European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E121218
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 626,53 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Den Wohnungseigentumsobjekten der Antragstellerin ist nach dem Wohnungseigentumsvertrag ein begehbares Flachdach zugeordnet, auf dem sie einen Belag angebracht hatte. Aufgrund eines Wassereintritts veranlasste die Antragsgegnerin eine Sanierung des Flachdaches. Zu diesem Zweck musste der von der Antragstellerin errichtete Terrassenbelag beseitigt werden, eine Wiederherstellung durch die Antragsgegnerin unterblieb.
Das Rekursgericht änderte den das Begehren der Antragstellerin abweisenden Sachbeschluss des Erstgerichts ab und verpflichtete die Antragsgegnerin zum Ersatz der der Höhe nach unstrittigen Kosten für die Wiederherstellung des Terrassenbelags. Den Revisionsrekurs ließ es über Zulassungsvorstellung der Antragsgegnerin zu, weil die Frage, ob die Eigentümergemeinschaft oder nur der Wohnungseigentümer die durch die Änderung (gemeint von allgemeinen Teilen des Hauses) verursachten Folge‑(mehr‑)kosten tragen müsse, einer Klärung durch den Obersten Gerichtshof bedürfe.
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für den geltend gemachten Anspruch liegt ein rechtskräftiger Beschluss des Rekursgerichts vor.
2. Das Rekursgericht bezieht sich in der Begründung seines Zulassungsausspruchs auf die Entscheidung 5 Ob 188/15f, die die in Rechtsprechung und Lehre nicht einhellig beantwortete Frage, ob die Eigentümergemeinschaft zufolge § 28 Abs 1 Z 1 erster Fall WEG oder nur der Wohnungseigentümer die Folge‑(mehr‑)kosten der Änderung an allgemeinen Teilen tragen müsse, thematisierte. Diese Ausführungen bezogen sich auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass die Eigentümergemeinschaft, nimmt der Wohnungseigentümer allgemeine Teile der Liegenschaft ausschließlich in Anspruch und kommt die Änderung nur ihm zugute, das geänderte Objekt erhalten muss, wenn ernste Schäden zu beheben sind (RIS-Justiz RS0116332 [T2; T3]; 5 Ob 63/09i; 5 Ob 21/12t). Demgegenüber geht die Lehre zum Teil davon aus, dass Folge‑(mehr‑)kosten ausschließlich vom Wohnungseigentümer zu tragen sind, der von der Änderung profitiert (siehe zum Meinungsstand in der Lehre: Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4, § 16 WEG Rz 41a). Fragen in diesem Zusammenhang sind im vorliegenden Fall aber nicht zu beantworten, weil keine Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG erfolgte, sodass sich auch die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage nicht stellt.
3.1 Das Flachdach ist in die Ermittlung der Nutzwerte eingeflossen und nach dem Wohnungseigentumsvertrag den Wohnungseigentumsobjekten der Antragstellerin zugeordnet. Je nachdem, ob es baulich mit diesen verbunden ist oder nicht, ist es entweder Teil des Wohnungseigentumsobjekts oder Zubehör-Wohnungseigentum (dazu Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 2 WEG Rz 19; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch,Österreichisches Wohnrecht4, § 2 WEG Rz 29). Für beide Fälle gilt, dass die von der Antragstellerin vorgenommene Änderung einen Bereich betrifft, für den ihr das ausschließliche Nutzungsrecht zukommt. Werden zur Liegenschaft gehörige Gartenflächen Wohnungseigentümern zur alleinigen Nutzung überlassen, gilt, dass diesen damit– vergleichbar dem Recht zur Ausgestaltung des Inneren eines Wohnungseigentumsobjekts – auch das Recht zur Gestaltung zukommt (5 Ob 25/13g). Für die Nutzung des einem Wohnungseigentumsobjekt zugeordneten Flachdaches kann nichts anderes gelten. Das Aufbringen eines Bodenbelags begründet daher keine unter dem Gesichtspunkt des § 16 Abs 2 Z 2 WEG relevante Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen der Liegenschaft, sondern entspricht der Nutzung der einer Zwischendecke eigenen Tragefunktion und ist damit der Ausgestaltung innerhalb des eigenen (Zubehör-)Wohnungseigentumsobjekts vergleichbar.
3.2 Als rein oberflächliche Gestaltung bewegte sich das (ursprüngliche) Aufbringen eines Terrassenbelags im Rahmen des Zuweisungszwecks, sodass allein mit den für die Wiederherstellung des Belags erforderlichen Kosten eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer und damit die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG nicht begründet werden kann. Dass durch den Belag am Flachdach die äußere Erscheinung des Hauses beeinträchtigt wäre, hat die Antragsgegnerin erst gar nicht behauptet, sodass die Beurteilung des Rekursgerichts, dass diese Maßnahme nicht genehmigungsbedürftig im Sinn des § 16 Abs 2 WEG war, entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin im Einklang mit der Rechtsprechung steht (vgl auch die Nachweise bei Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 16 WEG Rz 13). Die zur Darlegung ihres Standpunkts zitierten Entscheidungen sind auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar, weil sie nicht die Nutzung des eigenen (Zubehör-)Wohnungseigentumsobjekts betrafen. Mangels verpönter Eigenmacht der Antragstellerin kann sich die Antragsgegnerin auch nicht auf die Entscheidung 5 Ob 190/06m berufen.
3.3 Die Arbeiten am begehbaren Flachdach waren nach den übereinstimmenden Standpunkten der Parteien wegen Wassereintritte in die darunter liegenden Wohnungseigentumsobjekte der Antragstellerin notwendig. Damit steht außer Frage, dass sie auch der Behebung eines ernsten Schadens im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG) dienten (vgl die Judikaturnachweise bei H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4, § 28 WEG Rz 55) und damit in die Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft fielen, die dafür auch zahlungspflichtig ist (RIS-Justiz RS0112445; 5 Ob 16/05x: Sanierungsarbeiten auf der Terrasse; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 28 WEG Rz 5; H. Löcker aaO). In einem solchen Fall fällt nicht nur die bloße Schadensbehebung, sondern die gesamte Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustands in die Zuständigkeit der Gemeinschaft (5 Ob 170/11b; H. Löcker aaO Rz 56). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen, dass die Wiederherstellung der Verfliesung eines Terrassenbodens, die zum Zweck der Sanierung abgetragen werden musste, zu jenen Aufwendungen gehört, die von allen Miteigentümern getragen werden müssen (5 Ob 92/85). Die Erneuerung des Belags am Flachdach der Antragstellerin ist nicht anders zu beurteilen, weil auch dessen Entfernung zur Behebung eines ernsten Schadens erforderlich war, sodass das Ergebnis des Rekursgerichts auf bereits vorhandener Judikatur des Obersten Gerichtshofs beruht.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Die Antragstellerin hat darauf hingewiesen, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist, sodass ihr die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung zu ersetzen sind. Die Bemessungsgrundlage richtet sich jedoch nach § 10 Z 3 a) aa) RATG.
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