur Verfügung stehenden Mitteln gekommen sei, weshalb der eingebrachte Geldbetrag bei der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen und 50.000 EUR „als für den Ehegatten verbraucht zugunsten der Antragsgegnerin zu buchen“ seien.

Zutreffend zeigt der Revisionsrekurswerber dazu auf, dass eine Berücksichtigung eingebrachten Vermögens im Sinne einer „Vorwegzuweisung“ an den Einbringenden grundsätzlich nur insoweit in Betracht kommt, als dieses noch zumindest in der Form vorhanden ist, als es in einem der Aufteilung unterliegenden Gegenstand klar abgrenzbar fortwirkt (RIS‑Justiz RS0057478 [T1, T4, T5, T6]). Im vorliegenden Fall steht allerdings fest, dass die Geldmittel– mögen sie allenfalls auch mit während der Ehe erworbenen vermischt worden sein – überwiegend für die Lebensführung und sonstige laufende Ausgaben verbraucht wurden. Soweit damit darüber hinaus Möbel gekauft worden sind, verbleiben sie ohnehin der Frau, der ja das gesamte Inventar der Ehewohnung zukommt. Davon, dass das eingebrachte Vermögen noch – zumindest zu einem Teil – in der Aufteilungsmasse vorhanden wäre und damit im Sinn der Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0057478 [T6]) wertverfolgend zu berücksichtigen wäre, kann unter den festgestellten Umständen keine Rede sein. Die Behauptung der Revisionsrekursgegnerin, die Ehegatten hätten andernfalls ihre aus dem eingebrachten Vermögen finanzierten Ausgaben unter Zuhilfenahme eines weiteren Kredits bestritten, an dessen Rückzahlung sich beide zu beteiligen hätten, ist spekulativ und auch durch ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren nicht gedeckt. Vielmehr läge es näher, dass sich die Ehegatten entsprechend eingeschränkt und versucht hätten, mit ihrem damaligen Einkommen auszukommen, wenn die Frau ihre Mittel nicht (freiwillig) für hohe laufende Ausgaben zur Verfügung gestellt hätte.

Eine Berücksichtigung von während der Ehe verbrauchten und auch nicht mehr in anderen Vermögensgegenständen fortwirkenden vorehelichen Mitteln kommt nach den Grundsätzen des Aufteilungsrechts entgegen der Auffassung des Rekursgerichts jedenfalls nicht in dem Sinne in Betracht, dass die Hälfte des eingebrachten Betrags bei Ermittlung der Ausgleichszahlung zugunsten des einbringenden Ehegatten „zu buchen“ wäre. Da das Erstgericht – dessen Entscheidung insoweit wiederherzustellen ist – die sich rechnerisch ergebende Ausgleichszahlung ohnehin reduziert hat, wurde dem von der Frau aufgezeigten Umstand, wohl aus Erwägungen zur Billigkeit, durchaus Rechnung getragen.

2.3. Wie bereits dargelegt wurde, bestand das der Aufteilung unterliegende eheliche Aktivvermögen im Wesentlichen aus der Eigentumswohnung (samt Kfz‑Abstellplatz) im Wert von 519.000 EUR. Sollte im Sinne der Forderung der Frau der angesparte Rückkaufswert von rund 12.000 EUR aus der Lebensversicherung Standard Life hinzuzurechnen sein, ergäbe sich ein Aktivvermögen von 531.000 EUR. Dem stehen die von der Frau zur Rückzahlung zu übernehmenden Kredite gegenüber, die zum maßgeblichen (Trennungs‑)Zeitpunkt mit rund 242.000 EUR aushafteten. Weiters haben die Vorinstanzen – von den Parteien unbeanstandet – auch jene Kredite berücksichtigt, die zwar formell im Rahmen des Unternehmens aufgenommen wurden, materiell aber der Abdeckung jener Debetsalden dienten, die auf Unternehmenskonten durch Entnahmen für private Zwecke entstanden waren; insoweit bestanden Verbindlichkeiten von rund 188.400 EUR. Rechnerisch stand zur Aufteilung somit ein Aktivvermögen von (nur) rund 100.000 EUR zur Verfügung.

Dass das Erstgericht der Frau, die auf ihren ausdrücklichen Wunsch das Eigentum an der Ehewohnung behält, nicht nur im Innenverhältnis die mit dem Erwerb der Wohnung zusammenhängenden Kreditverbindlichkeiten aufgetragen, sondern unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Mann diese Verbindlichkeiten aus nachehelichen Mitteln allein um rund 88.800 EUR verringert hat, eine Ausgleichszahlung in Höhe von 300.000 EUR auferlegt hat, entspricht durchaus einer billigen Aufteilung, worauf er in seinem Revisionsrekurs zu Recht hinweist. Im Ergebnis erhält die Frau damit rund 66.000 EUR „netto“, also deutlich mehr als die Hälfte der rechnerischen Aufteilungsmasse: Sie behält die Wohnung im Wert von 519.000 EUR und trägt– einschließlich der Ausgleichszahlung – Verbindlichkeiten von rund 453.000 EUR (berechnet zum 31. 12. 2016).

2.4. Letztlich ist der Revisionsrekurswerber auch mit seinem Begehren nach der vom Erstgericht angeordneten, vom Rekursgericht aber wieder beseitigten, Sicherstellung im Recht. Nach § 94 Abs 2 EheG kann das Gericht eine Stundung der Ausgleichszahlung oder deren Entrichtung in Teilbeträgen – tunlich gegen Sicherstellung – anordnen, wenn dies für den Ausgleichspflichtigen wirtschaftlich notwendig und dem Ausgleichsberechtigten zumutbar ist. Mit seinem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen, wendet sich der Revisionsrekurswerber nicht gegen die Leistung der Ausgleichszahlung in (drei) Teilbeträgen, also insoweit auch nicht gegen eine Stundung über einen Zeitraum von insgesamt 30 Monaten nach Rechtskraft dieser Entscheidung. Angesichts der Vermögensverhältnisse der Antragsgegnerin und ihrer Belastung durch die nicht unerheblichen Kreditverbindlichkeiten besteht durchaus Anlass für die Anordnung einer Sicherstellung zugunsten des Mannes, um zu verhindern, dass womöglich das Liegenschaftseigentum veräußert und der – nach Begleichung der hypothekarischen sichergestellten Forderungen verbleibende – Erlös anderweitig verwendet wird. Die bücherliche Einverleibung eines entsprechenden Pfandrechts zur Sicherung des Ausgleichsanspruchs (sowie allfälliger Regressansprüche) erscheint dafür geeignet. Auch insoweit ist daher der erstgerichtliche Beschluss wiederherzustellen.

 

3. Das Rekursgericht hat – ersichtlich in sinngemäßer Anwendung des § 78 Abs 1 Satz 2 zweiter Halbsatz AußStrG – die Kostenentscheidung dem Erstgericht übertragen, die dieses nach rechtskräftiger Erledigung der Hauptsache zu fällen hat. Damit hat auch im Revisionsrekursverfahren eine Kostenentscheidung zu unterbleiben (vgl Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 78 Rz 28; 6 Ob197/07z, 5 Ob 42/09a, 6 Ob 3/09y).

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