OGH 3Ob52/18w

OGH3Ob52/18w25.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H*, 2. S*, beide vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S* Verein *, vertreten durch Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwalt in Wien, und den ihr beigetretenen Nebenintervenienten M*, wegen Unterlassung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. Mai 2017, GZ 34 R 54/17v‑42, womit das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 31. Jänner 2017, GZ 3 C 750/14s‑38, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121535

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der teilweisen Abweisung des Klagebegehrens unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben und die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der beklagte Verein betreibt auf einer im bücherlichen Alleineigentum seiner Obfrau stehenden, von ihm gemieteten Liegenschaft aufgrund einer ihm vom Magistrat der Stadt Wien nach dem Wiener Tagesbetreuungsgesetz erteilten Bewilligung zwei Kindergruppen mit jeweils höchstens 14 gleichzeitig betreuten Tageskindern. Die Kläger bewohnen als Wohnungsgebrauchsberechtigte ein auf einer angrenzenden Liegenschaft errichtetes Einfamilienhaus.

Der Nebenintervenient war in den Jahren 2014 und 2015 beim Beklagten beschäftigt. Gleichzeitig betrieb er ein eigenes Unternehmen, dessen Gegenstand die „Animation von Kinderfesten“ ist. Im Einvernehmen mit der Obfrau der Beklagten und deren Ehemann, dem Kassier des Vereins, gestaltete er die Website des Vereins neu und bot darauf unter anderem auch die (von ihm bzw seinem Unternehmen erbrachte) Organisation von Kindergeburtstagsfeiern an.

Im Sommer 2014 hieß es auf der Homepage des beklagten Vereins unter anderem:

„Kindergeburtstagsparty: Bei uns könnt ihr jeden Freitag, Samstag und Sonntag ein Fest feiern. Ob Kindergeburtstag, Faschingsfeier, Schulabschlussfest oder jede andere Party, buchen Sie bei uns erfahrene SpielbegleiterInnen für Ihre nächste Kinderparty! Wir haben genug Platz (sowohl innen als auch außen), Ideen und sind bestens ausgebildet im Umgang mit Kindern. Auf euch wartet ein fertig gedeckter Tisch mit Torte und Getränken. Bei jeder Party ist ein Partybetreuer anwesend und unterstützt euch, bietet euch auf Wunsch Kaffee, Kuchen und/oder Brötchen an und ist für alle Fragen und Anregungen da. Bei uns ist alles möglich, von der einfachen ruhigen Party bis zur Top-Themen-Party mit Spielen, Schatzsuche und Grillen an der Grillschale. […] Preise: […] Basic Party: Raummiete für 3 Stunden, 6 Kinder […], Motto-Party: Miete von Haus und Garten für 4 Stunden inkl. Turnsaal, 12 Kinder [...]“

Der Nebenintervenient organisierte und leitete mehrere solche Kindergeburtstagsfeiern auf der vom Beklagten gemieteten Liegenschaft, insbesondere am 15. Juni 2014 (einem Sonntag), am 21. und am 22. Juni 2014 (Samstag und Sonntag), am 28. Juni, 12. Juli, 19. Juli und 25. Oktober 2014 (jeweils Samstag); die letzte vom Nebenintervenienten geleitete Party fand Anfang Juli 2015 statt.

Die kleineren Geburtstagspartys betreute der Nebenintervenient allein, bei den größeren Partys, bei denen die Kinder auch im Garten waren, arbeiteten auch die Obfrau des Vereins, ihr Ehemann und eine Mitarbeiterin des Vereins mit. Im Garten wurden die Rutsche, die Sandkiste und die Schaukel verwendet, es wurde Sackhüpfen gespielt und Bälle wurden auf Fußballtore geschossen. Manche dieser Bälle gerieten unabsichtlich auf die Liegenschaft der Kläger.

Der Nebenintervenient kassierte für die Teilnahme der Kinder an diesen Veranstaltungen jeweils den auf der Website des Beklagten ausgewiesenen Preis und leitete den auf die mit dem Beklagten vereinbarte Raum- und Materialmiete entfallenden Teilbetrag an diesen weiter. Da der Verein diese (Unter-)Mieteinnahmen lukrierte, hatte seine Obfrau Interesse daran, dass die Kinderpartys stattfanden.

Bei den vom Nebenintervenienten veranstalteten Partys gab es häufig schrillen, unangenehmen Lärm, es wurde angefeuert, gepfiffen, geschrien und geweint. Wenn Kinder schrien oder weinten, mischten sich oft Erwachsene ein, die die Kinder überschrien, um gehört zu werden. Bei Ballspielen wurde auch ein Fußballpfeiferl verwendet. Immer wieder schritt bei solchen Partys über Veranlassung der Kläger die Polizei wegen Lärmerregung (§ 1 Abs 1 Z 2 WLSG) ein.

Die Liegenschaften der Streitteile liegen zwischen der Süd‑Autobahn (A2) und einer verkehrsstarken Bundesstraße. Auf der Liegenschaft der Kläger herrscht ein durchschnittlicher Lärmpegel (24-Stunden-Durchschnitt) von jedenfalls 65 bis 70 dB, der vom Straßenverkehr herrührt.

Das tatsächliche Auftreten gesundheitlicher Auswirkungen von Lärm kann nicht an einen bestimmten Pegelwert geknüpft werden. Die von der WHO publizierten Grenzwerte für den vorbeugenden Gesundheitsschutz geben an, bei welchen Lärmbelastungen jedenfalls keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten sind; eine Überschreitung dieser Werte muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass es zu negativen Auswirkungen kommt. Für den vorbeugenden Gesundheitsschutz während des Tages werden für Freiräume 55 dB angegeben. Ab diesem Wert kann bereits eine Beeinträchtigung der Kommunikation, der akustischen Orientierung und der Erholung auftreten. Bei einer Dauer-Lärmbelastung von 65 dB besteht das Risiko des Beginns der Schädigung des vegetativen Nervensystems und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Kinder, die Ball spielen, toben oder sonst spielen, produzieren Geräuschspitzen von bis zu 80 bis 113 dB. Im Gegensatz zu Lärm, der langsam an- und abschwillt, wie etwa Flugzeuglärm und Lärm von herannahenden Fahrzeugen, ist Kinderlärm meist ein plötzlicher Lärm, weil Kinder plötzlich und hell bzw schrill lachen oder weinen; diese plötzlichen Lärmspitzen werden als viel lauter und unangenehmer empfunden als etwa ein gleichmäßiges Motorengeräusch.

Die Kläger begehren vom Beklagten, ab sofort bestimmte (Lärm‑)Einwirkungen von der von ihm benutzten Liegenschaft auf ihre Liegenschaft zu unterlassen, und zwar dadurch, dass Kinderfeste an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen im Garten des Beklagten stattfinden und dass Spielzeuge oder ähnliche Gegenstände vom Grundstück des Beklagten auf das Grundstück der Kläger geworfen werden. Die Kinderfeste würden überwiegend in dem zum Kindergarten gehörigen Garten veranstaltet, was mit lautstarkem Schreien der Kinder einhergehe. Der bei diesen Festen durch die Kinder verursachte Lärmpegel überschreite das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß. Die ortsübliche Benützung des Grundstücks der Kläger werde durch den ungebührlichen Lärm wesentlich beeinträchtigt. Es komme auch häufig dazu, dass Kinderspielzeuge (un-)absichtlich über den Zaun in den Garten der Kläger geworfen bzw geschossen würden. Der Beklagte sei bereits mehrfach erfolglos aufgefordert worden, dieses Verhalten sofort einzustellen und auch in Zukunft zu unterlassen. Es bestehe daher Wiederholungsgefahr. Besonders kritisch sei die Angelegenheit aus Sicht des Zweitklägers, der sich auf der Liegenschaft seinen „Pensionssitz“ eingerichtet habe und der Meinung gewesen sei, in Ruhe in seinem Garten sitzen zu können, was ihm aber nunmehr verleidet werde. Er sei dadurch bereits gesundheitlich in Mitleidenschaft gezogen. Im Hinblick darauf, dass sich der Zweitkläger und die Erstklägerin, die Angst um ihn habe, eigentlich nur mehr in ihrem Haus einsperren könnten, um nicht Gefahr zu laufen, verletzt zu werden, sodass sie ihre angestammten Rechte nicht mehr ausüben könnten, sei die Liegenschaft für sie völlig entwertet.

Der Beklagte wendete ein, er sei nicht passiv legitimiert, weil er weder Eigentümer der von ihm benützten Liegenschaft sei noch die Kinderfeste selbst veranstaltet habe. Der Nebenintervenient veranstalte die Kinderfeste mittlerweile an einem anderen Ort, also nicht mehr auf der Liegenschaft des Beklagten. Der durch die Kinderfeste verursachte Lärmpegel habe auch weder das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überstiegen noch die ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt. Die Kinderfeste hätten jeweils nur etwa vier Stunden gedauert (wobei höchstens 14, meist sechs bis zehn Kinder gleichzeitig anwesend gewesen seien), nur zu einem geringen zeitlichen Anteil im Garten stattgefunden und jeweils bereits um 18 Uhr geendet. Die Nutzung des Gartens im Rahmen der Kinderpartys errege mit Sicherheit weniger Lärm als das Mähen des Rasens, das über vergleichbare Zeiträume erfolge. Ein von Kindern versehentlich über die Grundgrenze geworfener Ball stelle ebenfalls keine Störung dar, welche die ortsübliche Benutzung wesentlich beeinträchtigen würde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Beklagte sei passiv legitimiert, weil er Mieter der Liegenschaft sei und diese für die Abhaltung von Kinderpartys weitervermietet habe, also darauf Einfluss nehmen könne, ob, wann und wie oft solche Veranstaltungen abgehalten werden. Das entgeltliche Abhalten von Kindergeburtstagspartys sei eine gewerbliche Tätigkeit. Deshalb sei der bei solchen Feiern auftretende Kinderlärm anders zu beurteilen als „normaler“ Kinderlärm. In Wien sei an Samstagen ab 12 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ganztägig der Betrieb von mit Verbrennungsmotoren angetriebenen Geräten und Maschinen in Gärten verboten; in diesen Zeiträumen sei hier also ein niedrigerer Lärmpegel normiert als an Wochentagen. Gewerbliche Kinderpartys, bei denen Lärmspitzen von 80 bis 113 dB regelmäßig vorkommen könnten, überschritten in Zeiten, in denen nicht einmal Benzinrasenmäher betrieben werden dürften, das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß an Lärmentwicklung und beeinträchtigten die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich. Die Wiederholungsgefahr sei zu bejahen, weil die Kinderpartys auch nach wiederholtem Einschreiten der Polizei veranstaltet worden seien und der Beklagte zu Unrecht mangelnde Passivlegitimation einwende.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und verpflichtete ihn (nur) dazu, es zu unterlassen, dass öfter als dreimal im Quartal an Samstagen, Sonn- und Feiertagen Lärmeinwirkungen durch Kinderfeste von der von ihm genutzten Liegenschaft auf die von den Klägern genutzten Grundstücke ausgehen, sowie zur Unterlassung des Eindringens von Spielzeug und ähnlichen Gegenständen von der genannten Liegenschaft auf jene der Kläger. Das Untersagungsrecht nach § 364 Abs 2 ABGB richte sich nicht nur gegen den Grundeigentümer, sondern gegen jeden, der durch Vorkehrungen auf dem Nachbargrundstück unzulässige Störungen hervorrufe. Auch wenn die Liegenschaft der Kläger aufgrund der Nähe zur Autobahn täglich durch starken Verkehrslärm beeinträchtigt und dieser somit ortsüblich sei, komme es im vorliegenden Fall nicht auf die objektiv messbare Lautstärke an, sondern auf die subjektive „Lästigkeit“ des Lärms und auf dessen Häufigkeit. Aus diesem Grund seien die vom Beklagten vermissten Feststellungen zur „ortsüblichen Lärmbelastung“ der betroffenen Liegenschaft nicht erforderlich. Auch die in der Berufung bekämpften Feststellungen des Erstgerichts (insbesondere) zum Geräuschpegel anlässlich der Geburtstagsfeier vom 25. Oktober 2014 (stets über 60 dB, in der Zeit von 15:37 Uhr bis 15:41 Uhr meist zwischen 80 und 90 dB, manchmal auch über 90 dB) seien nicht entscheidungswesentlich, sodass auf die Beweisrüge nicht einzugehen sei. Typischer von Kindern verursachter Lärm sei grundsätzlich hinzunehmen; das gelte jedenfalls für üblichen Lärm von Kindern zu üblichen Tageszeiten. Aber auch nicht alltäglicher Kinderlärm, wie jener, der von Kinderfesten ausgehe, sei, selbst wenn er als unangenehm empfunden werde, nicht unüblich, weil in vielen Familien gerade an Samstagen, aber auch an Sonn- und Feiertagen Kindergeburtstagsfeiern stattfänden. Allerdings sei es in Wohngebieten unüblich, jedes Wochenende Lärm durch Kinderfeste zu erzeugen. Dem Beklagten sei deshalb (nur) die Abhaltung von Kinderfesten in einer über das ortsübliche Maß hinausgehenden Anzahl zu untersagen.

Das Berufungsgericht ließ die Revision auf Antrag des Beklagten nachträglich zu, weil die Rechtsprechung zur Passivlegitimation eines mittelbaren Störers nicht eindeutig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Gemäß § 364 Abs 2 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen (ua) durch Geräusch insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitungen sind ohne besonderen Rechtsgrund unter allen Umständen unzulässig; in diesem Fall kann sich der Störer also nicht auf die Ortsüblichkeit berufen (RIS-Justiz RS0115462). Die Aktivlegitimation der Kläger als Wohnungsberechtigte ist nicht strittig.

2.1. Als Anspruchsgegner (Störer) ist nicht nur der Grundnachbar anzusehen, sondern jeder, der das Grundstück für eigene Zwecke benützt und dabei unzulässige Störungen hervorruft, wobei eine Beziehung zum emittierenden Grundstück bzw ein „gewisser Zusammenhang zwischen Sachherrschaft und Immission“ gefordert wird (RIS‑Justiz RS0010519 [T2]; 8 Ob 132/14s mwN).

2.2. Der Beklagte hat die Kinderfeste zwar nicht selbst veranstaltet, sondern dem Nebenintervenienten erlaubt, die Veranstaltungen abzuhalten. Passiv klagslegitimiert ist bei der Eigentumfreiheitsklage aber nicht nur der unmittelbare Störer, sondern jeder, der die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hat, die Störung zu verhindern. Geklagt werden kann auch derjenige, der durch Einräumung von Rechten an Dritte deren rechtsverletzendes Verhalten herbeiführt oder fördert, damit er seiner Pflicht, dieses zu verhindern, entsprechend nachkommt, sofern er die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, die störenden Handlungen Dritter zu steuern und gegebenenfalls zu verhindern (RIS‑Justiz RS0011737 [T18, T20]).

2.3. Der Revisionswerber zeigt grundsätzlich zutreffend auf, dass die in den Entscheidungen 5 Ob 86/03p (RIS‑Justiz RS0011737 [T14]) und 5 Ob 240/03k (mwN) vertretene Auffassung, wegen eines Verhaltens Dritter könne bei fehlender Beteiligung des mittelbaren Störers von diesem nur Einwirkung auf den Dritten (und nicht Unterlassung) begehrt werden, in der Entscheidung 4 Ob 250/06b ausdrücklich abgelehnt wurde (in diesem Sinn auch 6 Ob 203/16w mwN). Ein näheres Eingehen auf diese Judikaturdivergenz ist hier allerdings entbehrlich, weil die Obfrau und der Kassier des Vereins nicht bloß Kenntnis von Art und Umfang der Feste hatten, sondern an jenen Veranstaltungen, die (auch) im Garten stattfanden, selbst mitwirkten, also ohnehin an den (behaupteten) Immissionen beteiligt waren. Die Vorinstanzen haben die Passivlegitimation des Beklagten schon deshalb zutreffend bejaht.

3.1. Die Grenze zulässiger Einwirkung ist durch die Ortsüblichkeit der Störung einerseits und die ortsübliche Benützung des Grundstücks, die durch den Eingriff nicht wesentlich beeinträchtigt werden darf, andererseits gegeben. Da diese beiden Kriterien kumulativ vorliegen müssen, sind selbst übermäßige Immissionen zu dulden, wenn sie die ortsübliche Nutzung des Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigen, aber auch dann, wenn sie das ortsübliche Maß nicht übersteigen, obwohl die ortsübliche Nutzung des Grundstücks durch sie wesentlich beeinträchtigt wird (RIS‑Justiz RS0010587 [T1, T4, T8]).

3.2. Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benutzung der Liegenschaft der Kläger vorliegt, ist nicht auf die besondere Empfindlichkeit der betroffenen Person, sondern auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen in der Lage des Beeinträchtigten abzustellen (RIS-Justiz RS0010557 [T4]; RS0010607). Der nach dem Nachbarrecht gebotene sozialrelevante Interessenausgleich fordert, die Frage nach der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung vom Standpunkt eines verständigen Durchschnittsmenschen aus zu beantworten, der auf die allgemeinen Interessen und die gesellschaftlich bedeutsamen Gesichtspunkte wenigstens auch Bedacht nimmt. Es kommt also nicht auf die individuelle Person des mehr oder minder sensiblen Nachbarn, sondern auf das Empfinden des Durchschnittsmenschen an, der sich in der Lage des Gestörten befindet (9 Ob 53/16h).

3.3. Gefährdet die Einwirkung die Gesundheit davon betroffener Menschen ganz allgemein, kann sie nicht als ortsüblich beurteilt werden (7 Ob 286/03i mwN). Ist allerdings die Gesundheitsgefährdung bzw gesundheitliche Beeinträchtigung nur auf eine besondere Sensibilität des Nachbarn zurückzuführen, kann dies für sich allein noch nicht zum Anlass genommen werden, die Einwirkung gänzlich zu untersagen. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Immission überhaupt – und nicht nur für übersensible Menschen – gesundheitsgefährdend bzw -beeinträchtigend ist. Dafür trifft aber den betroffenen Nachbar die Beweislast (6 Ob 166/13z mwN = RIS-Justiz RS0010607 [T9]). Ein solches Vorbringen haben die Kläger gar nicht erstattet.

4.1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass „normaler“ Kinderlärm – zumal in einem Wohngebiet – jedenfalls zu „üblichen“ Tageszeiten zu dulden ist, mag er auch von den Klägern (insbesondere dem Zweitkläger) subjektiv als sehr störend empfunden werden. Den Vorinstanzen ist grundsätzlich auch dahin zuzustimmen, dass durch die regelmäßige kommerzielle Veranstaltung von Kinderfesten (also insbesondere die regelmäßige, in ihrer Häufigkeit über das Ausmaß in einer durchschnittlichen Familie hinausgehende gleichzeitige Anwesenheit einer größeren Anzahl von ausgelassen spielenden Kindern) eine deutlich größere, nicht mehr hinzunehmende Lärmbelastung für die Anrainer entstehen kann als durch das „normale“ Spielen von Kindern.

4.2. Bisher fehlen aber ausreichende Feststellungen, auf deren Grundlage beurteilt werden könnte, ob im Rahmen der auf der Liegenschaft des Beklagten veranstalteten Kinderfeste das ortsübliche Maß an Lärm überschritten und/oder dadurch die ortsübliche Nutzung der Liegenschaft der Kläger wesentlich beeinträchtigt wird bzw wurde:

4.2.1. Vorauszuschicken ist, dass sich die Kläger ersichtlich nicht gegen die Abhaltung von Feiern im Gebäude des Beklagten wenden, sondern nur gegen jene, die (auch) im Garten stattfinden (und deshalb von ihnen als störend empfunden werden).

4.2.2. Den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts lässt sich insoweit nur entnehmen, dass spielende und tobende Kinder Geräuschspitzen von bis zu 80 bis 113 dB produzieren. Entscheidend ist aber nicht, welcher Lärm von spielenden Kindern „durchschnittlich“ ausgeht, sondern welche Geräuschentwicklung konkret durch die Kinderfeste auf der Liegenschaft des Beklagten mit welcher Häufigkeit pro Woche/Monat/Quartal und in welchem zeitlichen Ausmaß pro Tag (Fest) auf die Liegenschaft der Kläger einwirkt(e). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Vorbringen des Beklagten, wonach nur ein geringer zeitlicher Anteil der einzelnen Feste im Freien stattfinde.

4.2.3. Demgemäß wird die Beurteilung, ob die ortsübliche Nutzung der Liegenschaft der Kläger durch die Kinderfeste beeinträchtigt wird (wurde), insbesondere davon abhängen, wie oft und jeweils in welcher Dauer übermäßiger Lärm von der Liegenschaft des Beklagten ausgeht (ausging): Bedarf es doch keiner näheren Erläuterung, dass die Nutzung eines Gartens zu Erholungszwecken stark beeinträchtigt sein kann, wenn auf einer Nachbarliegenschaft in der warmen Jahreszeit beispielsweise wöchentlich (am Wochenende) Kinderfeste mit zahlreichen Teilnehmern (in erster Linie im Freien) stattfinden; umgekehrt ist eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung jedoch kaum denkbar, wenn Lärm von Kinderfesten entweder nur relativ selten (wenn auch dann allenfalls über mehrere Stunden) oder aber zwar häufiger, aber jeweils nur für kurze Zeit, entsteht.

4.2.4. Wie häufig (bisher) auf der Liegenschaft (im Garten) des Beklagten Kinderfeste veranstaltet wurden, ist den Feststellungen nicht genau zu entnehmen; das Erstgericht spricht von „mehreren“ Kindergeburtstagsfeiern und nennt (beispielhaft) konkret sieben Tage im Zeitraum 15. Juni bis 25. Oktober 2014; darüber hinaus steht nur fest, dass die (bisher) letzte Party Anfang Juli 2015 stattfand.

4.2.5. Zum Lärm während der vom Nebenintervenienten veranstalteten Kinderfeste hat das Erstgericht zum einen festgestellt, dass bei der Kinderparty mehrfach, unter anderem am 12. Juli 2014 die Polizei wegen Lärmerregung einschritt, ohne dass daraus mit Sicherheit abzuleiten wäre, dass diese von den Klägern veranlassten Polizeieinsätze auch berechtigt waren, also tatsächlich ungebührlicherweise störender Lärm iSd § 1 Abs 1 Z 2 WLSG erregt wurde. Zum anderen hat das Erstgericht (nur) zur Feier vom 25. Oktober 2014 festgestellt, dass sich der Geräuschpegel nach der Messung des Zweitklägers „stets über 60 dB, in der Zeit von 15.37 Uhr bis 15.41 Uhr [also in einem Zeitraum von bloß vier Minuten!] meist zwischen 80 und 90, manchmal auch über 90 dB“ bewegte. Auch dieser (vom Berufungsgericht als vermeintlich irrelevant nicht überprüften) Feststellung ist jedoch nicht zu entnehmen, für welche Zeitspanne der Geräuschpegel „stets über 60 dB“ lag.

4.2.6. Ob sich bei den übrigen Kinderfesten die teilnehmenden Kinder überhaupt im Garten aufhielten, wenn ja, für wie lange, wurde ebenfalls nicht festgestellt.

5. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht deshalb auf geeignete Weise zu klären haben, wie instensiv die Geräuschentwicklung (möglichst in dB) und die Einwirkungen durch das Eindringen von Spielzeug oder ähnlichen Gegenständen auf die Nachbarliegenschaft bei den auf der Liegenschaft (im Garten) des Beklagten abgehaltenen Kinderfesten jeweils sind (waren), wie häufig solche Kinderfeste stattfinden (stattfanden) und wie viel Zeit die teilnehmenden Kinder jeweils im Garten verbringen (verbrachten).

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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