OGH 2Ob194/17v

OGH2Ob194/17v22.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A* E*, vertreten durch Posch, Schausberger & Lutz Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die beklagte Partei DI C* M*, vertreten durch Dr. Günther Geusau, Rechtsanwalt in Wels, wegen Leistung (Streitwert 32.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. August 2017, GZ 6 R 83/17v‑73, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121382

 

Spruch:

1. Die Ergänzung der außerordentlichen Revision, ON 75, wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

1. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu, weitere Ergänzungen – wie hier die nachträglich eingebrachte (ON 75) – sind zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0041666).

2. In der Sache strebt die Klägerin die Überlassung und Verbücherung eines ihr letztwillig von ihrem Vater hinterlassenen Gebrauchsrechts an konkret bezeichneten Räumlichkeiten und eines bestimmten Teils des Parks im Stammsitz der Familie samt Nebenräumen und Garage, die Verpflichtung des Beklagten zur Erhaltung der zu überlassenden Flächen in gutem Zustand sowie die Einräumung und Verbücherung einer Reallast hinsichtlich der Erhaltung, Beheizung, Wasserversorgung und Bezahlung der öffentlichen Abgaben an.

2.1. Das Erstgericht hat dem Klagebegehren in Bezug auf die Wohnräume samt Nebenräumen, die Garage und den Parkteil stattgegeben, das Berufungsgericht hat das Klagebegehren – im Umfang der Bekämpfung durch den Beklagten – abgewiesen, was im Ergebnis dazu führte, dass der Zuspruch einzelner Räume und des Gartens in Rechtskraft erwuchs.

2.2. Soweit die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision diesem Umstand bekämpft, liegt darin schon begrifflich keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts.

2.3. Die Rechtskraft des von der Revisionswerberin zitierten Beschlusses des Verlassenschaftsgerichts steht außer Zweifel. In dem genannten Beschluss wurde aber über den Umfang eines Erbhofs abgesprochen, was hier nicht entscheidungsrelevant ist. Ein Konflikt mit der materiellen Rechtskraft des Beschlusses liegt daher nicht vor.

2.4. Im Übrigen betreffen die umfangreichen Ausführungen der Klägerin letztlich im Wesentlichen die Auslegung der letztwilligen Verfügung.

Wie eine letztwillige Verfügung auszulegen ist, ist jedoch regelmäßig eine Frage des Einzelfalls. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher nicht schon dann vor, wenn eine andere Auslegung möglich gewesen wäre, sondern nur dann, wenn das von der zweiten Instanz gefundene Auslegungsergebnis allenfalls bestehenden Auslegungsregeln widerspricht, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar ist (vgl RIS‑Justiz RS0012244 [insb T3]; RS0043463 [T2, T12]; RS0042555 [T12]). Das ist hier nicht der Fall: Das Berufungsgericht hat eingehend begründet, warum unter dem der Klägerin vermachten Recht „auf eine Wohnung … einschließlich Küche und Badezimmer … mit der Auflage ..., diese Wohnung mit Wasser und Heizung zu versorgen“ gerade nicht die bis zum Tod des Erblassers von diesem, seiner Ehefrau und der Klägerin benützte Wohnung zu verstehen ist: In diesem Fall hätte der Erblasser nur auf die bereits vorhandene, bisher benutzte Wohnung verweisen müssen; auch ein Hinweis auf Küche und Badezimmer und auf die Versorgung der Wohnung mit Wasser und Heizung wäre entbehrlich gewesen. Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts ist daher jedenfalls vertretbar. Ist aber nach diesem Auslegungsergebnis unter dem Versorgen der Wohnung mit Wasser und Heizung die Verpflichtung des beklagten Erben zu verstehen, die zur Verfügung gestellten Wohnräume mit Wasserversorgung und Heizung auszustatten, ist die Abweisung des Begehrens der Klägerin, den Beklagten zur Tragung der laufenden Betriebskosten für Wasser und Heizung, der darauf entfallenden öffentlichen Abgaben und (weiterer) Betriebskosten zu verpflichten ebenso wie die Abweisung des damit in Zusammenhang stehenden Begehrens auf Einverleibung einer entsprechenden Reallast nicht zu beanstanden.

3. Welche Anforderungen an die Konkretisierung eines Klagebegehrens zu stellen sind, ist ebenfalls einzelfallbezogen zu beantworten (RIS‑Justiz RS0037874 [T39]). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Begehren auf „Erhaltung in gutem Zustand“ sei nicht ausreichend bestimmt, ist mangels jeglicher Konkretisierung, was unter „gutem Zustand“ zu verstehen ist, nicht korrekturbedürftig. Ob das Berufungsgericht die Unbestimmtheit dieses Teils des Klagebegehrens zum Anlass für eine Erörterung hätte nehmen müssen, kann dahinstehen: Die Klägerin rügt zwar in der Revision das Vorliegen einer „Überraschungsentscheidung“, zeigt aber nicht auf, welches Vorbringen sie erstattet bzw wie sie das Begehren präzisiert hätte, wäre die Unbestimmtheit mit ihr erörtert worden.

4. Soweit die Revisionswerberin letztlich darauf verweist, dass sie das Wohnrecht unmittelbar nach dem Tod ihres Vater 2001 „übernommen“ und bis 2015 ausgeübt habe, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

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